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Somalia: Mogadischu ist befreit

Meldung vom 10.08.2011

Im Stadion drillte die Shabaab-Miliz ihre Kämpfer und enthauptete ihre Feinde. Von hier aus konnte sie die Straßen Mogadischus überwachen. Jetzt wurde sie von den Amisom-Truppen gezwungen, die Stadt zu räumen. Der Hunger unterstützte diesen wichtigen Sieg.

Der Casspir (minengeschütztes, gepanzertes Fahrzeug) holpert langsam über die staubige Straße, umfährt die Panzersperren, schwankt gefährlich. Die drei schweren Maschinenwaffen auf dem Dach des gepanzerten Truppentransporters sind alle bemannt. Die Schützen, Soldaten der ugandischen Armee, haben die Waffen im Anschlag. Immer tiefer dringt das Fahrzeug in die ehedem von der radikalislamischen Shabaab-Miliz beherrschten Stadtteile Mogadischus vor. Die Besatzung ist sichtlich nervös, aus dem Funkgerät tönen unablässig Befehle. Nur der Fahrer lässt sich nicht aus der Ruhe bringen; er hat sich weder mit Schutzweste noch Helm bekleidet.

Es ist Samstag, 6. August, 14.30 Uhr und der Casspir hat sich auf den Weg gemacht, um zu prüfen, ob eine sensationelle Neuigkeit wirklich wahr ist. Al-Shabaab, die somalischen Islamisten mit den guten Verbindungen zu Al-Kaida, sollen in der Nacht zum Samstag nach schweren Kämpfen mit der Friedenstruppe der Afrikanischen Union für Somalia (Amisom) alle ihre Stellungen in Mogadischu verlassen haben, darunter das strategisch wichtige Stadion im Stadtteil Yaadshiid und den Bakara-Markt im Stadtteil Hawl Wadaag. Wenn sich das bewahrheitet, ist in Somalia die Wende eingetreten, auf die keiner mehr zu hoffen gewagt hatte.

Ein befreites Mogadischu
kann theoretisch zu einer sicheren Plattform für die von Hunger bedrohte Bevölkerung werden. Die somalische Übergangsregierung hätte politisch endlich ein wenig Handlungsspielraum, weil sie nicht mehr tagtäglich belagert wird, und es wäre der Beweis, dass das vom Westen gering geachtete militärische Engagement der Afrikanischen Union mit den 9.000 Soldaten aus Uganda und Burundi etwas gebracht hat.

Der Casspir bewegt sich durch den Stadtteil Yaadshiid. Noch zwei Kilometer bis zum Stadion. Seit drei Jahren hat keiner von den Soldaten dieses Gebiet mehr betreten. Das Ausmaß der Zerstörung, die wie in einem Kriegsfilm an den dicken Panzerscheiben vorbeizieht, kann man nicht beschreiben. Alle Häuser liegen in Trümmern, über die Straßen und durch die Gassen wurden Schützengräben ausgehoben, grotesk verdrehte Stahlträger werden zu einem Mahnmal für die tödliche Wucht von Granaten und schwerer Artillerie.

Auf der Zufahrtsstraße zum Stadion hat sich ein alter T-55-Panzer der ugandischen Armee positioniert. Der Motor läuft, die Kanone ist schussbereit. Vereinzelt hallen noch Schüsse. „Das sind Rückzugsgefechte, nichts Ernsthaftes“, meint Major Paul Lokesh, der jungenhafte Kommandeur der ugandischen „Battle Group“.

Ihre schweren Waffen hatten die Kämpfer der Shabaab-Miliz noch in der Nacht auf Lastwagen verladen und sind dann geordnet abgezogen. Ihr Sprecher Ali Mohamed Rage drohte, der Rückzug aus Mogadischu sei der Auftakt für eine „neue militärische Strategie“ und kündigte den „Feinden Allahs“ alsbald eine „besondere Überraschung“ an. Tatsächlich aber ist der Rückzug der Shabaab-Miliz aus Mogadischu das Eingeständnis einer militärischen Niederlage.

Nun haben sie sich abgesetzt, mutmaßlich in Richtung Lower Shabelle,
der Hungerregion im Süden Somalias, die sie nach wie kontrollieren. Man kann damit rechnen, dass Amisom über genaue Fakten verfügt, wo sich die auf 9.000 Mann geschätzten Kämpfer von al-Shabaab gegenwärtig befinden. Schließlich überfliegen Tag und Nacht amerikanische Drohnen Mogadischu, um jede Bewegung der Radikalen aufzuzeichnen. „Es wäre uns ein Leichtes, ihnen nachzusetzen und sie zu schlagen“, argumentiert Major Lokesh. Aber das geht nur, wenn Amisom mehr Truppen zur Verfügung stünden.

6.000 Ugander und 3.000 Burundier haben eine bittere Schlacht um Mogadischu geschlagen,
auch unter Inkaufnahme von mitunter schweren Verlusten. Der ugandische Präsident Yoweri Museveni hat der Afrikanischen Union weitere 20.000 Soldaten in Aussicht gestellt, um den Kampf gegen die Terroristen über das ganze Land auszuweiten. Die Bedingung dafür sei aber, dass der Westen, sprich Amerika und die Europäische Union, die Kosten für die Ausrüstung, den Unterhalt und vor allem den Transport der zusätzlichen Truppen tragen. Doch von dieser Seite herrscht Schweigen, empören sich einträchtig alle Amisom-Offiziere.

„Somalia ist nicht allein ein afrikanisches Problem. Wir kämpfen hier gegen al-Kaida und es wäre hilfreich, wenn die freie Welt uns dabei stärker unterstützen würde“, betont Major Lokesh. Der Oberkommandierende von Amisom, der ugandische General Nathan Mughisa, hat zwei Tage zuvor ebenfalls klare Worte gesprochen: „Ich wünsche mir, ich hätte einen Bruchteil der Summe zur Verfügung, die jeden Monat für die Anti-Piraten-Mission vor der somalischen Küste ausgegeben wird“.

Der Ministerpräsident der somalischen Übergangsregierung beeilte sich natürlich, den Sieg über die Shabaab-Miliz als Verdienst der rund 10.000 somalischen Soldaten zu preisen. Der Präsident dieser ebenso zerstrittenen wie unfähigen Regierung schwelgte schon in der Zukunftsvision, dass „ganz Somalia“ befreit sei. Die ugandischen Offiziere, verschwitzt, verdreckt und erschöpft von den nächtlichen Gefechten, machen bei der Inszenierung mit und bestätigen brav die angeblich entscheidende Rolle der somalischen Soldaten. Der Minister hüpft vor Freude auf und ab.

Dabei meiden sowohl die Burundier als auch die Ugander die Truppen der somalischen Übergangsregierung. Vor zehn Tagen hatten zwei Selbstmordattentäter in Uniformen der somalischen Armee auf einem Amisom-Stützpunkt ein Massaker verübt. Der Truppe der somalischen Übergangsregierung wird kein Vertrauen entgegengebracht.

Einige Soldaten haben die Wende vorausgesehen.Al-Shabaab ist so gut wie erledigt“, hatte Oberst Joseph Nybayemere aus Burundi behauptet, als er die Besucher an die Front eskortierte. „Die haben keine Offensivkraft mehr“, meint Nybayemere und versichert, dass mit mehr Amisom-Truppen die militärische Vernichtung der Shabaab-Miliz nicht nur in Mogadischu, sondern in ganz Somalia nur eine Frage der Zeit sei. Auf die Frage warum, antwortet er: „Weil al-Shabaab die Bevölkerung gegen sich aufgebracht hat. Die haben keinerlei Rückhalt mehr“.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, faz.net

Schlagwörter: Somalia, Mogadischu, Regierungstruppen, Soldaten, Al-Shabaab, Al-Shabaab-Miliz, Großoffensive, Rückzug, Bakara-Markt, Plünderung, Regierungssoldaten, Hunger, Flüchtlinge, Lebensmittelverteilung, AMISOM, Afrikanische Union, Yoweri Museveni, Lower Shabelle