Südafrika: Strahlende Aussichten – Energiedebatte tobt

Meldung vom 10.10.2011

Die Atomkatastrophe von Fukushima ist noch nicht abgeschlossen und schon will Südafrika den Bau neuer Reaktoren vorantreiben, um den wachsenden Energiebedarf zu stillen. Kleinere Nationen wollen dem nacheifern. Südafrika kommt schon seit Jahren dem Energiebedarf seiner wachsenden Volkswirtschaft kaum mehr nach. Und ist damit nur ein Paradebeispiel für alle Länder Afrikas. Nach Angaben der Weltbank sind 30 Länder des Kontinents „mit einer akuten Energiekrise“ konfrontiert, nur einer von vier Afrikanern verfügt über Zugang zu Strom.

Besonders südlich der Sahara ist die Infrastruktur kaum erschlossen – in Ländern wie Mali sind abseits der Städte nur 13 Prozent der Menschen an das Netz angeschlossen. Und das ist einer der Hauptgründe, warum Afrika kaum vom Fleck kommt. Die Kausalkette ist lang: Kein Strom bedeutet keine Investitionen, keine neuen Arbeitsplätze, weniger Steuereinnahmen für den Staat, kaum technische Entwicklung und zu wenig Finanzen für Bildung. Auch bei der Gesundheit macht sich der Strom-Mangel bemerkbar. Mediziner setzen etwa die Folgen des mehrstündigen Einatmens von Petroleum, das auf dem Land für Lampen verwendet wird, mit dem Konsum von zwei Schachteln Zigaretten gleich. Der Tod Tausender Menschen lässt sich jedes Jahr darauf zurückführen.

Bei der Energiedebatte haben sich deshalb viele Länder darauf versteift, den Bau von Atomkraftwerken anzustoßen. Das ist nicht überraschend, zumal Afrika über 18 Prozent der weltweiten Uran-Vorkommen verfügt. Die bisher einzigen beiden Reaktoren des Kontinents befinden sich in Koeberg, 30 Kilometer nördlich von Kapstadt. Sie stellen fünf Prozent des südafrikanischen Bedarfs her. Die Pläne von zehn afrikanischen Ländern, dem Beispiel Südafrikas zu folgen, wurden nach der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima stillgelegt – allerdings nur für ein paar Monate. Mitte September veröffentlichten Südafrika und Nigeria, die größten Volkswirtschaften des Kontinents, beinahe zeitgleich neue Atomprogramme.

Die südafrikanische Energieministerin Dipuo Peters stellte den Entwurf für weitere Reaktoren vor. Das Kabinett werde noch in diesem Jahr eine Entscheidung dazu fällen, sagte sie, „die Ausschreibung wird Anfang nächsten Jahres hinausgehen“. Der erste Strom soll im Jahr 2024 in das Netz fließen. 9.600 Megawatt (MW) sind vorgesehen – ein Viertel des bisherigen Stromverbrauchs.

Doch es gibt auch Gegner, zumal die Sicherheitslage besonders in Nigeria instabil ist und Atomkraftwerke eine Zielscheibe für Terrorangriffe darstellen. In Südafrika ist die Situation zwar nicht so gefährlich. Doch Skeptiker und Umweltschützer bezweifeln, ob für Südafrika unbedingt Atomkraft die beste Lösung ist. Rianne Teule von der Umweltorganisation Greenpeace Afrika meint dazu: Nein, es gebe sichere und umweltfreundlichere Alternativen. „Südafrika hat große erneuerbare Energieressourcen – Wind, Wasserkraft und Solarenergie“, erklärt sie. „Und wir haben die Chance, eine grün geprägte Energie-Wirtschaft zu schaffen, die bis zu 50 Mal mehr Arbeitsplätze sichert, als wenn wir auf Atomkraft setzen.“ Erneuerbare Energien werden immer günstiger, aber das gilt auch für den Preis von Atomanlagen, mit der Afrikas Bedarf schneller zu befriedigen wäre.

Die Debatte läuft auf Hochtouren. Ein Atomunfall würde im strukturschwachen Afrika ein noch größeres Desaster als in einer Industrienation wie Japan anrichten, dämpft Peter Becker den Enthusiasmus Südafrikas. Er ist Sprecher der Bürgerinitiative Koeberg Alert, die seit 1983 gegen das südafrikanische Kernkraftwerk kämpft. Das Werk war errichtet worden, als das Apartheid-Regime angesichts der zunehmenden Sanktionen um seine Energiesicherheit fürchten musste. Wahrscheinlich wird es auf den Bau weiterer Atomkraftwerke hinauslaufen. Denn angesichts der Wirtschaftskrise, Aids und der Arbeitslosigkeit siegt die schnellere Lösung, und viele Südafrikaner wollen sich nicht auch noch mit dem Risiko eines atomaren Unfalls auseinander setzen.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de