Haiti: Furcht vor der Regenzeit

Meldung vom 08.04.2010

Blickt man auf das „Weiße Haus“, den Präsidentenpalast in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince, muss man feststellen, dass sich in den zweieinhalb Monaten seit dem Beben mit über 200.000 Toten im Land wenig getan hat. Denn das in sich zusammengesunkene Gebäude bietet noch den gleichen Anblick wie nach dem 12. Januar. Die Trümmer sind kaum weggeräumt, kein Baukran erkennbar. Dafür hat sich schräg gegenüber eine Zeltstadt ausgebreitet, in der sich nachts bis zu 40.000 Menschen in selbst gebauten Unterkünften tummeln.

In Leogane, dem Epizentrum des Bebens, hat sich das Leben im Camp am Eingang der Stadt durch zwei Dinge verändert. Noch mehr Menschen haben hier Obdach gefunden (über 5.000) und der Rasen des Sportplatzes hat sich in eine Schlammlandschaft entwickelt. „Ich habe Angst vor der Regenzeit“, meint Mercilien Juste vom selbstorganisierten Komitee des Lagers. Er hockt in einem Unterstand, in dem acht Kirchenbänke und ein Stehpult darauf deuten, dass hier die Kinder des Lagers von Freiwilligen unterrichtet wurden.

„Neben dem Regen sind die Toiletten das größte Problem“, berichtet der 30-Jährige weiter. „Wir haben sechs Toiletten für 5.000 Menschen, die Löcher sind nicht einmal zwei Meter tief. Nach einer guten Woche sind sie voll und wir müssen die nächsten graben.“

Die drohenden Regenmassen sind auch eine der größten Schwierigkeiten in einem Lager in Cazeau, einem Stadtteil von Port-au-Prince. Das Lager ist auf abschüssigem Grund errichtet. Nach zwei Stunden Tropenregen watet man vor den unteren Zelten knöcheltief in übel riechendem, zähem Schlamm.

Bis in Haiti die Menschen wieder ein Dach über dem Kopf haben, werden Jahre vergehen. Ein Masterplan für den Wiederaufbau ist in Entstehung. Für die Leute in den Camps würden ordentliche Sanitäranlagen, fester Boden und Kanäle im Moment mehr zählen. Doch bis jetzt im April, in dem die Regenzeit beginnt, sind bisher nur zwei Camps mit diesen Standards ausgestattet.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at