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Afghanistan: Jugend im Aufbruch – Röhrenjeans und neue Haarschnitte

Meldung vom 26.03.2012

Dass die Freiheit langsam auch in den Köpfen der Afghanen ankommt, zumindest in den Städten, davon zeugt ein neu aufgekommenes Modebewusstsein in Afghanistan. In Kabul haben Boutiquen und Friseursalons einen starken Zulauf. Die strengen Kleiderordnungen der Taliban werden mehr und mehr aufgelockert, besonders bei den Männern. Unter den Taliban erhielt man für westliche Frisuren noch Schläge. Nun zeigen viele Männer selbstbewusst verwegene Kurz-Haarschnitte statt Turban, westliche Kleidung ragt unter den Burkas der Frauen hervor – entgegen der Verbote des islamischen Klerus.

Turban, lange Bärte, weißer Kittel und um die Schulter eine Kalaschnikow, das ist das Bild eines afghanischen Mannes in den westlichen Medien. Doch in Kabul hat sich dieses Klischee verändert. Männerboutiquen und Friseursalons sind auf Erfolgskurs. Röhrenjeans und westliche Haarschnitte werden immer häufiger bei Männern in der afghanischen Hauptstadt vorgezeigt – Vorlieben, für die sie die Tugendwächter der Taliban zusammengeschlagen oder ins Gefängnis gesteckt hätten.

„Die Männer in Kabul haben in den vergangenen Jahre eine große Leidenschaft für ihr Aussehen entwickelt“, stellt Ali Resan fest, während er seinem Kunden blonde Strähnchen ins Haar färbt. Der 25-Jährige ging nach der Machtübernahme der Taliban mit seiner Familie ins Ausland, lernte in Indien das Friseurhandwerk und verdient sich heute mit einem Friseurladen in Kabul sein Geld. „Einige Medien stellen die afghanischen Männer als wütende Leute mit langen Bärten dar“, meint Resa. „Ich wurde Stilist, um die Schönheit und das Modebewusstsein der afghanischen Männer zu zeigen.“

Das Interesse an Männermode ist kein absolut neues Phänomen in Afghanistan, doch Krieg und die Herrschaft islamischer Fundamentalisten haben es viele Jahre auf Eis gelegt. Frauen verhüllen sich in der Öffentlichkeit weiterhin – auch wenn unter manchem langen Mantel inzwischen hochhackige Schuhe und Jeans zum Vorschein kommen. Deshalb sind es in den Straßen von Kabul vor allem die Männer, die durch ihre modische Kleidung und Aufmachung ins Blickfeld rücken.

„Die jungen Männer bringen Fotos von europäischen, amerikanischen und indischen Film- und Sportstars mit und wollen ihre Haare und Bärte genauso geschnitten haben“, erklärt der 22-jährige Sajed Mehdi, der sich als Stilist in einem Modeladen verdingt. Im Geschäft liegen Modezeitschriften zur Ansicht, die die Männer bei der Suche nach dem passenden Look unterstützen sollen.

Mudschtaba trägt diesmal ein schwarzes T-Shirt und eine löchrige Jeans. Der 27-Jährige erinnert sich noch gut daran, wie ihn Polizisten der Taliban ohrfeigten, weil sie sein damals nur leicht modischer Haarschnitt störte. „Dann zwangen sie mich, einen schwarzen Turban zu tragen – dabei war ich noch ein Kind“, berichtet Mudschtaba. Jetzt hat er beim Friseur Platz genommen. „Ich möchte einen Bart wie Wali“, bestellt er beim Friseur und bezieht sich auf den im Ausland lebenden afghanischen Popstar. „Was Mode angeht, wollen wir den Europäern und Amerikanern nicht nachstehen.“

Während der Süden und Osten Afghanistans weiterhin unter dem Einfluss der Taliban steht und Furcht in der Bevölkerung herrscht, ist die Lage in der Hauptstadt und anderen größeren Städten im Norden und Westen des Landes relativ sicher. Dort boomt das Geschäft mit der Mode.

Sajed Abdullah führt die neuesten Modetrends aus dem Ausland ein, um die Kundschaft seines Kabuler Ladens zu versorgen. „Die jungen Frauen und Männer wollen die modernsten Marken, wenn sie Jeans, Hemden und Kleider kaufen“, erklärt er, während er einer Gruppe junger Männer eine Röhrenjeans zeigt. Abdullah führte seinen Laden bereits, als noch die Taliban in Kabul an der Macht waren. Damals durfte er nur die traditionelle Männerkluft – langes Hemd, weite Hose und Turban – zum Verkauf anbieten. „Der Wandel seither ist enorm“, sagt er.

2009 wurden Modetrends im afghanischen Fernsehen aufgegriffen – in einer Serie ähnlich „Germany´s Next Top Model“. „Wir fragten die Leute, ob sie teilnehmen wollten, um ihre Klamotten und ihren Stil vorzustellen“, erzählt Naseer Ahmed Noori. Der 25-Jährige nahm zusammen mit seiner Frau in der Jury der Sendung teil. Die Reaktion auf den Aufruf war eine große Überraschung: Tausende wollten sich an der Sendung beteiligen – vor allem Männer. Doch die islamischen Mullahs hatten dem Einiges entgegen zu setzen, die Serie wurde wieder abgesetzt. Ein neuer Anlauf soll dieses Jahr starten.

Männer wie Mullah Nakibullah sind empört: „Es ist beschämend, zu sehen, wie unsere Männer sich wie Amerikaner oder andere Ungläubige kleiden“, beschwert sich der Mann mit dem Turban auf dem Kopf wütend. Er trinkt gerade Tee und sitzt dabei gegenüber von Resas Friseurladen. „Diese Kleidung ist absolut unislamisch und widerspricht unseren Werten. Sie sollten bestraft werden, damit sie sich wieder daran erinnern, dass sie Afghanen und Moslems sind“, bekräftigt er und nimmt einen Schluck. „Die Taliban hätten schon gewusst, was mit ihnen zu tun ist!“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Focus Online“, focus.de

Schlagwörter: Afghanistan, Mode, Trend, Haarschnitte, Frisuren, Burka, Kleiderordnung, Turban, lange Bärte, Taliban, Tugendwächter, Verhüllung, Jeans, Boutiquen, Modebewusstsein, Männer, Frauen, Friseursalons, Kabul, Fernsehen