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Erdölfunde in Uganda: Nomaden werden davongejagt

Meldung vom 16.02.2011

Wegen Ölfunden in West-Uganda brechen die ersten Landkonflikte aus. Die einen werden mit Gewalt davongejagt, den anderen verspricht man Wohlstand, wenn sie ihre Stimme dem richtigen Politiker geben.

„Dort unten liegt unser reiches Land“, schwärmt der alte Mann, als sich der Regenwald lichtet. Die Straße zieht sich in leichten Kurven bergab und eröffnet einen atemberaubenden Blick auf den Albertinen-Graben in Westuganda. Am Horizont glitzert der Albertsee, der die Grenze zwischen Uganda und dem Kongo kennzeichnet. Entlang des Ufers verläuft ein karger Landstrich: Trockene Büsche spenden ein wenig Schatten. Die Luft flimmert, Gazellen laufen über die Straße.

Im Albertinen-Graben wird seit 2006 nach Öl gebohrt. Schätzungen zufolge sollen dort, wo die Erdplatten auseinanderdriften, bis zu 2,5 Milliarden Barrel Rohöl ruhen. Auch unter Ngambes Dorf Kataleba haben Geologen Öl gefunden. Seitdem rattern Lastwagen über die Dorfstraße auf und ab. Ingenieure verlegen Kabel durch die Baumwollfelder, um das Land zu vermessen. Tullow Oil zieht gerade einen Bohrturm hoch.

Der alte Mann Phare Ngambe übte bis vor kurzem das Amt des Dorfvorstehers von Kataleba aus. In der Siedlung aus Häuschen mit Wellblechdächern wohnen die Bauern des Volkes der Bagungu. Jetzt hat Dorfvorsteher Ngambe den Posten auf seinen ältesten Sohn übertragen. Er habe sich mit den Problemen überfordert gefühlt, sagt er und zeigt auf die leerstehenden Lehmhütten: „Hier haben bis vor kurzem die Balaalo gewohnt“, klagt er. Doch dann habe die Regierung die Halbnomaden samt ihren Rinderherden gewaltsam weggetrieben.

Wenn Grace Barooroza an jene Lehmhütten zurückdenkt, kommen ihr die Tränen. Aus einer Tasche zieht sie einen Ordner hervor: Zum Vorschein kommen Gerichtsurteile und Zeitungsausschnitte mit Artikeln. Daneben ein Foto: Barooroza mit Schnittwunden an Schulter und Arm. Sie entblößt ihre Arme: Die Narben sind immer noch deutlich sichtbar.

Barooroza ist 2003 mit 630 Balaalo-Familien in Kataleba ansässig geworden. „Damals wusste dort noch niemand etwas von dem Öl“, erklärt sie. Sie hatte mit Ngambe eine Abmachung getroffen. Der Dorfälteste stellte ihnen einen Teil der Baumwollplantage als Weideland für die 50.000 Rinder zur Verfügung. Die Nomaden bauten dort ihre Lehmhütten und verkauften den Bagungu Milch und Fleisch. „Wir hatten damals keine Probleme miteinander“, sagt sie.

Dann gelangte bei den Parlamentswahlen 2006 ein neuer Abgeordneter an die Macht: Stephen Biraahwa. Das Mitglied im Rohstoff-Ausschuss hatte Kenntnis von den Ölfunden und nutzte seine Chancen, sich vor Ort und in Kampala beliebt zu machen. In der Hauptstadt wurde schnell darüber verhandelt, wer Anspruch auf das Land in der Ölregion hat. Der Politiker befahl den Balaalo, die Region zu verlassen. Mit Gewalt vertrieben die Anhänger Biraahwas die Nomaden, Barooroza wurde dabei von einer Machete verletzt.

Barooroza appellierte an Präsident Yoweri Museveni und traf ihn persönlich: „Er hat uns Entschädigung versprochen“, berichtet sie. Davon hat sie bis heute nichts erhalten. 2008 entschied das Höchste Gericht gegen die Balaalo. Museveni erteilte den Befehl zur Operation „Gerechtigkeit“: Im Dezember 2010 marschierten Soldaten und Polizisten in Kataleba ein. Sie vertrieben die Rinder und nahmen die Balaalo auf Lkws mit.

In Katabela gibt Biraahwa anlässlich der Vertreibung der Nomaden ein Fest. Im Schulhof hält Biraahwa eine feurige Rede: Er stellt geteerte Straßen und Entschädigungszahlungen in Aussicht. Die Bagungu freuen sich. Der Wahlkampf ist in der heißesten Phase und der Kandidat der Museveni-Partei NRM spekuliert durch die Vertreibung der „Landbesetzer“ auf Wählerstimmen. „Diese ungebildeten Bauern wussten ja nicht, dass eines Tages irgendwelche Nomaden ihr Land stehlen“, behauptet er.

Der Dorfälteste Ngambe bleibt der Wahlkampfparty fern. An ihm zehre ein schlechtes Gewissen, sagt er. „Die Balaalo haben uns für das Land doch Geld gegeben, wir hatten eine Vereinbarung.“ Er hätte den Nomaden gerne Geld zur Entschädigung gegeben, doch das Militär wollte ihn beruhigen. „Das Land ist euers“, hat der General gesagt. Doch könne er sich darauf verlassen? „Unser Klan bestellt hier seit Jahrhunderten die Felder.“ Doch keiner des Stammes verfügt über Eigentumsdokumente. „Wenn Soldaten kommen und sagen, ihr müsst gehen, was kann ich dagegen tun?“

Das Bezirkshauptquartier Buliisa entwickelt sich derweil zu einer Kleinstadt: Neue Telefonmasten ragen zwischen den Häuschen hervor, die erste Bankfiliale nimmt bald ihren Dienst auf, Tullow Oil finanziert am Stadtrand den Bau eines Krankenhauses. Doch die Bevölkerung sieht diesen Neuerungen misstrauisch entgegen. Fast täglich statten Kandidaten auf Wahlkampftour Buliisa einen Besuch ab. Selbst Präsident Museveni reiste dorthin. Sie alle versprechen Reichtümer. „Doch keiner sagt konkret, wie die Regierung diese mit den lokalen Gemeinden teilen wird“, sagt ein Bewohner.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Uganda, Nomaden, Erdöl, Ölfunde, Land, Konflikt, Eigentum, West-Uganda, Wahlkampf, Rinderherden, Albertinen-Graben, Ölbohrung, Vertreibung, Yoweri Museveni