Afghanistan: Auf gute Nachbarschaft – Sicherheitskonferenz in Istanbul

Meldung vom 02.11.2011

Auch die Nachbarländer von Afghanistan stehen vor großen Veränderungen, wenn die NATO nun schrittweise bis 2014 ihre Streitkräfte aus Afghanistan abzieht. Derzeit treffen sich 14 Staaten in Istanbul, um über die Zukunft Afghanistans zu beraten.

Besonders das Nachbarland Pakistan spielt eine wichtige Rolle bei der Sicherheitslage Afghanistans. Heute sei jedem klar, meint der afghanische Politikexperte Haroon Mir, dass Pakistan „nicht nur kein Partner in diesem Krieg, sondern Teil des Problems ist. Wir sind überzeugt, dass das Land die Taliban unterstützt – insbesondere das Haqqani-Netzwerk.“ Ein Verdacht, den nicht nur Mir hegt, sondern unlängst auch US-Stabschef Mike Mullen. Die mögliche Strategie des pakistanischen Geheimdienstes, die dahinter steckt: Wenn die USA und der Westen bald die Region räumen, dann sichert man sich am besten jetzt schon einen Partner, um weiterhin Einfluss auf das Nachbarland zu haben. Das kommen nur die Taliban in Frage.

Pakistans Außenministerin Hina Khar behauptet zwar, es gebe „kein Land, das mehr zu verlieren hat, wenn Afghanistan instabil ist, als Pakistan.“ Sie versicherte der US-Außenministerin Hillary Clinton: „Lassen Sie mich klarstellen, dass Pakistans Interesse in Afghanistan sich darauf beschränkt, dass es stark und stabil ist.“ Der Haken an der Sache ist nur, dass nicht die Außenministerin, sondern das Militär den politischen Kurs bestimmt. Zudem dürfte es für Pakistan nach wie vor eine weitaus höhere Priorität sein, den Einfluss des Erzfeinds Indien in Afghanistan so gering wie möglich zu halten.

Indien allerdings strebt mit aller Macht dorthin. Vor wenigen Wochen schloss Afghanistans Präsident Hamid Karzai in Neu Delhi eine strategische Partnerschaft mit Indien. Diese wende sich aber nicht gegen irgendein anderes Land, betonte Karzai. „Hier geht es darum, dass Afghanistan von der Stärke Indiens profitiert, und darum, dass Afghanistan die Möglichkeiten ausnutzt, die Indien hat, um unser Leben zu verbessern.“

Zwar bedeutet das nicht, dass nun indische Soldaten in Afghanistan Fuß fassen, aber umgekehrt werden afghanische Polizisten und Soldaten nun in Indien ausgebildet. Alles Dinge, die so manchen pakistanischen General stark provoziert haben dürften. Bestätigen sie doch die Ur-Angst, Pakistan könne zwischen zwei feindlichen Nachbarn erdrückt werden.

Und nun lauten die Schlagzeilen in den Medien, die indische Regierung fördere eine Bahntrasse aus reichen afghanischen Eisenerz-Gebieten in den Iran – zu einem der Häfen, die dort mit indischer Hilfe gebaut werden. Das entspräche dem, was vor wenigen Wochen Premier Manmohan Singh mit Karzai abmachte: „Wir haben zwei Absichtserklärungen beschlossen. Dabei geht es um Zusammenarbeit bei den Themen Bergbau und Kohlenwasserstoff. Das hebt unsere wirtschaftlichen Beziehungen in eine neue Dimension.“

Auch China ist als Regionalmacht an dem Entwicklungsprozess Afghanistans beteiligt. Schon jetzt fördert der Wirtschaftsriese in Afghanistan in aller Ruhe Bodenschätze für sich selbst. Ironischerweise wird diese lukrative Arbeit von US-Militärs geschützt, wie manche hinter vorgehaltener Hand lästern.

Auch der Iran verfolgt seine Interessen mit Afghanistan. Traditionell als Schiiten erbitterte Taliban-Feinde, sollen die Iraner den Aufständischen trotzdem in geringem Ausmaß über Jahre finanzielle Mittel zugeschoben haben. Einen US-Erfolg im Nachbarland würde der Iran gerne verhindern.

Wenn sich nun die Regionalmächte in Istanbul an den Verhandlungstisch begeben, ist das kein schlechtes Zeichen. Auch wenn danach das Tauziehen um Afghanistan nicht aufhören wird.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de