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Afghanistan: Männer wählen für ihre Frauen

 
Meldung vom 20.09.2010

Die Parlamentswahlen in Afghanistan sind mit weniger Gewaltausbrüchen verlaufen als befürchtet. Insgesamt seien mehr als 40 Menschen, darunter Wahlbeamte, Kinder und Sicherheitsbeamte, bei Anschlägen ums Leben gekommen. Die Wahlbeteiligung lag nach optimistischen Schätzungen bei 40 Prozent. Doch Wahlbeobachter melden erneute Manipulationen. Auf dem Land war es Frauen nur sehr selten möglich, in ein Wahllokal zu gehen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat angesichts der angespannten Situation in Afghanistan den Mut und die Entschlossenheit der afghanischen Wähler gelobt und gleichzeitig die Anschläge scharf verurteilt. Doch die optimistischen Stellungnahmen aus dem Ausland können die Schwierigkeiten dieser Wahl nicht überdecken. Besonders Frauen haben sich selten zur Wahlurne gewagt. Ihre Stimme fehlt damit zum größten Teil bei diesem Wahlergebnis.

Eine einzige Stimme lag am Ende des afghanischen Wahlsonnabends in der für Frauen bestimmten Urne der Tera-Schule von Gardez. Sie stammte von Dschamila Jussufsai, die sich im örtlichen Büro der Unabhängigen Menschenrechtskommission für Kinderrechte einsetzt, aber aus dem Ausland kommt und daher mehr Freiheiten genießt.

Als die Paschtunin erfuhr, dass in ihrer Gegend überhaupt keine Frauen zur Wahl gingen, habe sie beschlossen, dort zu wählen: „Es wäre eine Schande, wenn diese Urne leer geblieben wäre.“ Tera befindet sich am Rande der südostafghanischen Provinzstadt, und schon hier am Rand der urbanen Zone haben afghanische Frauen Probleme, ihre Rechte wahrzunehmen. Einer von zwei Ältesten vom Stamm der Ahmadsai, die die Urne beobachteten, erklärte, warum: „Die Verfassung ist das eine, Scharia das andere.“ Den Schwerpunkt legte er auf das Letztere.

Die Tera-Schule diente nur als eines von dreien (unter insgesamt 127) Wahllokalen in der Provinz Paktia, in dem Frauen vereinzelt den Mut hatten, ihre Stimme abzugeben. Überall sonst wählten Stammesälteste geschlossen im Namen „ihrer“ Frauen. Das bezeugt auch Abdul Wakil Nasiry, einer der hiesigen Koordinatoren der afghanischen Wahlbeobachter. Und selbst dort habe weibliches Personal mithilfe gefälschter leerer Wahlkarten zusätzliche Stimmen in die Urnen befördert, berichtet Augenzeuge Ibrahim Hamim von der Beschwerdekommission.

Die gefälschten Dokumente wurden in Pakistan hergestellt und wurden wohl zu Hunderttausenden in Afghanistan veräußert, das Stück war für vier bis zehn Dollar erhältlich. In Gardez beschlagnahmte die Polizei über 3.000, mit dazugehörigen, schon angekreuzten Wahlzetteln.

Nicht überall arbeitete die Polizei so gründlich. Nasery zufolge sammelten Polizisten nach Schließung des Wahllokals von Kalgar die übrig gebliebenen Stimmzettel ein und schlugen den Kandidaten vor, diese unter sich aufzuteilen – natürlich gegen ein kleines Trinkgeld. In Seyyed Karam verharrten die Stimmen in den Urnen dreier Wahllokale über Nacht ungezählt und offen im Büro des Distriktgouverneurs. Am nächsten Morgen entdeckten die Beobachter sie gezählt und versiegelt, mit ausgefüllten Ergebnispapieren.

In Paktika und Teilen Ghaznis habe nach Angaben von Sicherheitsbehörden „keine Wahl stattgefunden“. Khial Muhammad Ahmadsai, ein aussichtsreicher Kandidat in Gardez, geht davon aus, dass auch in Paktia nur fünf Prozent zur Wahl erschienen sind. In einigen Nord- und Zentralprovinzen jedoch hatten sich auch Schlangen selbst vor den Frauenwahllokalen gebildet. Noch ist das Bild von Afghanistans zweiter Parlamentswahl nach der Taliban-Herrschaft bruchstückhaft. Nur eines steht fest: sie war eine Wahl der Extreme. Endgültige Ergebnisse werden für Ende Oktober erwartet.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Afghanistan, Wahl, Parlament, Kandidaten, Stimme, Urne, Wahllokal, Taliban, weibliche Kandidatinnen, Attentate, Anschläge, Ban Ki Moon, Frauen, Stammesälteste, Scharia, Paktika, Fälschung, Manipulation, gefälschte Wahlzettel, Pakistan, Frauenwahllokal, Gardez