Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Somalia: Folgenschwere Ausbildung – Die neuen Kämpfer

Meldung vom 25.11.2010

Im somalischen Bulo Hawo liefern sich Islamisten und regierungstreue Truppen heftige Gefechte. Die Menschen, die dort lebten, haben alle die Flucht ergriffen. Mit diesem Kampf, tausende Kilometer entfernt, hat auch die Bundesregierung zu tun.

Die staubige Dornbuschsavanne, die den Norden Kenias vom benachbarten Somalia abgrenzt, ist der Inbegriff von Niemandsland. In dem unwirtlichen Grenzstreifen östlich von Mandera, Kenias letztem Vorposten hier, sind selbst zu ruhigen Zeiten nur wenige Händler unterwegs, die Gemüse oder Getreide in die somalische Grenzstadt Bulo Hawo transportieren. Im Moment aber wagen auch sie sich nicht dorthin: denn in Bulo Hawo ist Krieg.

„Nach allen Informationen, die ich dort bekomme, ist die Lage unverändert angespannt“, bestätigt Emmanuel Nyabera vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Der 60.000-Einwohner-Ort ist praktisch ausgestorben. „Die Bewohner sind geflohen, viele über die Grenze nach Kenia“, berichtet Achmed Mohammed Yusuf, einer der Ältesten von Bulo Hawo. Jeder wollte dem Kreuzfeuer von Islamisten und regierungstreuen Truppen entrinnen.

Und doch harren mehr als 7.500 Flüchtlinge derzeit in Schussweite von Bulo Hawo entfernt aus. Sie lagern im Niemandsland, seit Kenias Polizei sie ausgewiesen hat. „Die Polizisten haben den Flüchtlingen ein paar Stunden gegeben, um wieder nach Somalia zu verschwinden“, so Nyabera. Erst lautete die Anordnung, die Flüchtlinge – vor allem Frauen und Kinder – könnten in einem zehn Kilometer entfernten Flüchtlingslager Zuflucht suchen.

„Aber dann gab es die Ansage: Schickt die Somalis zurück dahin, wo sie herkommen, es ist sicher genug dort“, sagt Nyabera. Dort, wo die Flüchtlinge jetzt sind – weder in Somalia noch in Kenia – kann ihnen niemand zur Hilfe kommen: Nach Völkerrecht sind sie derzeit weder intern vertrieben noch auf der Flucht, so dass weder das UNHCR noch der somalische rote Halbmond eingreifen dürfen. Weil jederzeit neue Gefechte ausbrechen könnten, geht keiner das Risiko ein, den verzweifelten Bewohnern von Bulo Hawo zur Hilfe zu kommen. Sie müssen derzeit ohne Wasser und Nahrungsmittel unter freiem Himmel kampieren.

Somalias international anerkannte, militärisch aber weitgehend machtlose Regierung proklamiert dennoch, einen militärischen Fortschritt erreicht zu haben. Die Offensive unter der Führung des somalischen Parlamentsabgeordneten Barre Aden Hiirale bilde erst den Anfang einer neuen Front gegen die islamistischen Shabaab-Milizen, so die Regierung.

Die Übergangsregierung ist besonders stolz auf die Art, wie der Sieg zustande kam: mit Hilfe von hunderten somalischen Kämpfern nämlich, die mit deutschem Geld in Äthiopien trainiert wurden – „zu Polizisten“, lautet die Angabe. Befürchtungen, die für Somalias Verhältnisse hervorragend ausgebildeten Sicherheitskräfte könnten, anstatt als Polizisten für militärische Schläge gegen Islamisten eingesetzt werden, haben sich in Bulo Hawo offenbar bewahrheitet.

Nachdem über den Verbleib der Polizisten nach Ende der Ausbildung wochenlang völlige Ungewissheit herrschte, gibt die Bundesregierung inzwischen zu, dass die für den Polizeieinsatz in Mogadischu ausgebildeten Kräfte sich in Gedo und der nordöstlich angrenzenden Provinz Bakool befinden. Das von der Bundesregierung zunächst mühsam hergestellte Image eines „Polizeieinsatzes“ der gut 1.000 ausgebildeten Männer ist damit endgültig zerstört.

Der deutsche Alleingang bewirkt auch unter für Somalia zuständigen Diplomaten nur ein Kopfschütteln. Anstatt die Ausbildung, wie üblich, der Koordination der UN zu unterstellen, hatte Deutschland Gelder an die äthiopische Regierung überwiesen. Äthiopien, selbst nicht neutral in dem somalischen Bürgerkrieg, bildete damit die gut 1.000 Rekruten in einem abgelegenen Camp aus. Bis heute wurde nicht transparent gemacht, nach welchen Kriterien die Rekruten angeheuert wurden und ob internationale Ausbildungsstandards dabei berücksichtigt wurden. UN-Beobachter hatten mehrfach vergebliche Anläufe unternommen, sich ein Bild von der Lage zu machen.

Die Islamisten der Shabaab haben damit gedroht, die somalische Übergangsregierung militärisch nieder zu ringen – mit allen Mitteln. Der Sprecher der Shabaab-Miliz, Sheikh Ali Mohammed Hussein, forderte vor zwei Wochen über islamistische Radiosender und Zeitungen Frauen und Kinder auf, den Kampf zu unterstützen. „Kauft Gewehre und Munition für eure Kinder“. Sheikh Hussein ergänzte, in den vergangenen Wochen seien bereits hunderte Frauen und Kinder in somalischen Camps zu Selbstmordattentätern ausgebildet worden.

Derzeit besteht in Mogadischu, der einzigen Stadt, wo die Übergangsregierung überhaupt Gelände beherrscht, ein militärisches Patt. Wird Mogadischu zusammenbrechen, werden die Islamisten das ganze Land unter ihrere Kontrolle haben. Für international aktive islamistische Terrorgruppen, die nach neuen strategischen Ausgangsorten Ausschau halten, wäre das eine hervorragende Nachricht. Nach den tödlichen Shabaab-Anschlägen in Uganda nach der Fußball-WM sind Somalias Nachbarstaaten schon jetzt in äußerster Besorgnis.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Somalia, Ausbildung, Kämpfer, Bundesregierung, UNHCR, Flüchtlinge, UN-Flüchtlingshilfswerk, Bulo Hawo, Shabaab-Miliz, Islamisten