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Rumänien: Zurück auf die Wartebank

Meldung vom 24.02.2011

Ende März hätte sich der Traum des Schengen-Beitritts für Rumänien und Bulgarien erfüllen sollen. Doch der Termin wurde verschoben. Nicht alle technischen Voraussetzungen lägen vor, um die neuen Außengrenzen Europas zu schützen, bemängelten vor allem Frankreich und Deutschland, die Schwergewichte in der Europäischen Union. Als ein weiterer kritischer Punkt wird die zähe Korruption in Rumänien und Bulgarien angeführt, die nicht ausreichend bekämpft wird.

Drei bulgarische Grenzpolizisten überwachen ihren Grenzabschnitt. Jenseits der Grenze liegt die Türkei: Sanfte Hügel, schöne Landschaft. Doch die Männer kümmern sich wenig um die Umgebung. Sie trainieren sich in akribischer Kontrolle. Im äußersten Südosten von Europa würde genau hier die neue Schengen-Außengrenze verlaufen.

„Wir sind hier an einem Überwachungsposten. Wenn wir uns positioniert haben, fahren wir die Wärmebildkamera aus und beginnen, zu beobachten. Das System funktioniert durch Wärmemessung. Jeder Körper strahlt Wärme aus – und so können wir jegliche Bewegung registrieren.“

Die Grenzpolizisten sitzen in ihrem Geländewagen und bedienen per Joystick die Kamera. Sie filmt ein scharfes Schwarzweißbild, das auf dem Überwachungsmonitor erscheint. „Mit der Kamera können wir auch nachts beobachten. Wir finden damit nicht alle Flüchtlinge, aber ich denke, dass wir 90 bis 95 Prozent mit dieser Technik aufspüren können.“

Die bulgarisch-türkische Grenze gilt als ein Dreh- und Angelpunkt, um illegaler Einwanderung in die EU vorzubeugen. Ein großer Teil der Flüchtlinge, die von einem besseren Leben in Europa ausgehen, nimmt die Südosteuropa-Route über die Türkei. Betroffen von illegaler Einwanderung ist immer wieder Griechenland – aber auch Bulgarien hat im vergangenen Jahr einen Anstieg von illegalen Grenzübertritten um ein Viertel verzeichnet. Entsprechend genau beobachtet die Europäische Union, was dort vor sich geht.

Im Dezember kamen Schengen-Experten bei ihrer Visite am Rande Bulgariens zu dem ernüchternden Ergebnis: Diese Grenze ist nicht sicher genug. Damit war der Traum von der Aufnahme in den Schengen-Raum Ende März geplatzt. Und auch Rumänien muss zurück auf die Wartebank, selbst wenn es bereits in allen technischen Anforderungen genügt. Die Europäische Union will die beiden nur im Doppelpack aufnehmen – aus Kostengründen.

Doch selbst wenn Bulgarien in Windeseile seine Sicherheitsmängel beseitigt, ist eine schnelle Aufnahme in den Schengen-Raum eher aussichtslos. Denn über das Beitrittsverfahren hat sich eine Grundsatzdiskussion entwickelt. Fünf westliche EU-Staaten, darunter auch Deutschland, bestehen auf mehr als nur technisch gut ausgerüstete Grenzen. Sie fordern Sofia und Bukarest auf, stärker gegen Korruption und organisierte Kriminalität einzugreifen, da ansonsten kein Vertrauen möglich sei.

Im Bundesinnenministerium gab man an, Bukarest und Sofia wären von den Bedenken Berlins in Kenntnis gesetzt worden. Man habe aber den Eindruck gehabt, beide Länder wollten die Probleme aussitzen, statt Lösungen in Angriff zu nehmen. Deshalb habe man das Schreiben mit dem Negativ-Bescheid nach Brüssel gesandt. Dass Bukarest seither hartnäckig auf die Einhaltung des Schengen-Abkommens pocht, lässt Berlin gelassen über sich ergehen. Man halte den neuen Kurs ein, meint der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder:

„Wir sind natürlich davon ausgegangen, dass Bulgarien und Rumänien im vierten Jahr der EU-Mitgliedschaft die Voraussetzungen im Bereich Korruptionsbekämpfung, im Bereich Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, die ja von der EU gesetzt wurden, erfüllen. Wenn das jetzt immer noch nicht der Fall ist, dann muss das natürlich auch Auswirkungen auf den Schengen-Beitritt haben. Es nützt ja das beste technische System nichts, wenn die Menschen, die davor sitzen und diese Systeme bedienen, korrupt sind.“

Tatsächlich hat sich in den letzten Tage etwas bewegt: Rumänien hat unlängst einige Verhaftungen vorgenommen. Bei mehreren Razzien, die teils live im Fernsehen übertragen wurden, wurden knapp 150 Zöllner und Grenzbeamte inhaftiert. Spektakuläre Verhaftungsaktionen gegen Grenzpolizisten und Zöllner könnten dem Ausland als Beweis für einen funktionierenden Rechtstaat aber womöglich nicht genügen. Die EU-Kommission etwa will erleben, dass der Verhaftungswelle auch zügige Gerichtsverfahren und Urteile folgen.

Brüssel ermahnt Rumänien und Bulgarien schon seit Jahren, die Korruption stärker zu bekämpfen. Doch ist das leichter gesagt als getan. Die Gerichte sind oft aus Personalmangel überlastet. Zügige Urteile sind kaum möglich. Richter und Gerichtsbeamte sind oft selbst korrupt.

Dennoch gibt es in Rumänien mehrere Antikorruptionsbehörden, die viele Ermittlungen begonnen haben. Doch wie effektiv diese sind, bleibt fraglich und unübersichtlich. Die korrupten Strukturen sind tief bis in die Politik und Justiz verwurzelt, so dass die Aufgabe keine leichte ist.

Was Rumänien wirklich benötigt, sind Politiker mit Willen zur Reform. Die Parteien im Parlament bekämpfen sich seit Jahren, halten aber immer dann plötzlich zusammen, wenn die Antikorruptionsbehörde gegen Minister oder Parlamentarier ermittelt oder diese gar festnehmen will. Das wird dann mit parteiübergreifenden Beschlüssen boykottiert. Wie es jetzt weiter geht, ist noch nicht klar. Im Bundesinnenministerium in Berlin will sich derzeit niemand auf ein neues Datum für einen Schengen-Beitritt festlegen. Das hänge von Sofia und Bukarest ab.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandfunk“, dradio.de

Schlagwörter: Rumänien, Schengen-Raum, Schengen-Beitritt, Grenze, EU-Außengrenze, Brüssel, Bukarest, Sofia, EU, Europäische Kommission, illegale Einwanderung, Korruption, Korruptionsbekämpfung, Verhaftungswelle, Antikorruptionsbehörde