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Kenia: Lebensgefährliche Zustände im Flüchtlingslager Dadaab

Meldung vom 01.08.2012

Im größten Flüchtlingslager der Welt, in Dadaab, Kenia, herrschen kriminelle Zustände. Die Menschen dort benötigen dringen Hilfe. Doch die Helfer wagen sich kaum mehr hinein. Zu groß ist das Risiko, von Islamisten attackiert zu werden.

Abdi Abudllahi kann das Bild nicht vergessen, obwohl es schon zwei Monate her ist: Eine abgehackte Hand liegt im Staub des kenianischen Flüchtlingslagers. „Sie wollten das Handy klauen, das der Mann bei sich hatte“, berichtet der 28-Jährige in Nairobi, wo ihm kurzfristig ein Aufenthalt genehmigt wurde. Am nächsten Tag habe sich die Hand noch an der gleichen Stelle befunden, sagt Abdi. Wie er sind fast alle in Dadaab aus Somalia geflohen, das keine hundert Kilometer entfernt ist. Der Krieg zwang Hunderttausende von Menschen zur Flucht.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hausen in Dadaab deutlich mehr als eine halbe Millionen Menschen. Es ist damit das größte Flüchtlingslager der Welt. Abdi harrt schon seit mehr als 20 Jahren hier aus. Sein Vater und seine Mutter wurden in den ersten Tagen des Bürgerkrieges in der Hafenstadt Kismayo umgebracht. „Nachbarn nahmen mich mit auf die Flucht.“ Er war sieben Jahre alt. „Aber das ist kein Ort, an dem man zu Hause ist.“

Seit einigen Monaten sind Abdis Lebensumstände noch schlechter geworden. „Es ist sehr unsicher geworden.“ Außer der Sache mit der Hand erinnert er sich gleich noch an einen zweiten Vorfall. „Sie schossen einer Frau, die ich gut kenne, ins Bein.“ Die Täter stammen in beiden Fällen von der somalischen Al-Schabaab-Miliz, da ist sich Abdi sicher. „Islamisten haben das Lager infiltriert.“ Wie Helfer angeben, schikanieren die Milizionäre die Lagerbewohner, stehlen, was sie haben wollen und üben schreckliche Straftaten an ihren Widersachern aus.

„Es gibt Sicherheitsprobleme“, gibt auch Emmanuel Nyabera zu, Sprecher des UNHCR. „Aber wir haben mit der Regierung gesprochen, sie hat die Sicherheit verstärkt.“ Bisher jedoch wurden die staatlichen Sicherheitskräfte immer wieder selbst Ziel der Angriffe. Mehrfach explodierten Sprengsätze und Granaten neben oder unter Polizeifahrzeugen. Erst vergangene Woche erlitten sechs Personen Verletzungen, als eine Bombe eine Polizeieskorte traf, die Mitarbeiter einer Hilfsorganisation bei einer Lebensmittelverteilung überwachte.

Immer wieder werden auch die Helfer selbst zu Opfern: Ende Juni wurden vier ausländische Mitarbeiter des Norwegischen Flüchtlingsrates verschleppt, ihren kenianischer Fahrer ermordeten die Täter. Schon im Oktober 2011 kidnappten Unbekannte zwei ausländische Mitarbeiterinnen von Ärzte ohne Grenzen und verletzten ihren kenianischen Fahrer schwer.

Warum solche Vorfälle in der jüngsten Zeit zunehmen, ist für Philip Ndolo leicht zu beantworten. „Die Al-Schabaab greifen uns an, seit die kenianische Armee in Somalia einmarschiert ist“, weiß Ndolo, der bis zu seiner Ablösung Mitte Juli stellvertretender Polizeichef der Region war. Die Truppen aus Kenia hatten im Oktober die Grenze überquert, nachdem die somalischen Islamisten dort mehrere Anschläge angezettelt hatten. Die Miliz, die zum Al-Kaida-Netzwerk gehört, kündigte Kenia Vergeltungsschläge an, und tatsächlich nahm die Zahl der Anschläge überall im Land seither zu.

Die unsichere Lage in Dadaab wirkt sich längst negativ auf die Versorgung der Flüchtlinge aus. Viele Organisationen verbieten ihren Mitarbeitern, die Flüchtlingslager selbst zu betreten. Sie halten sich in dem gesicherten Camp auf, das für die Helfer reserviert ist. „Sich außerhalb dieses Camps zu bewegen, ist lebensgefährlich“, bezeugt Johan van der Kamp. Er führt das Büro der Deutschen Welthungerhilfe in Kenia und ist damit auch verantwortlich für die Projekte in Dadaab.

Statt die eigenen Mitarbeiter in das Lager zu entsenden, erklären die Helfer Vertretern der Flüchtlinge, was sie an Hilfsmaßnahmen vorhaben. Oder sie rekrutieren Bewohner der umliegenden Dörfer, die von den Flüchtlingen ethnisch nicht zu unterscheiden sind. „Auf lange Sicht können wir so nicht arbeiten“, gibt van der Kamp zu. „Wir müssen selbst kontrollieren können, ob die Hilfe da ankommt, wo sie ankommen soll.“

Wenn sich die Sicherheitslage nicht bald wieder ändere, könne die Welthungerhilfe nicht weiterarbeiten. „Dann haben wir nicht mehr das Gefühl, tatsächlich Hilfe leisten zu können“. Wegen der angespannten Lage haben viele Organisationen ihre Maßnahmen auf ein Minimum zurückgefahren. In den völlig überfüllten Lagern erhalten die Flüchtlinge nur noch das Nötigste. Eine auf Dauer unhaltbare Situation, klagt nicht nur Johan van der Kamp.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: domradio.de

Schlagwörter: Kenia, Dadaab, Flüchtlingslager, Kriminalität, Islamisten, Al-Schabaab-Miliz, Sicherheit, Hilfsorganisationen, Helfer, Opfer, Polizei, Flüchtlinge, Lebensmittelverteilung