Afghanistan: Trauer im Bundeswehr-Camp

Meldung vom 08.04.2010

Karfreitag war ein schwarzer Tag für die Bundeswehr in Afghanistan. Drei Kameraden verloren in einem Taliban-Hinterhalt ihr Leben. Der Trauerappell bei der Bundeswehr ertönt. Für einen Moment regen sich die Soldaten nicht, dann werden die Särge der drei Gefallenen ins Flugzeug geladen.

Den Wunsch „frohe Ostern“ hört man kein einziges Mal an diesem Ostersonntag im Camp Kundus der Bundeswehr. Nur der Militärgeistliche bringt den Feiertag in Erinnerung, er reicht den Soldaten die Hand, versucht ein verlegenes Lächeln und bringt dann „gesegnete Ostern“ heraus. Die Soldaten nicken, manche erwidern nur „tja“ oder gar nichts. Was könnten sie auch antworten? Seit zwei, drei Wochen sind sie erst in Afghanistan stationiert, mit dem 22. ISAF-Kontingent. Und schon wurden sie mit dem Härtefall konfrontiert: Krieg kann den Tod mit sich bringen. Die eigenen Reihen bleiben nicht ausgespart.

Um kurz nach 9 Uhr landet Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Zunächst hatte er noch bekannt gegeben, er werde nicht nach Kundus fliegen, die Soldaten hätten nach dem schweren Gefecht anderes im Sinn, als sich um einen Minister zu kümmern. Niebel ändert seine Meinung und erscheint dennoch.

Kurz nach 9 Uhr beziehen die Soldaten zum Trauerappell auf einem staubigen Platz am Rande des Camps Position. Die Kompanie, zu der die Gefallenen gehörten, erscheint als letzte. Ihre Soldaten sind die einzigen, die ein schwarzes Band um den Arm gebunden haben. Der Tod kam unerwartet, trotz Vorbereitung auf den Einsatz: Niemand hatte den Trauerflor bereit, so dass sich ein paar Männer am Samstag in die Innenstadt von Kundus aufmachten, um schwarzen Stoff zu besorgen.

Um 9.30 Uhr fängt die Feier an, zunächst sieht man nur drei Kränze in der Mitte des Platzes. Niebel ist inzwischen angekommen, mit ihm außerdem der oberste deutsche ISAF-Soldat, General Frank Leidenberger, Chef des Regionalkommandos Nord mit Sitz in Afghanistan. Oberst Reinhardt Zudrop, Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams (PRT) in Kundus begrüßt die Soldaten. Er gibt zu, diese Tage seien „die schwersten, die ich je bisher als Soldat erlebt habe“.

Dann beschreibt er den Zuhörern in wenigen Sätzen, was sich am Karfreitagmittag bis in die Abendstunden ereignet habe: Die Soldaten seien in ein Gefecht verwickelt worden, bei dem drei Soldaten so schwer verletzt wurden, dass sie trotz Rettungsmaßnahmen nicht am Leben blieben. Außerdem haben insgesamt acht Soldaten Verletzungen erlitten.

Zum genauen Hergang schwieg er. Er erwähnte nicht, dass ein Soldat von einer Kugel am Kopf getroffen worden war, ein weiterer durch drei Schüsse am Bein verwundet wurde. Der dritte Soldat starb bei der Detonation einer Straßenmine. Zudrop redet auch von den aus Versehen von der Bundeswehr am Karfreitag getöteten fünf afghanischen Soldaten. „Ich entschuldige mich, dass diese Kameraden durch unsere Hand gefallen sind“, erklärt er.

General Leidenberger drückt seine Bestürzung aus: „Wir sind fassungslos. Wir haben gehofft, dass dieser Fall nie eintritt. Die Soldaten waren erst wenige Tage in Afghanistan, als sie aus dem Leben und aus unserer Mitte gerissen wurden.“ Posthum verleiht der deutsche ISAF-Chef den Gefallenen jeweils eine NATO-Medaille.

Niebel beschränkt seinen Auftritt auf ein Minimum, man spürt ihm an, dass die Sache ihn mitnimmt. Seine viel kritisierte Feldmütze, die er bei einem Besuch in Afrika nicht ablegen wollte und nun auch wieder in Masar-i-Scharif trug, hat er im Gepäck gelassen. Er erscheint im schwarzen Anzug und mit einer schwarzen Krawatte. Er spricht den Soldaten sein Mitgefühl aus, „auch im Namen der Bundeskanzlerin“. Dann wendet er sich entschlossen gegen die Aufständischen: „An die Adresse der Mörder sage ich, dass wir uns durch solche heimtückischen Akte nicht einschüchtern lassen. Wir werden unseren Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan fortsetzen.“ Dazu sei man angesichts der gefallenen Soldaten verpflichtet.

Am Ende des Appells werden die Särge in zwei Maschinen verladen. Noch am Ostersonntag haben die drei Toten ihre letzte Reise nach Deutschland angetreten.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de