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Rumänien: Zwangsheimkehr abgeschobener Roma

 
Meldung vom 23.08.2010

Die ersten aus Frankreich abgeschobenen Roma-Familien sind in Rumänien angekommen. Viele sehen in ihrer Heimat keinerlei Aussichten auf eine Lebensgrundlage. Die rumänische Regierung reagiert verhalten auf Frankreichs Abschiebungsprogramm.

Die Ankunft am Flughafen wird zum Spießrutenlauf. Fluchend drängen sich die mit ausgebeulten Reisetaschen bepackten Passagiere des Sonderflugs aus Paris am Flughafen von Timisoara (Temeswar) durch den engen Korridor der auf sie einstürmenden Journalisten. Kinder klammern sich schreiend an Mütterhälse. „Lasst uns in Ruhe, wir sind müde“, wehrt eine Frau mit Kopftuch die Journalisten ab.

„Freiwillig“ sind die 132 aus Frankreich gekommenen Roma mit einer Chartermaschine zurück in ihre rumänische Heimat transportiert worden. „Was heißt schon freiwillig?“, erwidert indes müde ein unrasierter Roma. Mehr als drei Jahre hatte der Mann aus einem Dorf in der Nähe der westrumänischen Stadt Oradea in einem Slum am Rande von Paris gehaust. Erst am Abend zuvor wurde die illegale, bisher stillschweigend geduldete Siedlung von der Gendarmerie geräumt. Mit dem Sammeln von Schrott hatte er seine sechsköpfige Familie leidlich über Wasser halten können.

Die „Rückkehrprämie“ von 300 Euro pro Erwachsenem und 100 Euro pro Kind habe er schließlich akzeptiert, damit er wenigstens „etwas“ habe: „Hier habe ich gar nichts, keine Wohnung, keinen Job. Und das war auch der Grund, warum wir nach Frankreich gingen.“

Zwischen zwei rumänischen Fahnen weht auf dem Rollfeld das Europäische Sternenbanner im Abendwind. Als „sehr schlechtes Signal für Europa“ und „klar gegen die europäische Idee“ gerichtet bewertet Ion Goracel vom Regionalen Zentrum für Soziale Integration die Zwangsheimkehr seiner Landsleute. Die EU-Staaten hätten diesen „Nebeneffekt“ der EU-Erweiterung wohl nicht eingeplant, bemängelt der Soziologe, der in Timisoara EU-geförderte Weiterbildungsprogramme für Roma betreut. Es stehe außer Frage, dass man die mit zehn Millionen Menschen größte ethnische Minderheit Europas nicht einfach zu „EU-Bürgern zweiter Klasse“ abstempeln könne, sagt der Roma. Die EU fuße auf „schönen Prinzipien“: „Doch die Mitglieder müssten mehr tun, um sie auch mit Leben zu füllen.“

Offiziell 550.000 Roma leben in Rumänien, tatsächlich aber wird ihre Zahl auf zwei Millionen Menschen geschätzt. Wie in den Nachbarstaaten Ungarn, Bulgarien, den Staaten des früheren Jugoslawien, aber auch in Tschechien und der Slowakei hat sich nach dem Zusammenbruch des Sozialismus und der folgenden Wirtschaftstransformation die soziale Situation der Roma in Rumänien zum Negativen entwickelt. Ungelernte Hilfsarbeiter werden sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie immer weniger angenommen.

Eher verhalten äußerte sich Bukarest zu Sarkozys Abschiebungsprogramm. Eine kollektive Abschiebung sei weder legal noch europäisch, kritisiert die Parlamentsvorsitzende Roberta Anastase. Rumänien hege zwar „Verständnis“ für die Position Frankreichs, erinnerte jedoch an das Recht jedes rumänischen Bürgers, sich frei in der EU zu bewegen, so äußerte sich pflichtschuldig Präsident Traian Basescu.

Ohne jegliche Sympathie berichtet die Lokalpresse am nächsten Tag von „obszönen Gesten aggressiver Zigeuner“, die das Land im Ausland „blamiert“ hätten. Die meisten seiner Landsleute nehmen keinerlei Anteil an dem Schicksal der Roma, erklärt schulterzuckend Roma-Aktivist Goracel.

Leider würde in Rumänien „kaum eine Diskussion“ darüber geführt, warum so viele Roma in ihrem Land offenbar keine Perspektive sehen, kritisiert in Bukarest Cristian Pirvulescu, der Vorsitzende der Bürgerrechtsorganisation Pro Demokratie. Es sehe in Rumänien eine „Tradition des Rassismus“ – gerade auch in dem Einflussbereich der rumänisch-orthodoxen Kirche. Die heimischen Politiker bagatellisieren die Probleme der Minderheit. In der EU entfernen sich derweil die christdemokratischen Parteien zunehmend von einstigen Werten – und bezeichnen eine diskriminierende Minderheitenpolitik als „pragmatisch“, so der Analyst.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de

Schlagwörter: Rumänien, Roma, Zwangsheimkehr, Abschiebung, Sarkozy, Paris, Timisoara, Europa, Minderheitspolitik, Minderheit, Heimat