Afghanistan-Konferenz: Fazit – „Zahlen und Hoffen!“

 
Meldung vom 06.12.2011

Auch nach Abzug ihrer Truppen werden die westlichen Länder Afghanistan zur Seite stehen, mindestens 10 Jahre fordert der afghanische Präsident Hamid Karzai. Bei der Konferenz in Bonn wurde weitere Unterstützung fest versprochen. An die Milliardenhilfe knüpfte man allerdings Bedingungen: Mühsam wurden dem Land wenigstens ein paar Zusagen für weitere Reformen abgenötigt.

Das Thema Afghanistan wird auch lange nach dem geplanten Abzug der internationalen Truppen auf der Prioritätenliste der Staatengemeinschaft stehen. Bei der Afghanistan-Konferenz, zehn Jahre nach dem ersten Treffen dieser Art, stellte die Gemeinschaft der am Hindukusch engagierten Staaten dem Land langfristige Hilfe in Aussicht: beim weiteren Aufbau der Armee, anderer Sicherheitsbehörden und für das Staatswesen. Diese Unterstützung soll mindestens noch zehn Jahre nach dem Jahr 2014 fortlaufen, die Diplomaten riefen damit die „Dekade der Transformation“ für Afghanistan ins Leben.

Dafür versuchte man alles, um die Afghanen in nervenaufreibenden Verhandlungen zu verbindlichen Zusagen für Reformen des korrupten Staatsapparats und im Justizsystem zu bewegen. Die Zukunft steht dann ganz unter dem Motto „Zahlen und Hoffen“. Tenor der Konferenz ist Hoffnung um jeden Preis. Rückschläge sind bei der zu erwartenden Rechnung für die kommenden Jahre durchaus verbucht.

Der Westen richtet sich auf immense Zahlungen ein, die Afghanistan auf seinem schwierigen Weg helfen sollen. Zehn Milliarden Dollar, das jedenfalls geben die afghanischen Regierungsmitglieder an, wird das Land allein in den ersten Jahren für den weiteren Aufbau der Armee und der Polizei benötigen. Präsident Hamid Karzai verdeutlichte vorsorglich, dies sei zwar viel Geld, aber doch für den Westen weitaus günstiger als das bisherige Engagement mit zehntausenden Soldaten.

Die Finanzierung der neuen Phase stand in Bonn noch nicht zur Debatte. Schon jetzt ist aber klar, dass es um die Finanzierung ein ebenso großes Ringen wie um die Abschlusserklärung geben wird. Die USA wollen nur rund drei Milliarden zu der weiteren Afghanistan-Mission beisteuern. Der Rest soll von anderen Nationen gezahlt werden. Damit ist für eine neuerliche Geberkonferenz, die im Sommer 2012 in Tokio stattfinden soll, noch reichlich Diskussionsstoff vorhanden.

Die Abschlusserklärung legt Folgendes fest:

1. Die afghanische Regierung verpflichtet sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, der Wahrung der Menschen- und speziell der Frauenrechte.

2. Der Kampf gegen die Korruption wird in dem Dokument sogar zur „Schlüsselpriorität“ erhoben.

3. Ebenso wird Afghanistan dazu aufgefordert, die bereits bei einer vorherigen Konferenz in Kabul gelobten Versprechen zu erfüllen. Indirekt steht damit die Aussage im Raum, dass bisher in diesen Fragen nichts passiert ist.

Die Reaktionen der Beteiligten konnten nicht anders sein als bedingungslos optimistisch. Am Ende habe man mehr erzielt als möglich erschien, so Stimmen aus der Delegation. Vor allem die gegenseitige Verpflichtung sei ein wichtiger Ausgangspunkt. Die Formulierungen erlaubten sogar, Geldzahlungen an die Afghanen von Reformen in ihrem Land abhängig zu machen, betonte einer der internationalen Diplomaten. Mit der Erklärung sei zumindest eine klare Linie für die kommenden Jahre vorgegeben.

Bei allem Beifall für die Einigung traten die großen Defizite der Konferenz fast in den Hintergrund. Gerade die sogenannte politische Lösung, also einem Kompromiss mit der politischen Führung der Taliban und der Kabuler Regierung, wurde mit keiner Silbe aufgegriffen. Im Gegenteil: Nachdem Pakistan wegen Ärger um einen Angriff auf seine Grenzkontrollpunkte seine Teilnahme absagte, ließ sich der entscheidende Partner für eine solche Lösung in Bonn gar nicht blicken.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de