Kenia: Das Slum-Radio sorgt für Frieden

Meldung vom 22.03.2012

Auf dem Weg nach Kibera, dem größten Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi, bereitet der Fahrer eines Kleinbustaxis seine Passagiere schon mal auf die Probleme vor, mit denen sich die dort lebenden Menschen Tag für Tag auseinandersetzen müssen. „Mal hören, was heute so anliegt“, sagt er und stellt sein Autoradio auf Radio Pamoja ein. Das Lokalradio hat sich mit seinem Informations- und Unterhaltungsprogramm ausschließlich die Hörer in Kibera zur Zielgruppe gemacht.

Das Motto „Pamoja“ („Gemeinsam“) ist Programm. Der kleine Sender setzt sich für ein besseres Miteinander der in großer Enge lebenden Bewohner von Kibera ein. Das Mitarbeiter-Team besteht aus Amateuren. Eine Nichtregierungsorganisation gibt ihnen eine Einweisung in den Journalismus.

„Ich lerne viel von Radio Pamoja“, bekräftigt der Taxifahrer vor seinen Kunden. „Dort diskutiert man über Familienprobleme, die die meisten von uns nur allzu gut kennen. Sie informieren auch über Möglichkeiten, einen Job zu finden und geben Ratschläge für den Aufbau einer selbständigen Existenz“, beschreibt er das Programm des Senders.

An diesem Vormittag beginnt der Moderator Asmani Maringa das Programm von Radio Pamoja mit einem der landesweit populärsten Swahili-Songs, mit dessen Titel „Umejuaje Kama si Umbea?“ („Vielleicht ist es ja doch kein Klatsch“) Maringa tiefsinnig zum Thema des Tages übergeht. „Ich möchte verstehen, warum in unserem Land mancherorts Frauen mit Gewalt gegen ihre Ehemänner vorgehen“, sagt er.

Die Kunden des Taxifahrers können sich ein Grinsen nicht verkneifen, sie haben die Berichte mitbekommen, denen zufolge vor drei Wochen in Nyeri in Kenias Zentralprovinz etliche Frauen ihre Männer krankenhausreif geprügelt haben sollen. In anderen Berichten wurde allerdings nur ein so ungewöhnlicher Fall häuslicher Gewalt festgestellt.

„Über Musik, die hier jeder kennt und gerne hört, kommen wir auf unser Anliegen zu sprechen, die Menschen in Kibera zu einem friedlichen Miteinander zu bewegen“, schildert Adam Hussein, Gründer und Geschäftsführer von Radio Pamoja. „Mit Ausnahme der Nachrichten geht es uns darum, dass sich unsere Hörer an den Diskussionen beteiligen, über Anrufe, Facebook oder SMS“, unterstreicht er.

Als Radio Pamoja 2007 auf Sendung ging, wollte der Sender Friedenssignale zu ganz unterschiedlichen Tageszeiten ausstrahlen und in Kibera für ein friedliches Miteinander werben. Nach den damals von Amtsinhaber Mwai Kibaki gewonnenen Präsidentschaftswahlen brachen in Kenia blutige Unruhen aus, in denen landesweit mehr als 15.000 Menschen starben und über eine halbe Million Menschen zu Binnenflüchtlingen wurden.

Die Bewohner Kiberas waren besonders heftig in den Konflikt verwickelt. Der Slum gehörte zu den Wahlkreisen des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Raila Odinga, und hier lieferten sich seine Anhänger und Gegner erbitterte Gefechte. „Häuser wurden in Brand gesetzt, Menschen abgeschlachtet und viel Eigentum zerstört“, ruft sich Hussein in Erinnerung.

Damals kommunizierte Radio Pamoja in vielen der in Kibera gesprochenen Sprachen vornehmlich Friedensappelle. „Es ist uns gelungen, die Gewaltbereitschaft etwas zu dämpfen. Wer sich über Radio Pamoja mit friedlichen Appellen an die Mitbürger wenden wollte, wurde ans Mikrophon gelassen“, erklärt der Radiochef.

Inzwischen hat Kiberas Lokalradio im Slum etliche Entwicklungs- und Sozialprogramme angestoßen. Sie sollen den Zusammenhalt der Bewohner intensivieren. So etwa veranstaltet Radio Pamoja mit Unterstützung der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde (USAID) lokale Fußballwettkämpfe.

Nancy Mweu ist für ein spezielles Frauenprogramm verantwortlich, das „Mwanamke ni Mwangaza“ („Eine Frau ist eine Lichtquelle“) heißt. Hörerinnen können sich live zu Wort melden und über eigene Erfahrungen und Alltagsprobleme reden. „Ich habe Frauen davon überzeugt, dass sie trotz ihrer Armut etwas aus ihrem Leben machen können“, so Mweu. „In meiner Sendung erfahren sie, wie Familienplanung funktionieren kann und dass ein positiver HIV-Test kein Todesurteil ist.“


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: afrika.info