Kenia: Gigantisches Bauprojekt – Der größte Hafen Afrikas |
Meldung vom 05.03.2012
Die Binnenstaaten Südsudan und Äthiopien gehen ein neues Infrastruktur-Bündnis mit Kenia ein, um sich wirtschaftlich unabhängiger zu machen und durch Kenias Zugang zum Meer neue Transportwege zu erschließen. Ein neuer großer Hafen soll in Kenia entstehen und vor allem dem Südsudan ermöglichen, sein Öl von dort aus in alle Welt zu exportieren. Auserkoren dafür wurde der kleine Ort Lamu in Kenia am Indischen Ozean. Die Staatschefs Kenias, Äthiopiens und des Südsudans haben dort mit dem Bau eines leistungsfähigen Hafens begonnen. Die Binnenländer sollen künftig Zugang zu dem geplanten Hafen erhalten durch Pipeline-, Straßen- und Eisenbahnverbindungen.
An Kenias Nordküste verladen die Fischer ihren Fang noch auf Esel. Das aber dürfte bald der Vergangenheit angehören: In der Manda-Bucht ist der größte Hafen Afrikas in Planung. Kenias Präsident, Mwai Kibaki, hat der neuen Baustelle bereits einen Besuch abgestattet. Er macht den Küstenbewohnern die Sache schmackhaft. Das Projekt schaffe Tausende Arbeitsplätze, behauptet er. Es wird ein Transportkorridor geschaffen, der hier beginnen soll, 1.200 Kilometer lang, mit einer Autobahn und einem Hochgeschwindigkeitszug. Entlang des Korridors, meint Kibaki, würden sich neue Unternehmen etablieren, die Wirtschaft werde zulegen, Kenia der Armut entreißen.
Auch der Präsident des Südsudans, Salva Kiir, hat nur Lobeshymnen für das Projekt. Er breitet seine Vision über das Vorhaben aus und spricht von Öltankern, die hier in der Manda-Bucht beladen werden sollen, und von der 1.800 Kilometer langen Pipeline, durch die das Öl aus dem Südsudan hierher geleitet werden könnte. Mit dem Geld aus dem Export könne sein Land endlich seine Strukturen aufbauen, Schulen gründen, Straßen und Stromwerke errichten.
Doch die Bewohner Lamus, die größtenteils aus Fischern und einigen Tourismus-Unternehmern bestehen, wehren sich gegen das Projekt. „Ob noch Touristen kommen, wenn dort Supertanker vor Anker liegen?“, fragt sich der Fischer Ogote. Er ist besorgt über die Fahrrinnen, die für den neuen Hafen ausgebaggert würden. Sie könnten die Strömung verändern. Das Wissen, wo man wann fischt, alles, was er von seinem Vater gelernt hat, würde dann überholt sein. Und wenn Lamu zur Hafenstadt wird, was wird dann aus der streng muslimischen Swahili-Kultur? Ogote befürchtet, dass seine Stadt wie Mombasa wird: voll von Seemannskneipen und Bordellen.
Mitte Februar kam das halbe kenianische Kabinett zur Begutachtung. Die Politiker behaupten, der Hafen sei keine Gefahr, sondern eine Chance. Das Projekt werde die zurückgebliebene Region um Lamu in die Moderne versetzen: Logistik statt Fischfang, Hightech statt Handarbeit. Der Hafen werde Tausende Arbeitsplätze generieren, für Lagerverwalter, Ingenieure, Kranführer.
Parallel zu den Transportwegen soll eine Starkstromleitung eingerichtet und ein Glasfaserkabel verlegt werden – damit sich entlang der Strecke Unternehmen ansiedeln. Die astronomischen Kosten sind den Kritikern ein Dorn im Auge: „Die schiere Größe und der Milliardenpreis machen einen Erfolg unwahrscheinlich“, schreibt die Wochenzeitung East African aus Nairobi. „Selbst wesentlich kleinere Infrastrukturprojekte – etwa ein Kühlhaus in Lamu und eine Bewässerungsanlage in Bura – sind schon gescheitert.“
Allerdings steht eines fest: Kenia braucht einen neuen Hafen. Denn der in Mombasa ist inzwischen völlig überfordert. Unternehmen müssen Wochen warten, bis ihre Lieferungen entladen werden. Aber die Manda-Bucht ist dafür nicht unbedingt der beste Standort, denn die Altstadt Lamu ist seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe.
Zudem wäre der Hafen weniger als 80 Kilometer von der Grenze zu Somalia entfernt. So nah also, dass die somalischen Piraten mit ihren kleinen Booten bequem übersetzen und die Tanker bei der Einfahrt in den Hafen entern könnten. Das Lamu-Archipel im Indischen Ozean ist außerdem bei Touristen sehr beliebt. Zahlreiche Prominente aus dem Ausland haben sich auf den Inseln Villen und Strandgrundstücke gekauft.
Der Gigantismus des Projekts ist unübersehbar: Nach den Plänen umfasst der geplante Transportkorridor eine Autobahn und eine Eisenbahnverbindung; in Isiolo, 200 Kilometer nördlich von Kenias Hauptstadt Nairobi, verzweigt er sich Richtung Norden und führt zur äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und nach Nordwesten bis Juba im Südsudan. Zum Projekt zählen auch eine Raffinerie in Lamu und, in den eher futurischen Vorstellungen der Bauherren, drei Flughäfen in Lamu, Isiolo und Lokichogio sowie eine moderne Touristenstadt bei Lamu.
Wie viele der Vorhaben aber tatsächlich umgesetzt werden, ist offen. Ein chinesisches Baukonsortium hat Pläne vorfinanziert. Die Kosten für die Überlandstraßen des Transportkorridors sollen von der African Development Bank bezahlt werden. Was die übrigen Vorhaben angeht, darüber bestehen nur vage Andeutungen. Es heißt, die Kosten werden anteilig von den beteiligten Staaten entsprechend dem Nutzen, den sie sich davon erhofften, getragen.
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de
An Kenias Nordküste verladen die Fischer ihren Fang noch auf Esel. Das aber dürfte bald der Vergangenheit angehören: In der Manda-Bucht ist der größte Hafen Afrikas in Planung. Kenias Präsident, Mwai Kibaki, hat der neuen Baustelle bereits einen Besuch abgestattet. Er macht den Küstenbewohnern die Sache schmackhaft. Das Projekt schaffe Tausende Arbeitsplätze, behauptet er. Es wird ein Transportkorridor geschaffen, der hier beginnen soll, 1.200 Kilometer lang, mit einer Autobahn und einem Hochgeschwindigkeitszug. Entlang des Korridors, meint Kibaki, würden sich neue Unternehmen etablieren, die Wirtschaft werde zulegen, Kenia der Armut entreißen.
Auch der Präsident des Südsudans, Salva Kiir, hat nur Lobeshymnen für das Projekt. Er breitet seine Vision über das Vorhaben aus und spricht von Öltankern, die hier in der Manda-Bucht beladen werden sollen, und von der 1.800 Kilometer langen Pipeline, durch die das Öl aus dem Südsudan hierher geleitet werden könnte. Mit dem Geld aus dem Export könne sein Land endlich seine Strukturen aufbauen, Schulen gründen, Straßen und Stromwerke errichten.
Doch die Bewohner Lamus, die größtenteils aus Fischern und einigen Tourismus-Unternehmern bestehen, wehren sich gegen das Projekt. „Ob noch Touristen kommen, wenn dort Supertanker vor Anker liegen?“, fragt sich der Fischer Ogote. Er ist besorgt über die Fahrrinnen, die für den neuen Hafen ausgebaggert würden. Sie könnten die Strömung verändern. Das Wissen, wo man wann fischt, alles, was er von seinem Vater gelernt hat, würde dann überholt sein. Und wenn Lamu zur Hafenstadt wird, was wird dann aus der streng muslimischen Swahili-Kultur? Ogote befürchtet, dass seine Stadt wie Mombasa wird: voll von Seemannskneipen und Bordellen.
Mitte Februar kam das halbe kenianische Kabinett zur Begutachtung. Die Politiker behaupten, der Hafen sei keine Gefahr, sondern eine Chance. Das Projekt werde die zurückgebliebene Region um Lamu in die Moderne versetzen: Logistik statt Fischfang, Hightech statt Handarbeit. Der Hafen werde Tausende Arbeitsplätze generieren, für Lagerverwalter, Ingenieure, Kranführer.
Parallel zu den Transportwegen soll eine Starkstromleitung eingerichtet und ein Glasfaserkabel verlegt werden – damit sich entlang der Strecke Unternehmen ansiedeln. Die astronomischen Kosten sind den Kritikern ein Dorn im Auge: „Die schiere Größe und der Milliardenpreis machen einen Erfolg unwahrscheinlich“, schreibt die Wochenzeitung East African aus Nairobi. „Selbst wesentlich kleinere Infrastrukturprojekte – etwa ein Kühlhaus in Lamu und eine Bewässerungsanlage in Bura – sind schon gescheitert.“
Allerdings steht eines fest: Kenia braucht einen neuen Hafen. Denn der in Mombasa ist inzwischen völlig überfordert. Unternehmen müssen Wochen warten, bis ihre Lieferungen entladen werden. Aber die Manda-Bucht ist dafür nicht unbedingt der beste Standort, denn die Altstadt Lamu ist seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe.
Zudem wäre der Hafen weniger als 80 Kilometer von der Grenze zu Somalia entfernt. So nah also, dass die somalischen Piraten mit ihren kleinen Booten bequem übersetzen und die Tanker bei der Einfahrt in den Hafen entern könnten. Das Lamu-Archipel im Indischen Ozean ist außerdem bei Touristen sehr beliebt. Zahlreiche Prominente aus dem Ausland haben sich auf den Inseln Villen und Strandgrundstücke gekauft.
Der Gigantismus des Projekts ist unübersehbar: Nach den Plänen umfasst der geplante Transportkorridor eine Autobahn und eine Eisenbahnverbindung; in Isiolo, 200 Kilometer nördlich von Kenias Hauptstadt Nairobi, verzweigt er sich Richtung Norden und führt zur äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und nach Nordwesten bis Juba im Südsudan. Zum Projekt zählen auch eine Raffinerie in Lamu und, in den eher futurischen Vorstellungen der Bauherren, drei Flughäfen in Lamu, Isiolo und Lokichogio sowie eine moderne Touristenstadt bei Lamu.
Wie viele der Vorhaben aber tatsächlich umgesetzt werden, ist offen. Ein chinesisches Baukonsortium hat Pläne vorfinanziert. Die Kosten für die Überlandstraßen des Transportkorridors sollen von der African Development Bank bezahlt werden. Was die übrigen Vorhaben angeht, darüber bestehen nur vage Andeutungen. Es heißt, die Kosten werden anteilig von den beteiligten Staaten entsprechend dem Nutzen, den sie sich davon erhofften, getragen.
Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de