Somalia: Somaliland auf dem Weg zur Unabhängigkeit

Meldung vom 28.06.2010

Somaliland ist eines der seltsamsten Länder der Erde. 1991 spaltete sich der Landzipfel von Somalia ab. International wird die Unabhängigkeit Somalilands nicht anerkannt. Nun wird dort ein neuer Präsident gewählt. Sollte die Wahl friedlich ablaufen, wäre das ein entscheidender Schritt Somalilands im Kampf um die Anerkennung seiner Unabhängigkeit.

Internationale Anerkennung ist auch sieben Jahre nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung das vorrangige Ziel. Warlords hatten 1991 den somalischen Diktator Siad Barre gestürzt, worauf sich Somaliland schnell in die Unabhängigkeit zu retten versuchte. Während Somalia in Bürgerkrieg und Terror untergeht und Piraten die Gewässer vor der Küste verunsichern, gelang es den Somaliländern im Norden, einen mehr oder weniger funktionierenden Staat mit eigener Regierung, Armee, Polizei, Flagge, Währung, Küstenwache und Stabilität aufzubauen.

Doch bislang hat kein Staat der Welt Somaliland anerkannt. Die internationale Sorge ist einfach zu groß, einen Präzedenzfall zu schaffen. Dieser Vakkuum-Zustand des Landzipfels hat viele Nachteile: Unter anderem fließen kaum Entwicklungshilfe-Gelder in das 3,5 Millionen Einwohner Land am Horn von Afrika. Die Lebensverhältnisse der Einwohner sind dementsprechend schlecht. Die Lebenserwartung für Männer liegt bei 50 und für Frauen bei 55 Jahren. Das durchschnittliche monatliche Einkommen beläuft sich auf rund 20 Euro.

Eine Wiedervereinigung mit dem seit fast 20 Jahren regierungslosen Süden lehnen der jetzige amtierende Präsident und sein Oppositionsgegner ab. Verletzungen durch Somalias Diktatur haben tiefe Wunden geschlagen. 1988 ließ Siad Barre Hargeisa, die Hauptstadt Somalilands, bombardieren. Die Flugzeuge gegen das eigene Volk begingen ihren Angriff in Sichtweite ihrer Opfer, nur zwei Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Die Bomben töteten mehr als 50.000 Menschen. „Wir haben unsere Brüder auf die Probe gestellt. Wir haben kein Interesse, in die Föderation zurückzukehren. Niemals“, sagt Dahir Rayale Kahin, der jetzige Präsident. „Mit dieser Wahl werden wir die Europäer und Amerikaner auf die Probe stellen.“

Doch im Ringen um die internationale Anerkennung ist eine Vorbedingung, dass die Wahlen friedlich verlaufen – und das ist keineswegs absehbar. Die radikalislamischen Al-Schabaab-Milizen aus dem angrenzenden Somalia haben angekündigt, die Wahlen mit Selbstmordattentaten zu boykottieren und die Bürger eingeschüchtert, nicht zur Wahl zu gehen.

Die nationale Wahlkommission, der Präsidentenpalast und Hotels, in denen 70 internationale Wahlbeobachter untergebracht sind, haben sich hinter schweren Betonklötzen verbarrikadiert. Die Stadt wird von schwerbewaffneten Polizisten gesichert. Ausländer, die die Hauptstadt Hargeisa verlassen wollen, müssen mit bewaffneten Bodyguards ausreisen.

Die Wahl selbst war gut frequentiert. Die Wahllokale sind wegen des hohen Andrangs länger als geplant geöffnet gewesen, erklärte die Wahlkommission. Die mehr als 1,6 Millionen Wahlberechtigten mussten teilweise stundenlang vor den über 1.000 Wahlbüros Schlange stehen, um für einen der drei Kandidaten zu stimmen. Mit dem offiziellen Ergebnis rechnet man erst in einer Woche. Bei einem Anschlag auf ein Wahllokal kamen vier Menschen ums Leben.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de