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Indien als Atommacht in Zeiten der Abrüstung

Meldung vom 12.04.2010

In Washington tagt am 12. April ein Atomgipfel. Der amerikanische Präsident Barack Obama engagiert sich derzeit für die weltweite atomare Abrüstung. Er und der chinesische KP-Chef Hu Jintao haben über 40 Regierungschefs zu einer Verhandlung über die weltweite atomare Abrüstung und den Atomwaffensperrvertrag geladen. Indien wird sich bei der Diskussion aller Voraussicht nach zurückhalten.

Die Zurückhaltung ist für Indien ungewöhnlich. Die sechste, unverstandene Atommacht hat Jahrzehnte lang am lautesten Protest gegen den Atomwaffensperrvertrag erhoben. Der Atomwaffensperrvertrag ist ein Abkommen, das 1970 zustande kam und die fünf Atommächte zu Abrüstungsverhandlungen und die 184 weiteren Unterzeichnerstaaten zum Verzicht auf Atomwaffen verpflichtete.

Indien kritisierte damals die Arroganz der fünf etablierten Atommächte USA, Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China. „Die Geschichte ist voll solcher Vorurteile, die uns als eiserne Gesetze vorgehalten werden: Dass Männer Frauen überlegen sind, dass die weiße Rasse den farbigen überlegen ist und dass diejenigen, die Atomwaffen besitzen, verantwortungsvolle Mächte sind, und diejenigen, die sie nicht besitzen, es nicht sind.“

So schonungslos bewertete einst der indische Premierminister Rajiv Gandhi in den achtziger Jahren den Sperrvertrag als Diskriminierungswerk der Atommächte. Indien konnte die Kritik damals mit gutem Gewissen einbringen. Das Land hatte diplomatisch intensiv an der Vorbereitung des Atomwaffensperrvertrages in den fünfziger und sechziger Jahren mitgewirkt. Als der Vertrag jedoch bei seinem Abschluss im Jahr 1969 den fünf Atommächten Exklusivrechte einräumte, die er Indien nicht zugestand, weigerte sich Neu-Delhi, zu unterzeichnen. Stattdessen startete Indien 1974 seinen ersten Atombombentest.

Jahrelang kämpfte die Regierung um Anerkennung Indiens als sechste Atommacht. Heute aber fühlt sich Indien längst als solche etabliert. Die Annäherung des Landes an das herrschende Nuklear-Regime vollzog sich 1998. Nach seinem zweiten Atomwaffenversuch betitelte sich Indien offiziell als Atommacht und bezog dafür, anders als nach dem ersten Versuch 1974, nur noch milde diplomatische Schelte.

Neu-Delhi wollte dazugehören und weil der Kalte Krieg vorbei war und China sich zum Rivalen entwickelte, erwies sich Washington hilfsbereit. Mit dem nach langen Verhandlungen 2008 in Kraft getretenen indisch-amerikanischen Vertrag über die zivile Nutzung der Atomenergie erlaubten die USA erstmals einem Nicht-Mitglied des Atomwaffensperrvertrages Zugang zur eigenen Atomtechnologie.

Außerdem überzeugten die USA die Gruppe der 45 Kernmaterial-Lieferländer (Nuclear Supplier Group), Indien in Zukunft mit zivilen Atomgütern auszustatten. Neu-Delhi sah das als Sieg über die „atomare Apartheid gegen Indien“ an, meint Achin Vanaik, Politologe an der Delhi-Universität. Seither betrachte Indien sich selbst als „verantwortungsvolle Atommacht“.

Damit kam aber auch die Kritik, wie sie unter Rajiv Gandhi üblich war, zum Schweigen. „Unser Diskurs hat sich sehr geändert. Indien hält sich heute bedeckt“, betont Vanaik. Die Zurückhaltung ist einfach zu erklären: Tatsächlich untergräbt der indisch-amerikanische Atomdeal den Atomwaffensperrvertrag, weil er Indien als neue Atommacht faktisch akzeptiert, obwohl eine sechste Atommacht laut Sperrvertrag verboten ist.

In Indien aber kann die Regierung heute mit diesem Widerspruch leben. „Formal werden wir Nicht-Mitglied bleiben, aber praktisch werden wir die Zusammenarbeit mit dem Sperrvertrags-Regime verstärken“, erklärt Nuklearexperte Rajesh Rajagopalan von der Jawaharlal-Nehru-Universität in Delhi.

Auf großen Gipfeltreffen wie jetzt in Washington wird Indien deswegen schweigen, aber im Stillen den Ausbau seines atomaren Waffenprogramms fördern. Denn auch beim Atomteststopp-Vertrag ist Indien offiziell nicht aufgelistet.

Zwar heißt es in Neu-Delhi, dass die Regierung einlenken würde, falls es Obama wirklich ernst mit der Ratifizierung des Teststopp-Vertrages sei. Experten aber sagen, dass Indien sich dann wieder auf die Position Gandhis berufen werde. Und diese besagt, dass Indien immer atomar diskriminiert gewesen sei und deshalb Tests nachholen müsse.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de

Schlagwörter: Indien, Atomwaffen, Atommacht, Atomwaffensperrvertrag, Atomgipfel, Washington, Obama, Manhoman Singh