Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Nicaragua: Biosprit mit tödlichen Folgen

Meldung vom 16.02.2012

In Nicaragua gibt es eine große Zuckerrohrproduktion, doch die Zuckerrohrschneider sterben zu Tausenden an rätselhaftem Nierenversagen. Wissenschafter machen zu schwere Arbeit, zu wenig Wasser und den Pestizid-Einsatz großer Agrarkonzerne für die Todesfälle verantwortlich.

Die Schule von La Isla sieht musterhaft aus für ein so kleines Dorf inmitten der weiten Zuckerrohrfelder im Westen Nicaraguas. Frisch gestrichen in Weiß-Blau und auf Hochglanz geputzt. Seit einiger Zeit sind sogar Computer vorhanden. „Seit die Medien anfingen, über uns zu berichten“, betont Lehrer Roger de la Cruz.

Von seinen 320 Schülern sind ein Drittel Waisen. Ihre Väter sind gestorben, mit 40, mit 30, die jüngsten erst Anfang 20. „Manchmal gibt es jeden zweiten Tag ein Begräbnis“, klagt der Dorflehrer von La Isla. Der 6.000 Einwohner zählende Ort wird in der Region nur noch „Die Insel der Witwen“ genannt. Alle Männer erlagen der gleichen Krankheit: chronischem Nierenversagen.

Die meisten der Toten waren kräftige Landarbeiter. In Nicaragua sterben mehr an Nierenversagen als an Aids und Diabetes zusammen. Besonders hoch ist der Anteil im feuchtheißen Tiefland, wo Zuckerrohr und Baumwolle wachsen. Als eine „neue Epidemie unbekannter Ursache“ stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO das Problem ein. Doch Nachforschungen werden behindert, dem stehen mächtige Interessen entgegen.

Salvadors Gesundheitsministerin María Isabel Rodríguez wollte die neue Krankheit auf die Liste chronischer Leiden auf dem amerikanischen Kontinent setzen – und sah sich mit erbittertem Widerstand der USA konfrontiert. Rodríguez geht deshalb davon aus, dass ein Zusammenhang mit dem jahrelangen Einsatz giftiger Pestizide ohne entsprechende Schutzmaßnahmen besteht.

Das würde internationale Chemiekonzerne an den Pranger stellen. Und auch einheimische Firmen wie der Zuckerkonzern Pellas gerieten ins Zwielicht, der einer der reichsten Familien Nicaraguas gehört. Milliarden stehen zur Debatte. Nicht nur an Entschädigungen, sondern vor allem an Absatzmärkten.

Der Zeitpunkt für eine Aufklärungskampagne ist denkbar ungünstig: Denn der Konzern plant, seine Zuckerrohrproduktion für den Ethanolexport in die USA und nach Europa zu vergrößern. Zehn Prozent des Treibstoffs sollen laut EU-Richtlinie bis 2020 mit Agrotreibstoffen vermischt werden.

Die USA beziehen einem Wikileaks-Bericht zufolge massiv Biosprit aus Mittelamerika, um damit den Einfluss des venezolanischen linken Präsidenten Hugo Chávez zu durchkreuzen, der in den vergangenen Jahren mit billigen Erdöllieferungen seinen Machtbereich in der USA erweiterte.

Da so große wirtschaftliche Interessen mitspielen, kümmert sich Nicaraguas sozialistische Regierung kaum um die gesundheitlichen Probleme der Tagelöhner. Kosten für Dialyse und Nierentransplantate sind astronomisch in einem der ärmsten Länder Lateinamerikas.

Die Einwohner von La Isla haben die Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lebensumstände schon aufgegeben. Während im Pellas-Hochhaus an einem sauberen Image für das Unternehmen gearbeitet wird, kämpfen viele junge Arbeiter um ihr Leben. Und Dorflehrer de la Cruz engagiert sich redlich, um mit einem Animationsprogramm am PC doch noch ein Lächeln auf die Gesichter seiner Schüler zu zaubern.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Nicaragua, Zuckerrohr, Zuckerrohrproduktion, Pestizid, Agrarkonzerne, Landwirtschaft, Nierenversagen, Epidemie, Weltgesundheitsorganisation, WHO, Biosprit, USA, Europa, EU-Richtlinie, Agrotreibstoff, Ethanol, Ethanolexport