Sudan: Gut ausgerüstete Rebellen

Meldung vom 12.05.2008

Erneut kam es am vergangenen Wochenende zu einem ebenso heftigen wie überraschenden Angriff von Rebellen auf die sudanesische Hauptstadt Khartum. Sudan hat angekündigt, seine diplomatischen Beziehungen zu Tschad abzubrechen.

Der Angriff der Rebellen des „Justice and Equality Movement“ (JEM) war nach Angaben der Regierung in Khartum mit Tschad abgesprochen. Die Rebellen seien zudem von der tschadischen Armee unterstützt worden. Es gelang den Rebellen offenbar, bis nach Omdurman, der Schwesterstadt Khartums auf der nördlichen Seite des Nils, vorzudringen. Erst dort konnten sie von regulären Streitkräften zurückgeschlagen werden.

Der in London lebende JEM-Sprecher Ahmed Hussein Adam rechtfertigte den Angriff: „Wir wollen nicht, dass dieses selbstmörderische Regime an der Macht bleibt und jeden Tag unsere Menschen ermordet.“

Zum ersten Mal seit Beginn des Darfur-Krieges vor fünf Jahren ist es einer Rebellengruppe gelungen, bis in die Hauptstadt vorzudringen. Zugleich erhält die Auseinandersetzung mit dem Regime in Khartum durch die offensichtliche Schärfe und gute Ausrüstung der Rebellen eine völlig neue Qualität. Verlässliche Angaben über Opferzahlen gibt es keine.

Das staatliche Fernsehen berichtete zudem, dass die tschadische Armee in Kishkish an der Grenze zwischen Darfur und Tschad einen Angriff gestartet hätte. Der sudanesische Brigadegeneral Mohammed Osmane al Aghbache erklärte im Radio, dieser „Ablenkungsangriff“ sei erfolgreich abgewehrt worden. Eine unabhängige Bestätigung liegt dafür allerdings nicht vor. Die tschadische Regierung negierte alle Anschuldigungen und sprach ihr „Bedauern“ über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen aus.

Im Zusammenhang mit diesen jüngsten Ausschreitungen wurde der sudanesische Islamistenführer Hassan al Turabi nach Angaben der Ehefrau in Khartum festgenommen. Auch dafür liegt keine unabhängige Bestätigung vor. Der ehemalige Parlamentspräsident Turabi wurde viele Jahre als der eigentlich starke Mann in Sudan eingeschätzt. Doch er wurde von Präsident Omar al Baschir zunächst kaltgestellt und anschließend ins Gefängnis geworfen.

Turabi gilt als einer der Gründer der Rebellengruppe JEM, der im Gegensatz zu der zweiten großen Rebellengruppe in Darfur, „Sudan Liberation Movement“ (SLM), islamistische Tendenzen nachgesagt werden. JEM gilt als die am besten bewaffnete und vermutlich am besten organisierte Rebellenorganisation in Darfur.

Der Überfall auf Khartum kam nur zwei Monate nach Unterzeichnung eines Nichtangriffspaktes zwischen Sudan und Tschad zustande. Beide Regierungen klagen sich seit Jahren gegenseitig an, das jeweils andere Land destabilisieren zu wollen. So beziehen die Rebellen in Darfur Unterstützung aus Tschad, wie die tschadischen Rebellen, die sich ebenfalls in Darfur aufhalten, Hilfe aus Khartum erhalten.

In dem von Unruhen und Rebellenangriffen besonders betroffenen Osten des Tschad ist auch eine Friedenstruppe der EU im Einsatz. Darfur grenzt unmittelbar an diese Krisenregion.

Nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen sind in Darfur bei Angriffen von Milizen und Regierungstruppen gegen die schwarze Bevölkerungsmehrheit schon bis zu 400.000 Menschen getötet worden.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, faz.net