Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Somalia: Einschusslöcher verputzen in Mogadischu

Meldung vom 31.05.2012

An allen Ecken und Enden ist es zu spüren – in Mogadischu hat eine rege Aufbauphase begonnen. Nach 20 Jahren Bürgerkrieg bemüht sich eine Stadt, wieder auf die Beine zu kommen. Eine Enklave in einem zerschossenen Land. Viele Somalier haben aber den Mut, aus dem Ausland zurückzukehren.

Die Bässe hämmern durch die Nacht. Der Sound von Musik, auf die man tanzen kann, ist ein ungewohntes Geräusch in den Gassen von Mogadischu. Jahrelang waren in der somalischen Hauptstadt viele Straßen selbst tagsüber völlig leer gefegt. Das Stadtzentrum rund um die Ruinen von Bankgebäuden und Luxushotels brütete menschenleer in der Sonne, Gestrüpp überwucherte die herunter gekommenen Gemäuer. Nur Hyänen und andere wilde Tiere hatten hier ihren Lebensraum. Und nun diese Musik. Die Party spielt sich hinter einer Mauer ab.

Am Eingang werden die Taschen gefilzt, drinnen noch einmal mit Metalldetektoren überprüft. Denn obwohl die Al-Shabaab-Miliz ihre Stellungen in Mogadischu im letzten Sommer verließ, blieben einige Kämpfer in der Hauptstadt zurück. Sie verüben regelmäßig Selbstmordanschläge. Außerdem ist die halbwegs sichere Zone nur klein.

„Wir veranstalten ein- bis zweimal im Monat solche Partys“, erklärt Mohammed Abdi stolz. Er ist Eigentümer des traditionellen somalischen Restaurants, das eine Nacht lang zur Disco umgestaltet wird. Eine solche Party war noch vor Monaten völlig undenkbar. Als die Al-Shabaab-Miliz die Hauptstadt fest im Griff hatte, waren nicht nur Musik und Tanzen untersagt, sondern auch andere „weltliche“ Freuden wie Fußballspielen oder Fernsehen.

„Egal ob Taxifahrer oder Büroangestellter, man konnte jederzeit verhaftet werden oder unsere Telefone wurden abgehört“, erinnert er sich. In Minnesota hatte er IT-Technologie studiert, eine gutes Gehalt bekommen und sich ein Haus gekauft. Das verkaufte er, um das Geld in Somalia anlegen zu können. Allerdings scheiterten viele seiner Projekte im Chaos der ständig wechselnden Bürgerkriegsfronten.

Aus dieser Erfahrung heraus handelt er auch jetzt noch mit Bedachtsamkeit, obwohl die Stadt seit Monaten von einer Welle des Optimismus erfasst wird. Statt viel Geld in ein einziges Projekt zu investieren, baute er lieber an mehreren Standbeinen, damit er nicht alles verliert, wenn in einem seiner Geschäfte eine Bombe hochgeht. Außer dem Restaurant betreibt er noch ein Internetcafé, eine Apotheke, ein Lebensmittelladen und eine mobile Eisdiele. Bis zu drei Viertel seiner Einnahmen müsse er nach wie vor noch in die Sicherheit stecken.

Damit meint er nicht mal die Bodyguards, die seine Gäste mit Metalldetektoren auf Sprengstoffgürtel, Waffen oder Bomben überprüfen. Sondern er bezahlt Informanten, damit sie sich umhören und ihm mitteilen, „was die Al-Shabaab-Milizionäre vorhaben, ob sie zum Beispiel ihre Taktik ändern“.

Die Party ist nicht gerade das, was ein Westler unter einer Party versteht. Vor sich haben die Gäste Pappteller mit einem Stück Kuchen und einem Keks, außerdem eine Limo-Flasche. Alkohol sucht man hier vergeblich, und die Frauen sind unter der Burka verborgen, mit weiten Gewändern und Kopftüchern, die keine Haarsträhne freigeben. Dennoch tanzen Männer und Frauen gemeinsam und es bahnen sich erste Annäherungsversuche an.

„Ich genieße Mogadischu“, sagt ein Gast, ein Rückkehrer aus London. „Klar, hin und wieder gibt es kleinere Vorfälle, jemand sprengt sich in die Luft oder so, aber im Allgemeinen ist es ruhig.“ Wie manche seiner Freunde kam er nach Somalia, um beim Wiederaufbau von Staat und Gesellschaft seinen Teil beizutragen. Er ist in der Stadtverwaltung von Mogadischu tätig, unter einem Bürgermeister, der auch aus London in die Heimat zurückgekehrt ist.

In Mogadischu wird derzeit fleißig gehämmert und getüncht, ein Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs hat begonnen. Die Baubranche boomt, denn seitdem weniger Granaten einschlagen, haben die Menschen mehr Motivation, ihre Häuser wiederaufzubauen. Ein Bauunternehmer begeht eine seiner Baustellen. Arbeiter verputzen in allen Etagen einer Villa Einschusslöcher, ziehen Mauern hoch, verlegen einst geplünderte Kabel neu. Trotzdem hat er so viele Aufträge, dass er sie nicht alle auf einmal abarbeiten kann. Seine Auftraggeber bestehen aus Exil-Somaliern, die angesichts der Stabilisierung nach Mogadischu zurückgekehrt sind, oder aus Geschäftsleuten, die vor Ort in kurzer Zeit zu Geld gekommen sind.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Somalia, Exil, Mogadischu, Heimkehr, Aufbau, Wiederaufbau, Bürgerkrieg, Bauphase, Sicherheit, Al-Shabaab-Miliz, Tanz, Disco, Party, Baubranche, Investment, Stabilisierung, Granaten, Selbstmordattentate