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Sudan vor den Wahlen: Deutsche bilden Elite-Polizisten aus

Meldung vom 07.04.2010

Im Sudan läuft der Countdown zu den ersten Wahlen seit einem Vierteljahrhundert. Doch die Spannungen wachsen von Tag zu Tag. Die größte Oppositionspartei will die Wahlen boykottieren, da sie schwerwiegende Manipulationen der Regierungspartei in Khartum beobachtet. Experten warnen vor einem neuen Krieg, der aus den Wahlen hervorgehen könnte. Eine junge Polizeieinheit soll dagegen angehen – mit deutscher Hilfe.

Eine überreife Mango fällt auf den staubtrockenen Boden und zerplatzt. Die Krokodile am Nilufer regen sich nicht. Lediglich Hauptmann Albert steht verärgert auf, der Mangosaft hat seine blaue Uniform beschmutzt. Übel gelaunt entfernt sich Albert aus seiner Leitzentrale im Polizeiausbildungslager Radschaf. Diese ist ausgerüstet mit einigen weißen Plastikstühlen und einem Klapptisch, die unter dem Mangobaum stehen.

Albert muss eine Ausbildungseinheit aufsuchen, die hier rund eine Dreiviertelstunde von der südsudanesischen Hauptstadt Dschuba entfernt in sengender Hitze trainiert wird. Mithilfe der UN sollen hier in kürzester Zeit 30.000 Polizisten geschult und gedrillt werden. Bereits vom 11. bis zum 13. April müssen sie einsatzfähig sein, um die ersten Wahlen des Sudan seit 24 Jahren zu sichern. Einige Monate später soll das Unabhängigkeitsreferendum im größten Flächenstaat des Kontinents durchgeführt werden. Schon jetzt weisen Nichtregierungsorganisationen und die Opposition auf Wahlmanipulation durch die Anhänger von Präsident Omar al-Baschir hin.

Klaus-Dieter Tietz stellt sich einer gewaltigen Herausforderung. Der Deutsche arbeitet als stellvertretender oberster Polizeikommissar der Unpol-Mission der Vereinten Nationen. 6.000 junge Männer und Frauen wurden allein seit Januar berufen, um unter seiner Ausbildung zu Elitepolizisten des Landes zu werden. „Auf den Polizeistationen gibt es kein Telefon, kein Papier, keinen Funk“, erklärt Tietz. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) errichtet im Vorfeld der Wahlen landesweit 51 Funktürme und weist Polizeifunker ein, damit im Falle von Unruhen zumindest die Kommunikation gewährleistet ist.

Die dürfte unverzichtbar werden. „Wir gehen davon aus, dass es nach den Wahlen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen wird“, meint Generalmajor Jackson Elia, Direktor der Ausbildungsabteilung der Polizei im Südsudan. Nach 22 Jahren Krieg und nur fünf Jahren Frieden seit dem Abkommen zwischen al-Baschirs Nationalkongress-Partei (NCP) und der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM) ist das Risiko von Gewaltausbrüchen extrem hoch.

Schätzungen zufolge gibt es in jedem Haushalt etwa zwei bis drei Schnellfeuergewehre. Die politischen und ethnischen Spannungen sind extrem geschürt. Für die Darfurkrise im Westen des Landes ist kein Ausweg aus der Krise greifbar. Der Südsudan verfügt über keine Infrastruktur, ganze Landstriche sind mit Minen verseucht. Die Streitigkeiten zwischen Nord- und Südsudan um die Ölreserven, die im nicht klar definierten Grenzgebiet schlummern, könnten ausbrechen und einen neuen Krieg hervorrufen.

Umso dringlicher sei die Präsenz gut ausgebildeter Sicherheitskräfte, betont Tietz: „Nur mit Frieden wird sich das Land verändern. Wesentlich ist, Vertrauen in den Staat, die Regierung und auch die Polizei zu haben. Das bedarf unseres jahrelangen Engagements.“ Schon kleinere Kämpfe um Ländereien und Vieh zwischen verschiedenen Stämmen münden nicht selten in ein Blutbad mit Hunderten Toten. „Selbst in den Bataillonen erleben wir diese ethnischen Spannungen“, warnt Elia. Um diesen Konflikt zu entschärfen, mischt er die Truppe so, dass alle Ethnien vertreten sind.

Hauptmann Albert zeigt sich heute von seiner härtesten Seite. Auf dem Übungsplatz ist die Temperatur inzwischen auf weit über 40 Grad gestiegen. Er hat seinen Rekruten befohlen, zu marschieren. In wenigen Minuten ist die 100-köpfige Einheit verschwunden. Der Staub hat alles verschluckt. „Der Busch war schlimmer“, weiß Josephine Najore. Die 22-jährige Auszubildende ist eine der rund 250 Frauen, die sich in die neue Polizeigeneration eingliedern werden.

Najore ist im Bürgerkrieg groß geworden. Ihre Eltern sind gestorben. Sie berichtet, wie al-Baschirs Truppen Bomben auf ihr Dorf warfen. „Wir mussten uns ständig im Busch verstecken.“ Ihr gelang die Flucht. Dass sie wählen geht, steht für sie fest: „Ich will meine Leute schützen und dazu beitragen, dass dieses Land wieder sicher wird“, meint Najore – und stürzt sich wieder in den Staub.

Salva Kiir Mayardit ist Vizepräsident des Sudan und Präsident des Südsudan, der 2011 durch ein Referendum unabhängig werden könnte. Seiner Ansicht nach ist die Nationale Kongress-Partei (NCP) unter Präsident Omar al-Baschir seit der Volkszählung im vergangenen Jahr kontinuierlich bestrebt, die Wahl zu manipulieren.

Auf die Frage hin, ob der Südsudan nach einer möglichen Abspaltung überhaupt selbständig existieren könne, meint Kiir Mayardit: „Im Südsudan gibt es keine Infrastruktur, wir müssen bei null anfangen. Die internationale Gemeinschaft hat uns zwar Unterstützung zugesagt, aber das Geld ist nicht geflossen. Laut Friedensabkommen sollen wir fünfzig Prozent der Erdöleinnahmen erhalten, das ist aber nicht der Fall. Internationale Beobachter haben bestätigt, dass wir in Wahrheit nur 12 bis 25 Prozent bekommen sollen.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Financial Times“, ftd.de

Schlagwörter: Sudan, Polizei, Elite-Polizei, Wahl, Opposition, Wahlbetrug, Manipulation, Omar al-Baschir, Polizeiausbildung, Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Südsudan, Referendum, Boykott, Infrastruktur, Erdöl, Friedensabkommen