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Sudan: In den Nuba-Bergen – Bomben auf die eigene Bevölkerung

Meldung vom 11.06.2012

Für den Nuba-Volksstamm im Zentralsudan brachte die Unabhängigkeit des Südens vor einem Jahr Krieg anstatt von Frieden. Das Volk ist nicht zum ersten Mal zwischen die Fronten geraten. Regelmäßig lässt Sudans Luftwaffe nun Bomben auf zivile Ziele in der abgelegenen Region fallen. Inzwischen haben die meisten Hilfsorganisationen das umkämpfte Gebiet verlassen – die Folgen für die Bevölkerung werden immer drastischer.

Es gibt einen Kirchenchor in der katholischen Gemeinde von Gidel, einem Ort in den Nuba-Bergen im Sudan. Die jungen Männer und Frauen haben sich ganz dem Gesang hingegeben, schauen auf jede Geste ihres Dirigenten. Ausnahmsweise richten sie ihre Augen nicht ständig zum Himmel, so konzentriert sind sie bei der Sache. Dabei ist den Menschen in den Nuba-Bergen der Blick nach oben zur Gewohnheit geworden. Immer wieder kontrollieren sie den Himmel auf Flugzeuge hin und halten Ausschau nach Kampfjets vom Typ MiG 29 und nach Antonow-Transportflugzeugen.

Seit fast auf den Tag genau einem Jahr, seit dem 5. Juni 2011, herrscht in den Nuba-Bergen Krieg. Omar al-Baschir, der Präsident des Sudan, hat seiner Luftwaffe Angriffe gegen die eigene Bevölkerung befohlen. Die ständige Gewalt erklärt die Inbrunst, mit der die Mitglieder des Kirchenchores jetzt vom Frieden Gottes singen – der Frieden auf Erden ist in weite Entfernung gerückt.

„Ich versuche, einige der Probleme der Menschen hier zu lösen. Viele wollen nach Yida kurz hinter der Grenze des Südsudan fliehen, andere wollen noch weiter nach Süden. Oder nach Kenia, oder ganz woanders hin“, sagt Barabas Kuku, Vertreter der Rebellenregierung in den Nuba-Bergen. Er kann in dieser Funktion im Grunde nichts anderes tun, als den Menschen so gut es geht bei ihrer Flucht aus dem Kriegsgebiet zu unterstützen.

Die Nuba-Berge befinden sich in der Nähe der Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan, gehören aber zum Norden. Sie unterstehen also der Gewalt von Omar al-Baschir in Khartum. Tatsächlich aber hat sich in dieser Region die Befreiungsbewegung des Sudanesischen Volkes, SPLM-Nord, gegen die nordsudanesische Regierung erhoben.

In den Nuba-Bergen kann man kaum mehr überleben. Die Bomberpiloten scheinen bewusst die Menschen im Visier zu haben. Zur Zielscheibe werden Zivilisten, die an Brunnen für Wasser anstehen oder die Rinderherden hüten. Jedenfalls registriert man unter den Opfern der Luftangriffe auffällig viele Frauen und Kinder, die am Brunnen oder bei den Herden getroffen wurden. Weil auch Männer und Frauen bei der Feldarbeit immer wieder von Bomben attackiert und getötet werden, hat keiner mehr den Mut, seinen Acker zu bestellen. Obwohl das gegen alle Regeln des Krieges verstößt, schließt die internationale Öffentlichkeit vor dem Sterben in den Nuba-Bergen die Augen. Die Gegend ist so abgelegen und unzugänglich, dass Informationen schwerlich nach außen dringen.

Während des langen Krieges um die Unabhängigkeit des Südsudan haben die Rebellen in den Nuba-Bergen Seite an Seite mit denen im Süden gekämpft. Als Khartum 2005 mit dem Süden einen Friedensvertrag signierte, legten sich auch die Kämpfe in den Nuba-Bergen. In dem Friedensvertrag wurde der Status der Nuba-Berge allerdings nicht klar festgelegt. Die Bevölkerung sollte in einem Referendum später selbst wählen, ob sie zum Norden oder zum Süden gehören will. Diese Abstimmung hat der sudanesische Präsident al-Baschir bis heute unterdrückt. So wurde der Südsudan am 9. Juli 2011 ohne die Nuba-Berge unabhängig.

Als die SPLM-Nord im Juni 2011 erneut in den Kampf zog, war der Süden offiziell noch nicht einmal unabhängig. Ärger verursachte das Ergebnis einer Gouverneurswahl, die in den Augen der SPLM ein Betrug sein musste. Denn der von Den Haag als Kriegsverbrecher gesuchte Kandidat des Nordens konnte überraschend den Sieg gegen den populären Kandidaten der SPLM davontragen.

Seitdem wird in den Nuba-Bergen wieder gekämpft. Ein ungleicher Kampf, denn Sudans Präsident Baschir streitet vor allem gegen seine eigene Bevölkerung. Im Norden hat er die einzige Straße in die Berge blockiert und hält humanitäre Hilfe ab. Hunger ist seine stärkste Waffe: ein kostengünstiger Terror, der vor allem die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zieht.

Die Menschen hungern, doch fast alle internationalen Organisationen sind vor dem Bombenterror geflohen. Gebende Hände führt noch Hilfsgütertransporte zu den Flüchtlingen durch. Offiziell darf niemand mehr helfen. Eine Diözese führt nichtsdestotrotz noch ein Krankenhaus. Dicht an dicht reihen sich die Betten. In einem liegt Malda, 22 Jahre alt. Ihr Gesicht, ihre Arme und Beine weisen schwere Verbrennungen auf.

„Ich wurde von einer Bombe getroffen, ich war in meiner Hütte, als das Flugzeug kam. Mit meinen Kindern bin ich losgerannt und habe noch versucht, irgendwo in Deckung zu gehen. Aber es war zu spät, wir wurden getroffen. Wir waren fünf: Ich hatte meine beiden Kinder dabei, außerdem noch eine andere Frau. Meine Kinder und diese Frau waren sofort tot“, schildert sie ihr Entsetzen. Der Arzt Tom Catena musste in der jüngsten Zeit mehrere Patienten mit denselben furchtbaren Verbrennungen medizinisch versorgen. Der Arzt geht davon aus, dass es sich bei diesen Brandbomben nicht um konventionelle Waffen handelt.

„Wenn das kein Napalm ist, dann ist es etwas Ähnliches. Vielleicht handelt es sich um irgendeinen Zusatzstoff zu Benzin, der bewirkt, dass es einen riesigen Feuerball gibt, wenn die Bombe explodiert. Das ist die einzige Erklärung, die ich dafür habe, dass die Menschen auf diese furchtbare Weise verbrannt sind. Ich habe zufällig ein Foto von der Hütte dieser Frau gesehen, vom Grundstück ihrer Familie. Alle Gebäude sind verbrannt. Die Strohdächer sind weg, die Wände alle schwarz. Es muss also einen riesigen Feuerball gegeben haben. Und die Brandwunden sind so schrecklich. Und seltsam, weil sie bei allen dasselbe Muster aufweisen: Immer sind das Gesicht, beide Arme, beide Beine und der Rücken verbrannt“, stellt er fest.

In einem Bett auf der Kinderstation liegt der achtjährige Cholda, auch er ist über und über mit Verbrennungen dritten Grades übersät: die Haut ist weg, nur rohes Fleisch ist noch sichtbar. Andere Bombenopfer sind die neunjährige Djamila, die querschnittsgelähmt ist, seit sie am Brunnen von einem Bombensplitter erfasst wurde. Und der 15-Jährige Daniel Omar, der beim Rinder-Hüten unter einen Bombenangriff geriet und beide Arme verlor. Es sind lauter Zivilisten und viele Kinder: Opfer eines unfairen Krieges, der sich als reiner Terror gegen die Bevölkerung richtet.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandfunk“, dradio.de

Schlagwörter: Sudan, Nuba-Berge, Bomben, Luftangriffe, Hunger, Flüchtlinge, Napalm, Verbrennungen, Opfer, Omar al-Baschir, SPLM-Nord, Unabhängigkeit, Brandbombe