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Uganda: Wenn in Kampala die Lichter ausgehen

Meldung vom 07.05.2012

Der Energiebedarf in Uganda nimmt beständig zu, die Stromversorgung ist jedoch mangelhaft. Das bringt Nachteile für die Wirtschaft. Der Bujagali-Damm soll einen Ausweg schaffen – doch das Projekt ist nicht so einfach durchzuführen.

Der Flachbildschirm, den Morley Beykkiaso begeistert von allen Seiten in Augenschein nimmt, kostet 2,6 Millionen ugandische Schilling, umgerechnet über 800 Euro. „So ein Fernseher war schon immer mein Traum“, gibt er zu.

Der 45-jährige Ugander befindet sich in einer der zahlreichen Shopping-Malls, die jüngst in der Hauptstadt Kampala entstanden sind. Er ist Fußballtrainer und gehört zu Ugandas rasant wachsender Mittelklasse, die hier ihre Einkaufswagen füllt: Wasserkocher, Toaster, Staubsauger, Kühlschränke, Waschmaschinen, DVD-Player. Beykkiaso ist mit seinem Mittelklasseauto angebraust, um den gigantischen Flachbildschirm in sein Vorstadtreihenhaus zu transportieren.

Doch er kann sich nicht entscheiden: „Ich weiß nicht, ob sich die Anschaffung lohnt – bei all den Stromausfällen.“ Schließlich lässt er alles stehen und liegen und geht mit leeren Händen davon: „Vielleicht warte ich, bis der Staudamm genug Strom produziert und ich endlich zu Hause Fußball gucken kann“, meint er.

In Kneipen und im Parlament wird über die ständigen Stromausfälle heftig diskutiert, es gibt Streiks und Krawall. Internetcafés, Restaurants oder Elektroläden müssen Generatoren kaufen. Die Regierung sei sich der Engpässe durchaus bewusst, sagt Energiestaatsminister Simon Dujanga: „Die Energieknappheit bremst unser Wirtschaftswachstum gewaltig.“

Der große Mann öffnet in seinem Büro in der Mittagshitze die Fenster. Auch in seinem Ministerium entlang der staugeplagten Hauptstraße ist an diesem Tag kein Strom vorhanden. Die Klimaanlage schweigt, der Computer läuft nur mittels einer Back-up-Batterie. Die Situation ist kompliziert, gibt Dujanga zu: Der reale Energiebedarf des Landes belaufe sich auf rund 450 Megawatt. Die beiden Staudämme am Nil generierten jedoch derzeit gerade einmal 120 Megawatt.

Vor knapp sieben Jahren hatte die Regierung Aufträge an die britische Firma Aggreko vergeben, die binnen zwei Wochen Dieselgeneratoren aufstellte. Sie stellen 100 Megawatt bereit. Die Regierung trug 60 Prozent der Kosten. Als jedoch der Ölpreis explodierte, war klar: Für Uganda ist die Subvention dieser Generatoren zu teuer. Doch das Land steckt in einer Zwickmühle: „Jede paar Wochen steigt der reale Energiebedarf um knapp fünf Megawatt“, meint der Minister.

Im Januar hob die Energiebehörde ERA auf einen Schlag die Stromtarife um 36 Prozent an. Ugandas Händlerverband, ohnehin verärgert über steigende Zinsen für Kredite, rief zum Streik auf. Drei Tage lang waren alle Geschäfte in den Großstädten zu.

Jetzt hat das Land eine neue Hoffnung: Der Bujagali-Staudamm unterhalb der Nilquelle des Victoriasees im Herzen Afrikas, rund 100 Meter östlich von Kampala, liefert seit Kurzem Elektrizität. Vor 16 Jahren hatte die Regierung sich dazu entschieden, das Wasserkraftwerk zu bauen. Vor wenigen Wochen ging die erste 50-Megawatt-Turbine endlich ans Netz. Wo einst Wildwasserkanus durch die Stromschnellen des Nils fuhren, erhebt sich nun ein 30 Meter hoher Betonwall.

Mit Schutzhelm und orangefarbener Weste gerüstet, stapft Chefingenieur Glenn Gaydar in Bujagali den Kiesweg entlang, der zur Staumauer läuft. Der US-Ingenieur ist sichtlich begeistert: Rechter Hand tobt unter ihm der gewaltige Fluss durch die noch offenen Schotten des Damms. Gischt spritzt in die Höhe. Kleine Regenbogen schillern in der Mittagshitze. Linker Hand steht das ruhige Wasser vom Victoriasee an der Staumauer.

„Wir haben hier das größte Wasserreservoir der Welt“, freut sich der Amerikaner und blickt auf den aufgestauten See hinaus. Im Juli sollen alle fünf Turbinen in Betrieb sein. Dann könnte der Damm bis zu 250 Megawatt liefern.

Doch ein Expertenbericht dämpft diese freudigen Erwartungen: 36 Prozent der produzierten Strommenge verpufften auf dem Weg zum Endverbraucher, steht da. Das Stromnetz ist marode. Außerdem wird viel Strom illegal abgezapft. „Wir können hunderte Dämme bauen und würden dennoch stets 30 Prozent der gewonnenen Energie verlieren“, kritisiert ein Energieexperte. Die Regierung müsse sich zuerst mit Korruption und Missmanagement auseinandersetzen, verlangt er. Es bestehen bei vielen Kritikern berechtigte Zweifel daran, dass der Damm jemals die versprochenen 250 Megawatt leisten kann. Die meisten gehen von der Hälfte aus.

Skeptisch ist auch Frank Muramuzi, Direktor der Umweltschutzorganisation Nape (Verband Professioneller Ökologen): Er hat sich im Schatten der Bäume im Garten des Bürohauses von Nape niedergelassen. Schweiß perlt über seine Stirn. Es ist brütend heiß und staubig. Wochenlang sei kein Regen niedergegangen. „Der Wasserspiegel des Victoriasees sinkt seit vielen Jahren stetig“, klagt der Umweltschützer.

Der Damm verschärft die Situation noch. Als Grund dafür gibt Muramuzi an, dass man, um 250 Megawatt zu produzieren, 1.500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Turbinen schleusen müsste. Der natürliche Wasserabfluss aus dem See beläuft sich jedoch auf nur rund 800 Kubikmeter pro Sekunde, weiß Muramuzi. Also muss der See zusätzlich belastet werden.

Gaydar deutet auf den Stausee: Bei voller Turbinenleistung ginge der Wasserstand um zwei Meter zurück, bei niedriger Leistung steige er wieder. „Der Stausee ist wie eine Batterie, die sich stets wieder auffüllt“, erklärt er und ergänzt: „Wir haben dieses Phänomen wohl nicht ausreichend kommuniziert, deswegen gehen die Gerüchte herum, der Damm produziere nur 120 bis 150 Megawatt. Dabei ist das der tägliche Durchschnittswert.“ Allerdings, gibt er auch zu, sind der Wasserkraft Grenzen gesetzt: „Uganda muss sich nach Alternativen umsehen“.

Diese Botschaft gefällt Präsident Yoweri Museveni und den Technokraten im Energieministerium gar nicht. In Ugandas Schaltzentralen der Macht ist bereits ein neues Dammprojekt in Vorbereitung: geplant ist es an den Karuma-Wasserfällen in Norduganda. Sogar Ugandas berühmteste Touristenattraktion, die Murchinson-Fälle, könnte dafür vereinnahmt werden. Die Zeit drängt. Die Regierung stellt sich auf einen realen Energiebedarf von 3.500 Megawatt bereits in drei Jahren ein. „Sonst“, warnt Energieminister Dujanga, „gehen in Uganda wieder die Lichter aus.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Uganda, Stromversorgung, Energie, Energieversorgung, Stromnetz, Staudamm, Wasser, Turbinen, Mittelklasse, Stromausfälle, Energiebedarf, Kampala, Bujagali-Staudamm, Victoriasee, Elektrizität, Wasserspiegel, Wasserkraft, Karuma-Wasserfälle, Murchinson-Fälle, Umwelt, Umweltschutz, Energieministerium, Yoweri Museveni, Nil