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Philippinen: Die perfekte Banane

 
Meldung vom 19.01.2012

Auf der philippinischen Insel Mindanao werden perfekte Bananen für den Weltmarkt angebaut. Doch das ist nur möglich durch den unbarmherzigen Einsatz von Pestiziden. Mit der perfekten Banane können die einheimischen Landwirte nicht mithalten. Ihre Bananen sehen weitaus makelhafter aus, schmecken aber viel besser, wie sie immer wieder betonen. Die Pestizide der Großkonzerne zerstören zudem die Gesundheit der Bauern.

In der Abenddämmerung wabert hinter einem Traktor meterhoch der blaue Dunst des Chemikaliennebels über dem Ananasfeld. Auch wenn man nur mit dem Auto hindurch fährt, legt sich bald ein betäubendes Gefühl auf die Zunge und in die Nase. Es ist die Straße zu Verginia Cataags kleinem Dorf in der nordöstlichen Provinz Surigao del Sur auf Mindanao. Am Ende muss man sich zu Fuß weiter den Weg durch einen dichten Wald von Bananenstauden bahnen. Auf den Blättern schillert die weiße Schicht der Pestizide, dazu mischt sich der süßliche Gestank der Chemikalien der benachbarten Ananasplantage, der einem im Freien den Atem nimmt.

Vor dem Haus der 57-Jährigen duftet es nach etwas anderem. Für ihre Gäste hat sie eine nach verwesendem Fleisch riechende Durian, auch Stinkfrucht genannt, geöffnet: Das durch eine dicke, stachelige Schale geschützte Fruchtfleisch wird auf den Philippinen als Delikatesse gehandelt. Wenn die zierliche Frau redet, wirken ihre Gesten schüchtern. Sie ist es nicht gewohnt, dass man ihr Aufmerksamkeit schenkt. Niemanden hat es interessiert, als sie von den Auswirkungen der Pestizid-Nebel berichtet hat, der Atemnot, den Ausschlägen, der Übelkeit, dem rasenden Herzen und den Hustenattacken. „Ich habe diese Bananen gegessen und hatte Blut im Stuhl“, sagt Cataag.

Die Philippinen stellen den fünftgrößten Bananenproduzenten der Welt dar und liegen beim Export mit 3,2 Millionen Tonnen jährlich hinter Ecuador auf Platz zwei. Der Großteil der Exportproduktion entsteht auf der Insel Mindanao, mit einer Fläche von rund 95.000 Quadratkilometern gut ein Zehntel größer als Österreich.

„Ich arbeite nicht auf der Plantage, muss mein Essen aber abdecken, wenn gesprüht wird“, erklärt Cataag zu ihrem Alltag auf Mindanao. Zweimal in der Woche sprühten die Flugzeuge zu dieser Zeit ihre giftige Fracht auf die Insel: „Wir sind vor dem Sprühregen davongelaufen und haben uns in den Häusern verbarrikadiert.“ Denn trotz Einsatzes moderner GPS-Technik wird der Sprühnebel vom Wind drei Kilometer und mehr weiter getragen.

Das philippinische Gesundheitsministerium schätzt, dass fast 40 Prozent der vom Flugzeug ausgebrachten Pestizide nicht auf der eingeplanten Fläche landen. Gemeinsam mit den Plantagen werden die angrenzenden Häuser mit ihren durchlässigen, geflochtenen Wänden aus Nipapalmen von dem chemischen Nebel erfasst.

Auch bei Cataags Sohn tauchten zunächst Kopfweh und Husten auf, obwohl er auf keiner Plantage tätig war, sondern nur daneben wohnte. Nach einigen Wochen war das Taschentuch blutig, dazu überfiel ihn Übelkeit. Innerhalb weniger Monate starb er mit 18 Jahren am Weihnachtstag 2009 an Krebs. Oft habe Cataag seither in Erwägung gezogen, wegzuziehen. „Doch das Land gehört mir und sonst besitze ich nichts. Wo soll ich hin?“, fragt sie.

Auf Mindanao, das 14 Millionen Einwohner hat, hat sich das Unternehmen Dole ausgebreitet. Auf dem Label das Bananenproduzenten ist zu lesen: „Dole: The ethical choice“ (Dole: Die ethische Entscheidung). Eine Mitarbeiterin von IDIS (Interface Development Interventions Inc.) sagt dazu: „Sie setzen Menschen Pestiziden aus, ihre Praktiken sind nicht ethisch.“

Vor knapp fünf Jahren hatte man einen kleinen Sieg davongetragen: Durch eine Verfügung der Lokalregierung der Hauptstadt Davao City wurde das Pestizidsprühen mit Hilfe des Flugzeugs verboten. Die meist multinationalen Konzerne reichten jedoch rasch eine Gegenklage ein. Das Urteil sei verfassungswidrig und ungültig. Das zuständige Berufungsgericht in Cagayan de Oro gab statt, dass bis zu einer endgültigen Entscheidung weiter mit Flugzeugen gesprüht werden darf. Die Begründung: Es drohen sonst hohe wirtschaftliche Verluste.

Die hohe Armut nötigt die Bauernfamilien trotz all der Risiken, ihr Land der Plantagenwirtschaft auszuliefern, da ihnen selbst oft die Technologie und das notwendige Kapital für eine Entwicklung ihrer Kleinbetriebe fehlen. Und nur makellose Bananen gelangen in die Kisten fürs Ausland.

Was die Abhängigkeit von Konzernen bedeutet, darüber kann Ruben Ribinia ein Zeugnis ablegen. Es ist ruhig auf seiner Plantage im Nordosten Mindanaos, einer Monokultur aus Bananenbäumen. Die meterhohen Stauden dämpfen alle Geräusche, viele Wildtiere haben sich davongemacht, denn sie finden hier kaum Nahrung. Auch Bananen sind zunächst nicht zu sehen. Die Früchte sind unter blauen Plastikhauben versteckt, die sie vor Schädlingen und Umwelteinflüssen schützen sollen.

Raschelnd entfernt Ruben den dünnen Kunststoff und präsentiert die makellosen Früchte seiner Plantage. Der Anbau des Produkts Banane sei gleichbedeutend mit dem Jonglieren eines Eis. Die sehr empfindlichen Früchte werden sehr vorsichtig geerntet, regelmäßig kontrolliert und behutsam eingepackt, da eine Druckstelle sofort eine Aussortierung zur Folge hätte. Bereits kleine Kratzer bestimmen ihr Schicksal: Sie enden dann als Dünger oder Hühnerfutter. Nur die perfekte Banane gelangt als teures Produkt in die Supermarktregale des anspruchsvollen, heiklen Markts des Westens.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 Die Plastik-Bananen (In Englisch)




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Philippinen, Bananen, Bananenanbau, Mindanao, Dole, Pestizide, Landwirte, Bauern, Krebs, Gesundheit, Chemikalien