Kenia: Flüchtlinge werden an der Grenze zurückgewiesen

 
Meldung vom 11.08.2011

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die kenianische Regierung ermahnt, alle Flüchtlinge aus Somalia aufzunehmen. Mehrere tausend Somalis seien in den vergangenen Tagen von kenianischen Grenzsoldaten nicht über die Grenze gelassen worden, als sie versuchten, zu dem Flüchtlingslager Dadaab zu gelangen. „Wer Kriegs- und Hungerflüchtlingen die Zuflucht verweigert, verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und das humanitäre Völkerrecht“, warnte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen.

Die internationale Menschenrechtsorganisation wandte sich an die internationale Gemeinschaft mit der Aufforderung, Militäroffensiven der somalischen Armee, die die Not der Hungernden vergrößern, nicht länger zu unterstützen. Stattdessen solle darauf Einfluss genommen werden, dass den Notleidenden aus Somalia eine Fluchtmöglichkeit in das Nachbarland offen stehen bleibt.

Kenias Behörden wiesen die Einrichtung eines vierten Flüchtlingslagers in Dadaab nahe der Grenze zu Somalia zurück. Dort will das Hochkommissariat für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) 90.000 neue Flüchtlinge ansiedeln, mit denen in den kommenden drei Monaten gerechnet wird. Trotzdem die Grenze stärker kontrolliert wird und viele somalischen Flüchtlinge abgewiesen werden, gelingt jeden Tag rund 1.500 Somalis die Flucht nach Kenia, so die GfbV.

Die humanitäre Lage der an der Grenze abgewiesenen Hunger- und Kriegsflüchtlinge wird der GfbV zufolge immer dramatischer, da internationale Helfer kaum zu ihnen vordringen können. Sie seien völlig unterernährt, nahe am Verdursten und von tagelanger Flucht geschwächt. Unter dem Eindruck der immer katastrophaleren Zustände an der Grenze flüchteten sich viele Abgewiesene in die weiter im Inland Somalias gelegene Stadt Dobley. Dort suchen sie verzweifelt nach Nahrungsmitteln. Doch die Stadt ist dem Flüchtlingsansturm überhaupt nicht gewachsen.

Zurzeit hausen 397.000 Flüchtlinge aus Somalia in den drei hoffnungslos überfüllten Lagern von Dadaab, meldet die GfbV. 116.000 von ihnen sind erst in diesem Jahr dort angekommen. Der Flüchtlingsstrom nahm seit Anfang Juni 2011 deutlich zu. 76.000 Menschen wurden seitdem in den Lagern registriert.

Kenia gibt zu, dass das Land mit der Betreuung der Flüchtlinge überfordert ist und bangt um seine Sicherheit. Radikal islamische Milizionäre treiben sich unerkannt in den Lagern umher, um dort neue Kämpfer anzuwerben. Außerdem schaffe die große Zahl von Flüchtlingen Spannungen unter der einheimischen Bevölkerung.

Gegenüber einer Delegation ausländischer Botschafter, die Anfang der Woche die Lager in Dadaab inspizierten, hatten die Provinzbehörden nochmals unterstrichen, dass sie die Eröffnung eines vierten Flüchtlingslagers nicht erlauben würden. „Kenia trägt heute die Hauptbürde des Bürgerkrieges in Somalia“, ergänzt Delius. „Dringend braucht das Land mehr internationale Hilfe, um diese Mammutaufgabe bewältigen zu können.“


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Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Entwicklungspolitik Online“, epo.de