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Globale Gerechtigkeit: Neues Gesetz für Diktatorengelder

 
Meldung vom 18.02.2011

Diktatoren sind dafür bekannt, dass sie Gelder in Milliardenhöhe aus den Staatskassen entnehmen und auf ausländische Bankkonten transferieren. Für Schlagzeilen sorgten diesbezüglich schon Haitis Ex-Diktator Duvalier, der philippinische Ex-Diktator Ferdinand Marcos und nun Ägyptens abgedankter Staatschef Hosni Mubarak: Wann immer Machthaber gestürzt werden, frieren internationale Banken sofort deren Konten ein. Aber wie läuft das praktisch ab: Geld einfrieren? Und was geschieht dann damit?

Die Schweiz hat eine neues Gesetz verabschiedet, das den Diktatoren die illegale Anhäufung von Geldern auf Schweizer Bankkonten erschwert. Am 19. Januar 2011, fünf Tage nach seiner Entmachtung, legte die Regierung der Schweiz sämtliche Konten des tunesischen Ex-Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali auf Eis. Zudem sperrte sie das Vermögen seiner engsten Vertrauten, zu denen auch der Geschäftsmann Aziz Miled gehört. Der Ben-Ali-Clan, lautete die Begründung, habe staatliche Gelder veruntreut und ins Ausland geschafft.

Im Nachbarland Frankreich dagegen verschonte man den Geschäftsmann Miled; die französische Außenministerin rechtfertigt dieses Vorgehen damit, dass Miled gar nicht dem Ben-Ali-Clan angehöre. Wem soll man hier glauben? Der Regierung in Bern? Oder die französische Ministerin, die mit ihrem Mann noch an Weihnachten bei ihrem langjährigen Freund Aziz Miled zu Besuch war, von seinem „Tellerchen“ speiste, in seinem „Hotel-Bettchen“ logierte und mit seinem Privatjet auf Reisen war?

Globale Gerechtigkeit ist keine leichte Angelegenheit. Aber auf dem Spiel stehen derzeit die Vermögen von Ben Ali und Hosni Mubarak. Der ägyptische Präsident soll sein Volk um 40 Milliarden Dollar hintergangen haben. Experten gehen davon aus, dass mindestens eine Milliarde davon auf Konten in Europa liegt. Jahrzehntelang verhielt sich der Westen passiv gegenüber den Eliten in Entwicklungsländern, die staatliche Kassen plünderten und ein Luxusleben führten, während die Bevölkerung hungerte.

Korruption war an der Tagesordnung, Despoten, die sich Schlösser in Frankreich zulegten und ihren Frauen 3.000 Paar Schuhe schenkten, wurden als exotische Paradiesvögel toleriert. In letzter Zeit nimmt diese Toleranz für derartige Ausschweifungen ab. Die Weltbank warnt, dass in Afrika jährlich 150 Milliarden Dollar, ein Viertel aller öffentlichen Gelder des Kontinents, in dunklen Kanälen verschwinden.

Die UN brachten deshalb 2003 eine Konvention gegen Korruption auf den Weg. Sie ordnet an, Konten von Spitzenpolitikern zu blockieren, wenn der Verdacht besteht, das Vermögen beruhe nicht auf ehrlicher Arbeit. Diktatoren aus aller Welt müssen damit den Beweis über die legale Herkunft ihrer Vermögen im Ausland erbringen. Seit Längerem liegen den Banken schon Listen sogenannter PEPs, „Politically Exposed Persons“, vor.

148 Nationen haben die UN-Konvention bereits gebilligt – zur Freude von Stuart Gilman, Korruptionsexperte der Weltbank. Gilman hat 30 Jahre Berufserfahrung und hat einen reichen Schatz an Geschichten. Eine handelt von einem ehemaligen Diktator aus Afrika, der in seiner Heimat zehn Jahre Gefängnisstrafe abzusitzen hatte. Am Morgen trat er seine Strafe an, abends ging er unbehelligt aus der Haftanstalt, um sich den Rest seines Lebens an der Französischen Riviera zu vergnügen. Die alten Seilschaften tun weiterhin ihren Dienst. „Solche Leute scheren sich nicht um Haftstrafen“, meint Gilman. „Aber wenn man ihre ausländischen Konten angreift, werden sie nervös.“ Die USA und Großbritannien haben mittlerweile eigene Behörden gegründet, um illegale Gelder auf den Konten ihrer Banken ausfindig zu machen.

Als Vorreiter bei der Korruptionsbekämpfung machte sich jedoch ausgerechnet die Schweiz eine Namen: Seit Mitte der Neunzigerjahre fror das Land mehr als 1,3 Milliarden Euro von ausländischen Potentaten ein und erstattete die Gelder zurück an die Nachfolgeregierungen in Peru, den Philippinen, Nigeria, Angola, Kasachstan und Mexiko.

Allerdings stehen ausländische Bittsteller vor der schwierigen Aufgabe, die illegale Herkunft von Geldern in der Schweiz nachzuweisen. Das erwies sich gerade bei Staaten wie Haiti oder dem Kongo als höchst kompliziert, deren Justiz in den Jahren der Diktatur zusammengebrochen war. Haiti ersuchte die Regierung in Bern bereits 1986, Schweizer Konten des ehemaligen Machthabers Jean-Claude Duvalier alias „Baby Doc“ bloßzulegen und das gestohlene Geld zurück zu geben.

Erst 16 Jahre später waren die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen
– aber die Straftaten von Duvalier waren verjährt. Nur mit einer Reihe juristischer Tricks konnte die Schweiz abwenden, dass sie die fraglichen 4,6 Millionen Dollar an die Familie Duvalier herausgeben musste. Das Geld ist bis heute gesperrt und liegt auf dem Schweizer Bankkonto fest. Damit sich so ein Fall nicht wiederholt, hat die Schweiz seit wenigen Tagen ein neues Gesetz verabschiedet, wonach gestohlene Gelder auch an Länder zurückerstattet werden, die nicht juristisch gegen ihre ehemaligen Machthaber vorgehen.

Im Fall des philippinischen Diktators Ferdinand Marcos erwies sich, wie viel bei der Rückgabe von illegalen Geldern berücksichtigt werden muss, selbst wenn sie rechtlich abgesichert ist: Peter Cosandey kümmerte sich als Züricher Staatsanwalt ab 1986 um die Marcos-Gelder. Er musste sich mit der Frage befassen, „ob die Nachfolgeregierung des Marcos-Regimes womöglich noch korrupter ist“. Die Folge davon: Die blockierten 683 Millionen Dollar gingen erst nach 17 Jahren zurück an die Philippinen.

In Deutschland nehmen Politiker und Banken selten Stellung zu Potentatengeldern. Das Land stellte keine bedeutende Kolonialmacht dar, sei kein Steuerparadies und deswegen wenig reizvoll für Diktatoren, meinen Experten. Weltweit sind im Moment schätzungsweise 500 Millionen Dollar von Despoten gesperrt. Ein minimaler Betrag angesichts von 30 Milliarden Dollar, die Jahr für Jahr illegal allein aus Afrika in diverse Steuerparadiese absickern.

Dennoch hofft der UN-Korruptionsexperte Stuart Gilman, dass die westlichen Länder künftig konsequenter mit Despoten und ihren Milliardenvermögen umgehen. Schließlich müssten auch sie sich weigern, „den armen Ländern Entwicklungshilfe in Milliardenhöhe zu überweisen, die sich dann eine korrupte Elite in die eigenen Taschen stopft“. Ob die globale Gerechtigkeit dann auch angewandt wird, dürfte sich bald am Beispiel Tunesiens und Ägyptens erweisen: nämlich daran, ob die gestohlenen Gelder auch an neue Regierungen in diesen Ländern transferiert werden, die mit dem Westen vielleicht nicht stillschweigende Übereinkünfte pflegen wie Mubarak und Ben Ali.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Süddeutsche Zeitung“, sueddeutsche.de

Schlagwörter: Globale Projekte, Diktator, Duvalier, Haiti, Schweiz, Bankkonto, Ägypten, Hosni Mubarak, Staatskasse, Banken, UN, Korruption, Korruptionsbekämpfung, Bern, Ferdinand Marcos, Zurückerstattung, Weltbank