Uganda: Ölblase geplatzt – drei Minister in Schmiergeldaffaire verwickelt

Meldung vom 14.10.2011

In Uganda wurde ein skandalöser Bestechungsfall aufgedeckt. Seitdem ist die ugandische Öffentlichkeit empört. 100 Millionen Dollar soll eine britische Ölfirma drei Ministern in Uganda für Ölgeschäfte bezahlt haben. Deren Kontoauszüge wurden im Parlament offengelegt. Und selbst im Fernsehen wurden die Kontoauszüge gezeigt.

Schockiert starrten die Ugander in den vergangenen Tagen in Straßencafés und Kneipen auf den Bildschirm. Was dort live vom staatlichen Fernsehsender ausgestrahlt wurde, war einfach unglaublich: Ein junger unabhängiger Abgeordneter steht am Rednerpult des Parlaments und hält Dokumente in die Höhe. Gerald Karuhanga, Jugendvertreter aus Westuganda – der bisher völlig unbekannt war –, beschuldigt drei der mächtigsten Männer des Landes der Korruption. Unverzagt fordert er deren Rücktritt. Vor ihm sitzen eben diese mächtigen Minister.

Es handelt sich um Außenminister Sam Kutesa, Premierminister Amama Mbabazi und den Exenergieminister und jetzigen Innenminister Hillary Onek. Alle drei galten bislang als unantastbare Potentaten, enge Vertraute von Präsident Yoweri Museveni und dessen aufgestellte Nachfolger.

Doch Kutesa gerät ins Schwitzen, als Karuhanga die Beweise vorlegt: Auszüge von Kutesas Konto bei der African Development Bank, vom Juni und Juli 2010. Die eingehenden Summen sind skandalös: 500.000 Euro am 4. Juni, 1,5 Millionen an 10. Juni, weitere 1,5 Millionen am 21. Juni, 5 Millionen Euro am 6. Juli, 3,5 Millionen Euro am 8. Juli. Die Aufzählung lässt sich fortführen.

Insgesamt 17,5 Millionen Euro soll auf das Privatkonto des Außenministers geflossen sein. Das Schmiergeld stammt von der an der Londoner Börse gelisteten Ölfirma Tullow. Ex-Ölminister Onek habe von dem gleichen Absender 5,6 Millionen erhalten. Insgesamt, so die Anschuldigung, habe Tullow bis zu 100 Millionen Dollar Bestechung eingesetzt, um im vergangenen Jahr die Erschließungslizenzen der kanadischen Firma Heritage für sich zu verbuchen.

Dass Ugandas Ölgeschäfte mit Zuwendungen in private Taschen abgewickelt wurden, das überraschte niemanden. Immerhin drang über die Verträge jahrelang nichts an die Öffentlichkeit. Selbst die Abgeordneten im Energieausschuss waren nicht eingeweiht. Präsident Museveni hatte die Ölgeschäfte für sich reserviert. Doch bereits Wikileaks hatte im Dezember 2010 erste Hinweise auf Schmiergelder im Ölgeschäft an den damaligen Innenminister Mbabazi durchsickern lassen. Mbabazi war nach den Wahlen im Februar 2011 zum Premierminister avanciert.

Ugandas Ölvorkommen sind zum Teil noch unerschlossen. Seit 2006 werden im Albertinen-Graben an der Grenze zur DR Kongo Probebohrungen durchgeführt. Zwei Milliarden Barrel vermutet man dort. Bei Bestätigung eines solches Funds würde Uganda unter die 50 Öl produzierenden Staaten aufsteigen. Die britische Firma Tullow hat sich seit der umstrittenen Lizenz-Übernahme von Heritage im Albertinen-Graben im vergangenen Jahr drei Blöcke für Probebohrungen gesichert.

Tullow zögerte zunächst mit einer Stellungnahme zu den Anschuldigungen. Mbabazi las jedoch zu seiner eigenen Verteidigung im Parlament einen Brief des Tullow-Chefs Aidan Heavey vor: „Die Anschuldigungen sind falsch und scheinen von einem Missverständnis herzurühren, wie die globale Öl- und Gasindustrie arbeitet.“ Tatsächlich galt Tullow bislang eher als eine der seriösen Firmen in der Ölbranche. Jetzt aber hat Scotland Yard mit Untersuchungen des Falls Tullow begonnen.

Tatsächlich fragt man sich in Uganda, wie die Beweise in die Hand eines jungen unabhängigen Abgeordneten gelangten, der bislang als ein Niemand galt. Zahlreiche Gerüchte kursieren: Sind die Kontoauszüge gefälscht, um Konkurrenten von Museveni auszuschalten? Sind sie original und wurden Karuhanga strategisch von jemandem zugespielt? Wie auch immer dieser Skandal ans Licht der Öffentlichkeit drang, an ihm wird sich ein Wendepunkt in Ugandas Politik festmachen. Der Fall bedeutet das politische Aus für gleich drei mögliche Nachfolger von Museveni, der seit 26 Jahren an der Macht ist und sich diesem Skandal geschickt entzieht.

Nach zwei Tagen heftiger Auseinandersetzungen beschloss Ugandas Parlament schließlich, alle anstehenden Verkaufsverhandlungen zwischen Tullow, Chinas CNOOC und Total stillzulegen, bis der Angelegenheit auf den Grund gegangen wurde. Es dürfen keine weiteren Geschäfte getätigt werden, bis ein neues Öl-Gesetz beschlossen wurde. Ein Untersuchungsausschuss soll einberufen werden. Minister Onek hat seinen Rücktritt erklärt. Ugandas Öl-Blase ist vorerst zerplatzt.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de