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Afghanistan: Die NATO-Länder feilschen um die Rechnung

Meldung vom 03.05.2012

Vor dem Abzug aus Afghanistan betont die NATO, man werde das Land noch zehn Jahre grundlegend unterstützen. Doch hinter den Kulissen feilschen die Länder bereits wie auf einem Basar. Außer den USA sind alle Länder bestrebt, ihren Anteil an dem Milliardenprojekt möglichst klein zu halten.

Wenn Anders Fogh Rasmussen nach den regelmäßigen Treffen der Allianz vor die Presse tritt, ist stets alles unter Kontrolle, der souveräne NATO-Generalsekretär kommt eigentlich immer mit guten Nachrichten. Nach dem sogenannten Jumbo-Treffen der Verteidigungs- und Außenminister gab der Gastgeber zunächst bekannt, dass man die Zukunft Afghanistans gerettet habe, mal wieder sozusagen.

Für die Zeit nach dem geplanten Truppenabzug im Jahr 2014, bekräftigte der NATO-Boss, habe er von den angereisten Ministern der Mitgliedstaaten „substantielle Zusagen“ für die finanzielle Unterstützung des zerrütteten Landes erhalten. Einige Länder haben dabei sogar konkrete Zahlen genannt. „Jeder wird seine Rolle spielen und seinen Anteil zahlen“, gab sich Rasmussen optimistisch.

Worüber die eingeflogenen Minister zuvor verhandelt hatten, ist in der Tat ein weiteres gewaltiges Programm der Allianz für die Sicherheit Afghanistans. Nach dem fast kompletten Abzug der Schutztruppe ISAF bis zum Ende 2014, so die Planung, will man das Land nicht schutzlos zurücklassen. Deswegen will die NATO die lokalen Sicherheitskräfte Afghanistans noch mindestens zehn Jahre mit Milliardenbeträgen aufpäppeln und weiter mit Beratern stärken. Nach einer kleinen Reduzierung von den heute rund 330.000 Mann sollen dann ab etwa 2016 um die 230.000 Soldaten und Polizisten für die Sicherheit Afghanistans bereit stehen. Da Afghanistan, bis heute als Staat nicht eigenständig funktionstüchtig und chronisch bankrott, sich diesen Sicherheitsapparat nicht leisten könnte, wollen die internationalen Helfer für alles Weitere sorgen.

Über die Kostenübernahme jedoch ist man sich keineswegs so einig, wie NATO-Chef Rasmussen das gerne glauben machen wollte. Schon vor Monaten haben die USA Diplomaten in alle NATO-Staaten geschickt und die Rechnung für die Mission nach der Mission präsentiert. Demnach wird allein die Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte mindestens 4,1 Milliarden Dollar in Anspruch nehmen, und zwar pro Jahr.

Mit sich führten die bestimmt auftretenden US-Emissäre bei ihren Visiten auch schon ein Angebot aus Washington. Demnach sind die USA bereit, knapp die Hälfte der jährlichen Kosten auf sich zu nehmen, eine weitere halbe Milliarde solle Afghanistan selbst schultern und so auch zeigen, dass man in der Regierungsführung Fortschritte mache. Den Rest von 1,8 Milliarden Dollar sollen die übrigen NATO-Nationen unter sich aufteilen.

Seitdem findet unter den NATO-Nationen eine Art Basar-Handel statt, der die eng bemessene Finanzlage innerhalb der Allianz reflektiert. So nannte nach Angaben von Diplomaten nur ein einziges Land, die NATO-Mini-Nation Luxemburg, in Brüssel eine konkrete Summe für seinen naturgemäß recht bescheidenen Anteil an der Post-ISAF-Mission. Alle anderen blieben erst einmal bei vornehmen Absichtserklärungen.

Für Deutschland ließen Außenminister Guido Westerwelle und sein Kollege aus dem Verteidigungsressort, Thomas de Maizière, wissen, man werde einen „substantiellen Beitrag“ beisteuern können. Die Summe aber wolle man erst angeben, wenn auch die anderen Staaten Fakten dargelegt hätten. Das Kalkül ist klar: Aus Sicht der Diplomaten wäre eine zu frühe Festlegung nicht weise, unter die dann genannte Summe könne man schließlich nicht mehr gehen, wenn andere Länder ihre Angebote auf den Tisch legten.

Völlig undiplomatisch ging Großbritannien vor. Intern hatten die finanzschwachen Briten schon vor Wochen angekündigt, man könne höchstens eine jährliche Zahlung von 110 Millionen Dollar leisten. Bei den anderen NATO-Mitgliedern bewirkte diese Zahl nur ein Kopfschütteln. Als drittgrößter Truppensteller in Afghanistan hatte man von London sicherlich eine höhere Summe erwartet, auch dem komplizierten Kostenschlüssel der NATO wird das britische Angebot wohl kaum gerecht. Die Amerikaner, so ließen jedenfalls Teilnehmer der Runde durchsickern, waren über den britischen Geiz sehr verärgert.

Noch komplizierter könnte das Verhalten im weiteren Verlauf des Milliarden-Pokers bei anderen EU-Ländern werden, die gerade überhaupt keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr haben. So mag ein möglicher Anteil von einigen hundert Millionen Euro pro Jahr für Deutschland, das für seinen Bundeswehreinsatz schon in den vergangenen Jahren jährlich rund eine Milliarde Euro ausgab, eher symbolisch anmuten. Für Italien oder Spanien aber könnten die Zusagen, besonders für einen langen Zeitraum von zehn Jahren, große Komplikationen mit sich führen.

Im Fall von Frankreich schaut die NATO zudem ganz allgemein besorgt auf einen möglichen radikalen Kurswechsel, wenn Nicolas Sarkozy die Präsidentschaftswahlen verliert. Sein möglicher Nachfolger François Hollande jedenfalls hat vorhergesagt, die Afghanistan-Politik deutlich korrigieren zu wollen. Da wird sicherlich noch weniger Unterstützung zu erwarten sein, als unter Sarkozy.

Trotz all dieser Unklarheiten haben der afghanische Präsident Hamid Karzai und der US-Präsident Barack Obama das strategische Abkommen über eine gemeinsame Partnerschaft unterzeichnet. Damit wird den USA die weitere militärische Präsenz der Amerikaner in Afghanistan eingeräumt.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Afghanistan, Rechnung, Abzug, 2014, NATO, Anders Fogh Rasmussen, Allianz, Basar, Brüssel, NATO-Chef, USA, Abkommen, strategische Partnerschaft, Hamid Karzai, Barack Obama, ISAF, Kosten, Militär, Milliarden Dollar