Indien: Ein Fest für 65 Jahre Unabhängigkeit

 
Meldung vom 16.08.2012

Indien ist ein junges Land mit jungen Menschen. Gerade einmal 65 Jahre alt ist der Staat. Am 15. August 1947 erklärte sich Indien unabhängig von der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien. Heute beherbergt die größte Demokratie der Welt gut 1,2 Milliarden Einwohner – und die sind im Durchschnitt nur 26 Jahre alt. Den Tag der Unabhängigkeit feiert Indien mit großem Pomp. Das Land hegt für die Zukunft noch viele Hoffnungen und Wünsche.

„Was das junge Indien will“, verrät ein neues Buch von Bestseller-Autor Chetan Bhagat. Damit hat er eine große öffentliche Diskussion angestoßen. Bhagat findet kurz zusammengefasst Folgendes heraus: „Was die Menschen wirklich wollen, ist ein toller Freund oder eine tolle Freundin und einen guten Job.“ Und das meint er völlig ernst. Der ehemalige Investment-Banker durchstreift seit Jahren ganz Indien, um Stoff für seine Romane zu suchen.

Bhagat bezeichnet sich selbst als Sprachrohr und Meinungsführer der jungen indischen Mittelschicht. „Sie wollen ein gutes Leben“, resümiert er seine Eindrücke. „Es interessiert sie nicht, was sie studieren. Hauptsache, sie haben nach ihrem Studium einen guten Job! So bleibt die Bildung bei uns auf der Strecke. Die junge Generation will nur wissen, wie sie ihr eigenes Ding im Leben durchziehen kann!“

Tatsächlich ist vor kurzem eine Studie veröffentlicht worden, die darlegt, dass 40% der jungen Ingenieure nicht in Jobs vermittelbar sind. Das betrifft besonders die urbane Mittelschicht, meint Parlamentsmitglied Shashi Tharoor. Zu dieser Misere kommt ein anderes Problem hinzu: Indien hat weltweit gesehen die meisten Analphabeten.

„Es gibt überall junge Inder, und es gibt mehr von ihnen auf dem Land als in der Stadt, und die meisten haben noch nie eine Schule von innen gesehen, geschweige denn eine Universität“, erklärt Tharoor. „Wir haben eine große Vielfalt an jungen Menschen, aber sie alle eint eine Sache: Sie sind ungeduldig und voller Hoffnung. Sie wollen ein besseres Leben, als das ihrer Eltern.“

Das bekräftigen auch die jungen Menschen am India Gate. Rund um den Triumphbogen in Neu-Delhi spazieren Freunde und Familien mit Kühlboxen im Arm, um zu picknicken. Egal, wen man hier anspricht, alle betonen, sie seien stolz auf ihr Land. 90.000 Namen sind am India Gate eingraviert, Soldaten, die im Ersten Weltkrieg ums Leben kamen. Das sei ja schon längst Vergangenheit und auch die Kriege gegen Pakistan seien ja schon lange her, meint der Callcenter-Angestellte Prasan Jeet: „Wenn Pakistanis hierher kommen, sind wir die ersten, die sie umarmen! Wir haben kein Problem mit Muslimen oder Pakistanis, solange wir uns hier sicher fühlen können.“

Doch ganz so friedlich geht es noch nicht zu. Erst am Wochenende fand in Mumbai eine Demonstration von Muslimen statt, die gegen Diskriminierung protestierten. Zwei Menschen wurden getötet und hundert wurden verletzt. Darum müsse sich die Politik kümmern, so denken viele junge Inder. Politiker in Indien genießen kein hohes Ansehen. Die meisten seien korrupt, unqualifiziert und ohne Visionen, unterstreicht auch Aman Andrajog. Der 23-jährige Anwalt, der gerade mit seiner Familie einen Sonntagsspaziergang macht, ist der Ansicht, man habe eigentlich keine richtige Wahl in Indien, trotz Demokratie. „Wir haben eigentlich nur zwei Parteien, und man weiß gar nicht, welche von beiden man wählen soll. Die sind beide schlecht. Ich denke, wir brauchen unbedingt neue Führer, junge Leute müssen in die Politik!“

Zur Politik berufen fühlen sich nur wenige aus der Mittelklasse, aber sie wollen in Indien leben. Nur so könnten sie für Fortschritt in ihrem Land sorgen und zugleich bei ihrer Familie sein. Die Familie hat auch für die junge indische Generation immer noch einen sehr hohen Stellenwert. Schließlich haben viele Eltern ihr Leben lang Geld zurückgelegt, damit ihre Kinder nun studieren können. Der junge Anwalt Andrajog übertrifft seine jungen Zeitgenossen noch: „Ich will, dass mein Vater stolz auf mich sein kann“, erklärt Aman grinsend. Das stelle das einzige Ziel in seinem Leben dar.


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Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de