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Rumänien: Das Tauziehen zweier korrupter Cliquen

 
Meldung vom 18.07.2012

In Rumänien findet ein großer politischer Machtkampf statt. Doch bei den rumänischen Sozialdemokraten ist der Name nur Tarnung: Hier haben sich ehemalige Kommunisten eingenistet, die sich beim Kampf um Macht und Pfründe durch Gesetze nicht aufhalten lassen. Wenn die EU nicht eingreift, fürchten viele Bürger, dass der Rechtsstaat oder zumindest die Zukunftsvision eines entstehenden Rechtsstaats untergeht.

Victor Ponta ist ein aalglatter Mann. Im Gespräch gibt sich der 39-Jährige selbst bei sehr kritischen Nachfragen oft freundlich und kompromissbereit. Er reagiert beherrscht, geschliffen und in perfektem Demokratie-Jargon. Oft lässt er dazu sein breites, unschuldiges Buben-Lächeln aufblitzen.

Der talentierte Ex-Staatsanwalt, einst verantwortlich für Korruptionsbekämpfung, ist seit 2010 Vorsitzender der mächtigsten wendekommunistischen Seilschaft in Rumänien – der Sozialdemokratischen Partei (PSD). Seine juristische Doktorarbeit besteht zu 80 Prozent aus Plagiaten, seinen Lebenslauf hat er mit fiktiven Masterabschlüssen verschönt. Als Regierungschef zeigt er nun, wie ein Rechtsstaat auseinander genommen wird.

Seit Anfang Mai im Amt, liefern sich Victor Ponta und seine Regierung ein erbittertes Gefecht mit dem Staatspräsidenten Traian Basescu. Mit Dekreten und entgegen Entscheidungen des Verfassungsgerichts wurde der Staatschef Anfang Juli von seinem Amt suspendiert. Am Monatsende müssen die rumänischen Wähler in einem Referendum über seine Absetzung entscheiden.

Wie viele Beobachter in Rumänien definiert auch die Bukarester Juristin Laura Stefan diese Vorgänge „ganz eindeutig als einen Staatsstreich“. Stefan ist Mitglied einer unabhängigen Expertengruppe, die im Auftrag der EU den Stand der Rechtsstaatlichkeit im Land überprüft. Am Mittwoch, den 18.07.2012, hat die EU-Kommission ihren halbjährlichen Fortschrittsbericht zur Justizreform und zum Kampf gegen Korruption in Rumänien präsentiert. Es wurde deutliche Kritik an dem Justizsystem und dem jetzigen Vorgehen der Ponta-Regierung geübt.

„Bei uns werden keine Regeln mehr eingehalten“, kritisiert die Juristin. „Das ist nicht mehr nur ein innenpolitisches Problem Rumäniens. Wenn die EU das durchgehen lassen würde, dann wäre das ein europaweites Signal an alle Gegner von Rechtsstaatlichkeit. Dann bekäme die EU ein Stabilitätsproblem.“

Selbst im postkommunistischen Rumänien ist ohne Beispiel, wie die Regierung Ponta agiert, um die Macht an sich zu reißen. Der gegenwärtige Showdown zwischen Ponta und Basescu wurde Anfang Juni ausgelöst durch einen bizarren Streit darum, wer Rumänien bei einem Treffen des Europäischen Rates in Brüssel vertreten dürfe. Das Verfassungsgericht entschied zugunsten Basescu – Ponta ignorierte das Urteil und reiste selbst. In diesem Stil wurde der Kampf der beiden in den letzten Wochen weiter ausgetragen.

„Was wir derzeit erleben, ist ein Kampf zweier Cliquen, die beide keine Legitimität besitzen und die jetzt bis zum letzten um ihren Einfluss und ihre Existenz kämpfen“, weiß der Publizist und Historiker Ovidiu Pecican, der an der Universität Cluj (Klausenburg) lehrt. „Ponta und Co. greifen den Rechtsstaat im Eiltempo und sehr hart an, Basescu und seine Leute haben ihn über längere Zeit mit gemäßigteren Methoden ausgehöhlt.“

Der politische Ziehvater Pontas, der ehemalige PSD- und Regierungschef Adrian Nastase, wird seinerseits in Rumänien als das Symbol eines korrupten Politikers gesehen – er wurde am 20. Juni wegen illegaler Wahlkampf- und Parteienfinanzierung letztinstanzlich mit einer zweijährigen Gefängnisstrafe belegt. Es war das erste Mal überhaupt in zwei Jahrzehnten, dass ein Politiker seines Ranges im Gefängnis landete. Um der Haft zu entkommen, inszenierte Nastase einen theatralischen Selbstmordversuch, was ihm jedoch nur einige Tage Aufschub einbrachte – inzwischen ist er hinter Gittern.

Dieser Vorgang war das ultimative Alarmsignal für Rumäniens korrupte Elite: Wenn sogar ein Mann vom Range Nastases im Gefängnis landen konnte, dann ist niemand mehr sicher. Die Inhaftierung des Ex-Regierungschefs sehen Beobachter daher übereinstimmend als Hauptursache für den Machtkampf, den Ponta und die Sozialliberale Union austragen. „Sie wehren sich mit allen Mitteln gegen eine unabhängige Justiz“, meint die Juristin Laura Stefan. „Am liebsten sähen sie Rumänien in einer Grauzone außerhalb der EU.“

Bei einem heutigen Treffen zwischen Ponta und der EU-Spitze in Brüssel machte Ponta schriftliche Zugeständnisse an die EU, um die Situation zu entschärfen. Welche genau, blieb allerdings vorerst geheim.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 EU-Kommission tadelt Rumänien




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Rumänien, Victor Ponta, Traian Basescu, Staatsstreich, Sozialdemokraten, Sozialdemokratische Partei, PSD, Rechtsstaatlichkeit, Justiz, unabhängige Justiz, Gefecht, Machtkampf, Adrian Nastase, Brüssel, Europäischer Rat, Kommunisten, Elite, Korruption, Gefängnis, Haftstrafe, Suspendierung, Referendum, Dekrete, Verfassungsgericht