Afghanistan: Regierung unter Druck – Präsident Karsai ist angeschlagen |
Meldung vom 22.09.2011
Die Menschen in Afghanistan haben immer weniger Hoffnung, dass Karsai den Verfall im Land aufhalten kann. Weder die afghanische Polizei noch das Militär seien in der Lage, das scharf bewachte Botschaftsviertel vor den Angriffen der Taliban zu beschützen, geschweige denn das ganze Land.
„Ich hätte nie gedacht, dass er eines Tages unser Präsident wird“, sagt Assadullah Fallah und lacht. Der 52-Jährige Weggefährte von Hamid Karsei hat vor Jahren mit ihm zusammen gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan gekämpft. Doch für Fallah ist der Kampf nicht zu Ende. Der „Commander“, wie er auch heute noch respektvoll genannt wird, sorgt sich um sein Land. „Es wird wieder Bürgerkrieg geben“, sagt er.
Der hochgewachsene Mann mit den weißen Haaren und dem akkurat geschnittenen Bart sitzt auf bunten Teppichen in seinem Haus in einer besseren Gegend in Kabul: Es gibt grünen Tee und Wassermelonen.
„Ich habe mir Ruhe erhofft“, sagt Fallah. Er ist nicht zufrieden. Mitte Juli hat die Nato damit begonnen, ihre Truppen vom Hindukusch abzuziehen. Sieben Gebiete sind seither in die Sicherheitsverantwortung der afghanischen Kräfte übergegangen. Noch hat der Westen mehr als 130.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Die Rechtfertigung dieses Einsatzes wird immer schwieriger und die Verluste werden größer.
Bis zum Jahr 2014 will die Nato daher ihre Truppen vollständig nach Hause holen. Die Zeit drängt, und Fallah ist besorgt. „35 Jahre habe ich für mein Land gekämpft. Jetzt bin ich ein alter Mann, aber ich muss weitermachen“, sagt er resigniert.
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes diente Fallah als Provinzgouverneur in Farah im Westen Afghanistans. Heute hat er kaum mehr Hoffnung, dass die Regierung von Karsai den Verfall aufhalten kann. Afghanische Polizei und Militär könnten ja nicht einmal mehr das hoch gesicherte Botschaftsviertel vor Angriffen der Taliban beschützen, geschweige denn das ganze Land.
„Die ganze Regierung wird zusammenbrechen, wenn dieser Guerillakrieg weitergeht“, so Fallah. Einer nach dem Anderen werden gegenwärtig die wichtigsten Leute getötet, zuletzt Burhanuddin Rabbani, der Vorsitzende des Hohen Friedensrates.
Dieser sollte mit den Taliban nach Möglichkeiten der Aussöhnung suchen. Sein Tod schwächt die Regierung. Aber noch entscheidender, ist Fallah überzeugt, war der Mord an Ahmed Wali Karsai, dem Bruder des Präsidenten. „Ahmed“, sagt Fallah. „war sehr einflussreich im Süden des Landes. Ohne ihn wird es schwierig für Karsai.“
Ahmed Wali Karsai wurde Mitte Juli in seinem Haus in Kandahar von einem eng mit der Familie befreundeten Bodyguard getötet. Mörder und Ermordeter stammten beide aus Karz, einem Dorf am Rande von Kandahar, wo die Familie Karsais beheimatet ist. Der Tod seines Bruders ist ein schwerer Schlag für den Präsidenten, der bereits einige Verbündete im unruhigen Süden verloren hat.
Immer dann, wenn von Hamid Karsai die Rede ist, kommt auch seine Familie zur Sprache. Viele halten ihren Präsidenten für einen netten, aber schwachen Mann, der schon als Kind hinter seinen Geschwistern zurückblieb. Seine Brüder wurden in die USA geschickt, er blieb als Einziger in Afghanistan. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen floh Hamid Karsai ins pakistanische Peshawar.
Dort begegneten sich Fallah und Karsai zum ersten Mal, nach dem Kollaps des prosowjetischen Nadschibullah-Regimes 1992 kreuzten sich ihre Wege erneut. Beide dienten damals als Politiker in der Interimsregierung. „Zu der Zeit waren wir befreundet“, erinnert sich Fallah. Heute sei Karsai schlechtem Einfluss ausgesetzt.
Er wisse nicht, wer sein Freund und wer sein Feind sei. Er habe gefährliche, extremistische Wegbegleiter wie Gulbuddin Hekmatyar. Der 60-Jährige gilt als einer der brutalsten Kriegsfürsten Afghanistans. Aber Bestechlichkeit wirft Fallah Karsai nicht vor, dafür gebe es keine Belege.
Nach offiziellen Angaben hat Karsai ein Monatseinkommen von etwa 500 Euro und besitzt weder Land noch sonstige Werte. Korruption ist in Afghanistan weit verbreitet. Auf dem Transparency-Index für Bestechlichkeit belegt das Land den vorletzten Platz. Die politische Riege hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf beispiellose Art und Weise bereichert.
Eine Ausnahme ist Ramasan Bashardost. Der 50jährige Politiker fährt im schäbigen Taxi, während andere in gepanzerten Limousinen unterwegs sind. Der ehemalige Planungsminister Karsais ist eine wichtige Stimme im Parlament in Kabul.
Er geht gegen Kriminalität und Korruption vor, und er ist furchtlos. Die Leute mögen ihn. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen kam der Mann mit dem Gandhi-Image auf Platz drei. Bashardost ist Angehöriger der Hasara, einer ethnischen Minderheit, die in Afghanistan diskriminiert wird.
Er lebt bescheiden ohne Luxus und empfängt die Menschen in einem kleinen Zelt auf der Darulaman-Straße gegenüber dem Parlamentsgebäude. Weit entfernt sieht man die Überreste des alten Königspalastes – Symbol für ein Land, dessen Geschichte voll von Krieg und Zerstörung ist.
Fünf Jahre schon dauerten die Arbeiten an der Straße, berichtet Bashardost, doch nichts werde fertig. „Alles wegen der Korruption.“ Das Unternehmen, das die Fahrbahn neu asphaltieren soll, habe bereits vier Mal gewechselt. Den Auftrag bekomme der, der den Beamten der Straßenbaubehörde genug zahle, bis ein Anderer mehr biete.
Bashardost hat keine schlechte Meinung von Präsident Karsai: „Er ist ein sehr netter Mann.“ Doch auch Bashardost ist besorgt um die Zukunft Afghanistans. Die Regierung sei schwach und die Sicherheitslage katastrophal. „Es ist kaum möglich, sich die Situation schlimmer als heute vorzustellen.“ Wenn Ziele mitten in Kabul angegriffen würden, dann sei das Krieg.
Bashardost glaubt nicht, dass Karsais Regierung nach dem Abzug der westlichen Truppen noch Bestand haben wird. Ihr würden dann die finanziellen Mittel fehlen. Ohne die USA habe Karsai nicht genug Geld, um seine Stellung zu behaupten. Der Politiker glaubt, dass nach dem Nato-Abzug die Taliban wieder die Macht ergreifen könnten. Die Möglichkeit eines Friedensabkommens zwischen Karsai und den Taliban bezweifelt Bashardost. Die islamistischen Kämpfer würden Karsai nicht akzeptieren, wenn sie wieder an der Macht seien. Die afghanische Regierung habe zu viele Taliban getötet.
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de
„Ich hätte nie gedacht, dass er eines Tages unser Präsident wird“, sagt Assadullah Fallah und lacht. Der 52-Jährige Weggefährte von Hamid Karsei hat vor Jahren mit ihm zusammen gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan gekämpft. Doch für Fallah ist der Kampf nicht zu Ende. Der „Commander“, wie er auch heute noch respektvoll genannt wird, sorgt sich um sein Land. „Es wird wieder Bürgerkrieg geben“, sagt er.
Der hochgewachsene Mann mit den weißen Haaren und dem akkurat geschnittenen Bart sitzt auf bunten Teppichen in seinem Haus in einer besseren Gegend in Kabul: Es gibt grünen Tee und Wassermelonen.
„Ich habe mir Ruhe erhofft“, sagt Fallah. Er ist nicht zufrieden. Mitte Juli hat die Nato damit begonnen, ihre Truppen vom Hindukusch abzuziehen. Sieben Gebiete sind seither in die Sicherheitsverantwortung der afghanischen Kräfte übergegangen. Noch hat der Westen mehr als 130.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Die Rechtfertigung dieses Einsatzes wird immer schwieriger und die Verluste werden größer.
Bis zum Jahr 2014 will die Nato daher ihre Truppen vollständig nach Hause holen. Die Zeit drängt, und Fallah ist besorgt. „35 Jahre habe ich für mein Land gekämpft. Jetzt bin ich ein alter Mann, aber ich muss weitermachen“, sagt er resigniert.
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes diente Fallah als Provinzgouverneur in Farah im Westen Afghanistans. Heute hat er kaum mehr Hoffnung, dass die Regierung von Karsai den Verfall aufhalten kann. Afghanische Polizei und Militär könnten ja nicht einmal mehr das hoch gesicherte Botschaftsviertel vor Angriffen der Taliban beschützen, geschweige denn das ganze Land.
„Die ganze Regierung wird zusammenbrechen, wenn dieser Guerillakrieg weitergeht“, so Fallah. Einer nach dem Anderen werden gegenwärtig die wichtigsten Leute getötet, zuletzt Burhanuddin Rabbani, der Vorsitzende des Hohen Friedensrates.
Dieser sollte mit den Taliban nach Möglichkeiten der Aussöhnung suchen. Sein Tod schwächt die Regierung. Aber noch entscheidender, ist Fallah überzeugt, war der Mord an Ahmed Wali Karsai, dem Bruder des Präsidenten. „Ahmed“, sagt Fallah. „war sehr einflussreich im Süden des Landes. Ohne ihn wird es schwierig für Karsai.“
Ahmed Wali Karsai wurde Mitte Juli in seinem Haus in Kandahar von einem eng mit der Familie befreundeten Bodyguard getötet. Mörder und Ermordeter stammten beide aus Karz, einem Dorf am Rande von Kandahar, wo die Familie Karsais beheimatet ist. Der Tod seines Bruders ist ein schwerer Schlag für den Präsidenten, der bereits einige Verbündete im unruhigen Süden verloren hat.
Immer dann, wenn von Hamid Karsai die Rede ist, kommt auch seine Familie zur Sprache. Viele halten ihren Präsidenten für einen netten, aber schwachen Mann, der schon als Kind hinter seinen Geschwistern zurückblieb. Seine Brüder wurden in die USA geschickt, er blieb als Einziger in Afghanistan. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen floh Hamid Karsai ins pakistanische Peshawar.
Dort begegneten sich Fallah und Karsai zum ersten Mal, nach dem Kollaps des prosowjetischen Nadschibullah-Regimes 1992 kreuzten sich ihre Wege erneut. Beide dienten damals als Politiker in der Interimsregierung. „Zu der Zeit waren wir befreundet“, erinnert sich Fallah. Heute sei Karsai schlechtem Einfluss ausgesetzt.
Er wisse nicht, wer sein Freund und wer sein Feind sei. Er habe gefährliche, extremistische Wegbegleiter wie Gulbuddin Hekmatyar. Der 60-Jährige gilt als einer der brutalsten Kriegsfürsten Afghanistans. Aber Bestechlichkeit wirft Fallah Karsai nicht vor, dafür gebe es keine Belege.
Nach offiziellen Angaben hat Karsai ein Monatseinkommen von etwa 500 Euro und besitzt weder Land noch sonstige Werte. Korruption ist in Afghanistan weit verbreitet. Auf dem Transparency-Index für Bestechlichkeit belegt das Land den vorletzten Platz. Die politische Riege hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf beispiellose Art und Weise bereichert.
Eine Ausnahme ist Ramasan Bashardost. Der 50jährige Politiker fährt im schäbigen Taxi, während andere in gepanzerten Limousinen unterwegs sind. Der ehemalige Planungsminister Karsais ist eine wichtige Stimme im Parlament in Kabul.
Er geht gegen Kriminalität und Korruption vor, und er ist furchtlos. Die Leute mögen ihn. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen kam der Mann mit dem Gandhi-Image auf Platz drei. Bashardost ist Angehöriger der Hasara, einer ethnischen Minderheit, die in Afghanistan diskriminiert wird.
Er lebt bescheiden ohne Luxus und empfängt die Menschen in einem kleinen Zelt auf der Darulaman-Straße gegenüber dem Parlamentsgebäude. Weit entfernt sieht man die Überreste des alten Königspalastes – Symbol für ein Land, dessen Geschichte voll von Krieg und Zerstörung ist.
Fünf Jahre schon dauerten die Arbeiten an der Straße, berichtet Bashardost, doch nichts werde fertig. „Alles wegen der Korruption.“ Das Unternehmen, das die Fahrbahn neu asphaltieren soll, habe bereits vier Mal gewechselt. Den Auftrag bekomme der, der den Beamten der Straßenbaubehörde genug zahle, bis ein Anderer mehr biete.
Bashardost hat keine schlechte Meinung von Präsident Karsai: „Er ist ein sehr netter Mann.“ Doch auch Bashardost ist besorgt um die Zukunft Afghanistans. Die Regierung sei schwach und die Sicherheitslage katastrophal. „Es ist kaum möglich, sich die Situation schlimmer als heute vorzustellen.“ Wenn Ziele mitten in Kabul angegriffen würden, dann sei das Krieg.
Bashardost glaubt nicht, dass Karsais Regierung nach dem Abzug der westlichen Truppen noch Bestand haben wird. Ihr würden dann die finanziellen Mittel fehlen. Ohne die USA habe Karsai nicht genug Geld, um seine Stellung zu behaupten. Der Politiker glaubt, dass nach dem Nato-Abzug die Taliban wieder die Macht ergreifen könnten. Die Möglichkeit eines Friedensabkommens zwischen Karsai und den Taliban bezweifelt Bashardost. Die islamistischen Kämpfer würden Karsai nicht akzeptieren, wenn sie wieder an der Macht seien. Die afghanische Regierung habe zu viele Taliban getötet.
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de