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Südafrika: Regierungspartei ANC feiert 100-jähriges Bestehen

 
Meldung vom 09.01.2012

Durch Nelson Mandela wurde sie in der ganzen Welt bekannt und nun feiert sie Geburtstag: Südafrikas Regierungspartei ANC wird 100. Aus diesem Anlass wurde kräftig gefeiert und an glorreichere Jahre der Geschichte gedacht. Das kraftvolle Erbe der Befreiungsbewegung von Nelson Mandela strahlt immer noch auf die Gegenwart aus. Um kurz vor 23 Uhr nähert sich Ruth Mompati langsam dem Mikrofon. Kronleuchter geben dem ganzen Saal eine festliche Beleuchtung, an 194 Tischen haben sich einige der mächtigsten Politiker Afrikas eingefunden.

Vor Mompati, dieser erhabenen Vertreterin des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), haben bereits die Staatsoberhäupter aus Mosambik, Namibia und Uganda eine Rede gehalten. Sie lobten die Verdienste der Partei im Kampf gegen die Apartheid emphatisch. Der ANC feiert in Bloemfontein in seinen 100. Geburtstag hinein, in jener Stadt, wo im Jahr 1912 traditionelle Führer und Intellektuelle die Organisation ins Leben riefen. Es ist ein Abend der Wertschätzung für die älteste Befreiungsbewegung des Kontinents.

Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat in der ersten Reihe Platz genommen. Bislang hat er die Reden lächelnd verfolgt. Sein schon zu Lebzeiten legendärer Vorvorgänger Nelson Mandela ist schwer krank und hat sich seit der Eröffnung der Fußball-WM 2010 öffentlichen Auftritten fern gehalten. Auch diesen Feierlichkeiten wohnt er nicht mehr bei.

Mompati war in den 50er-Jahren Sekretärin im Anwaltsbüro von Nelson Mandela, später avancierte sie zu einer der wichtigsten Frauenrechtlerinnen Afrikas. Stolze 86 Jahre ist sie alt, die Schritte sind etwas unsicher geworden – nicht aber die Stimme.

„100 Jahre, das ist nicht wichtig“, sagt sie, nein, es ist fast ein Ruf, „viel wichtiger ist, dass wir endlich aus unserem Schlaf aufwachen.“ Sie erinnere sich an die Zeit, als die Menschen miteinander auf die Straße gegangen seien, sich für einander eingesetzt hätten, den selbstlosen Einsatz für Demokratie als selbstverständlich erachtet hätten. „Wir sind ins Gefängnis gegangen und haben gelitten. Na und? Es war unsere Pflicht. Für unser Land, für unsere Kinder.“

Im Saal herrscht atemlose Stille. Eine Hundertschaft Kellner unternimmt gerade den Versuch, die Hauptspeise zu servieren – langsam gekochter Ochseneintopf auf pürierten Kartoffeln –, bleibt aber doch lieber am Eingang stehen. Zuma hat sein Lächeln verloren. Die Parteispitze hatte es sich bis dahin bequem gemacht in der ruhmreichen Vergangenheit, als der Name ANC weltweit als Synonym für Kampf um Gerechtigkeit stand. Sie verstanden sich als Architekten der „Regenbogennation“, wo sich die Utopie eines friedlich versöhnten und prosperierenden Landes tatsächlich in eine Realität entwickeln könnte.

Mompati aber hat mahnende Worte für die Partei, die in den vergangenen Jahren vor allem mit Grabenkämpfen, Korruptionsskandalen und Eingriffen in die Unabhängigkeit von Justiz und Medien in den Schlagzeilen stand: „Wir müssen erkennen, dass der Kampf erst beginnt. Lasst uns die Hände reichen und nach vorne blicken.“

Die Gäste, darunter 14 aktuelle und fünf ehemalige Präsidenten aus Afrika, zollen der alten Dame Applaus – dabei hatte Mompati die Identität der Partei angegriffen, die den Kampf gegen den Kolonialismus in so vielen Ländern angestoßen hat.

83 Jahre lang galt der ANC als Befreiungsbewegung, erst seit 17 Jahren ist er an der Macht. Noch immer nennen hochrangige Parteimitglieder das Luthuli-Haus in Johannesburg das „Revolutionshaus“. Nicht etwa die Parteizentrale. Südafrika aber, das betont sogar der ANC selbst, braucht jetzt eine Partei mit modernen Strukturen und vorwärtsgerichteten Perspektiven dringender denn je.

Der kleine Mittelstand des Landes gerät immer mehr unter Druck, die Privatverschuldung ist in vielen Haushalten sehr groß. Zudem hat die Wirtschaftskrise eine Million Arbeitsplätze verschluckt und die Massenarbeitslosigkeit hat sich weiter zugespitzt. Zuma hatte vor drei Jahren im Wahlkampf noch versichert, er werde für eine Million neue Jobs sorgen. Die sozialen Unterschiede, die in Südafrika so groß sind wie in kaum einem anderen Land, schaffen ein enormes Konfliktpotenzial – weit mehr als der Rassismus.

Nur sechs Kilometer von der Universität entfernt, wo das ANC-Galadinner stattfindet, befindet sich das Rocklands-Township von Bloemfontein. Hier hausen diejenigen, an denen der wirtschaftliche Aufschwung Südafrikas vorbei gegangen ist. 70 Prozent der Jugendlichen haben keine Arbeit, immer wieder randalieren die Bewohner gegen die ANC-Verwaltung, weil es zu wenige Krankenhäuser und Schulen gibt.

Und doch geben hier rund 90 Prozent der Menschen ihre Stimme dem ANC. Die Partei organisierte zu Zeiten der Apartheid das gesellschaftliche Leben in den Townships und Dörfern. Öffentliche Versammlungen waren, von Gottesdiensten abgesehen, verboten – die Widerstandsbewegung veranstaltete trotzdem Konzerte und Gemeindefeste. Für viele hat sich durch die Politik des ANC nur wenig verändert, aber er ist trotzdem Teil ihrer Identität.

Beim Galadinner hatte Zuma zunächst alleine gesessen. Die Stühle um ihn herum blieben frei, denn einige Gäste konnten erst später anreisen. Das bot ein etwas trauriges Bild in dem gefüllten Saal. Fast eine Stunde verging, bis Ruandas Staatschef Paul Kagame und Armando Guebuza, Staatschef von Mosambik, unauffällig ihre Platzkarten tauschten und sich zu ihrem Gastgeber setzten. Später steigt Zuma in seinen Mercedes und lässt sich, von sechs Fahrzeugen begleitet, zur Waaihoek Kirche bringen. In dieser Kirche wurde die Partei vor hundert Jahren gegründet. Nun schreitet Zuma gemeinsam mit Amtsvorgänger Thabo Mbeki in die Kirche.

Die beiden gelten als tief zerstritten, seit Zuma seinen Vorgänger Mbeki nach einem unwürdigen Machtgerangel vor vier Jahren als ANC-Präsident ablöste. Mbeki lächelt, als Zuma eine Fackel anzündet, die das ganze Jahr über bei weiteren Feiern in den neun Provinzen brennen soll. Die Botschaft der Szene ist klar: diese Partei ist nicht zerstritten.

Als Zuma am Sonntagnachmittag im Stadion von Bloemfontein seine Rede beginnen will, beginnen 50.000 Menschen zu singen. Alte Hymnen der Befreiungsbewegung erklingen, aus vollem Herzen, in tiefer Verbundenheit. Hier spürt man sie wieder, die gewaltige Kraft dieser Partei. Welches Potenzial sie hätte, das rohstoffreiche Land und seine Bürger nicht nur in die politische Freiheit, sondern auch in den wirtschaftlichen Aufschwung zu führen.

Zuma spricht den Gewerkschaften, der kommunistischen Partei, der internationalen Gemeinschaft und besonders den afrikanischen Staaten für ihre Unterstützung seinen Dank aus. „Der ANC hat sich einst ein Südafrika zum Ziel gesetzt, das allen gehört“, sagt er vor mehr als 40 Staatsoberhäuptern, „wir sind seitdem gegen jegliche Form der Unterdrückung aufgestanden, egal welche Hautfarbe oder Geschlecht es betraf.“

Der ANC habe schon 1923 eine Menschenrechtserklärung vorgelegt, lange vor der UN. Für diese Grundrechte müsse sich die Nation weiter einsetzen, für wirtschaftlichen Aufschwung und gegen Arbeitslosigkeit. „Ich rufe alle Südafrikaner zu einem Dialog auf, wie diese Ziele erreicht werden können“, so Zuma. Ob der ANC es schafft, das Land in ein bessere Zukunft zu führen, oder ob die Partei weiterhin nur von dem Ruhm der Vergangenheit lebt, bleibt abzuwarten.


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Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de

Schlagwörter: Südafrika, ANC, 100-jähriges Bestehen, Geburtstag, Erinnerung, Apartheid, Nelson Mandela, Festbankett, Jacob Zuma, Rassismus, Massenarbeitslosigkeit, Korruption, Paul Kagame, Afrikanischer Nationalkongress, Bloemfontein, Thabo Mbeki, Befreiungsbewegung, Waaihoek Kirche