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Südafrika: Erschütterung – Wo ein Arbeitskampf im Massaker endete

Meldung vom 04.09.2012

Ein Massaker bei Streiks in einer Platinmine hat Südafrika erschüttert. Viele fragen sich angesichts der blutigen Bilanz der Proteste: „Ist das das Erbe der Apartheid?“ In Südafrika sind Gewalt und Tote leider ein fester Bestandteil von sozialen Unruhen. Auch das Gemetzel von Marikana wird die Südafrikaner nicht eines Besseren belehren.

„Der Typ mit der Axt?Joseph Buhlungu schnaubt abfällig. „Das war ein Verräter, der hat bekommen, was er verdient.“ Joseph Buhlungu gehört zu den etwa 3.000 Felsbohrern, die am 10. August 2012 den wilden Streik um mehr Lohn in der Platinmine in Marikana angefangen hatten. Dabei starben innerhalb von acht Tagen 44 Menschen. Der „Typ mit der Axt“ war einer der ersten Toten. Ein Bergarbeiter, der den Streik brechen wollte. Dafür hatten ihm seine Kollegen mit einem einzigen Axthieb den Schädel gespalten. Dann hatten sie ihm 17 Stichwunden in die Brust zugefügt und die Leiche anschließend so öffentlich zur Schau gestellt, als sei sie gerade vom Kreuz genommen worden. Einen ganzen Tag lag der Tote mit ausgebreiteten Armen auf dem Hügel, den sich die streikenden Bergarbeiter als strategischen Punkt ausgesucht hatten. Er sollte eine Warnung darstellen.

Das blutige Ende des Streiks um die zum britischen Lonmin-Konzern gehörende Platinmine in der Provinz North-West war das schlimmste Gemetzel in Südafrika seit dem Ende der Apartheid 1994. Zu den Opfern zählten zehn Menschen, darunter zwei Polizisten, die mit Macheten in Stücke gehauen wurden, zwei Wachmänner der Mine, die bei lebendigem Leib verbrannt wurden, und sechs Arbeiter, die bei Kämpfen rivalisierender Gewerkschaften massakriert wurden.

Als die Polizei den brutalen Streik schließlich gewaltsam auseinandertreiben wollte, geriet der Arbeitskampf endgültig außer Kontrolle: Die mit Speeren, Macheten, Keulen und in mindestens zwei Fällen auch Pistolen ausgerüsteten Streikenden attackierten die Sicherheitskräfte, die schossen in Todesangst um sich und brachten weitere 34 Menschen um. Seither muss sich eine erschütterte Regenbogennation damit auseinandersetzen, wie es passieren konnte, dass ein Arbeitskampf in einem solchen Blutbad endete.

Tatsächlich geht es in der südafrikanischen Bergbauindustrie teilweise immer noch wie im Frühkapitalismus zu. Die Gründe für ein solches Blutbad sind schnell aufgezählt. Es geht um die unterbezahlte und überforderte Polizei, die regelrecht in Hysterie geraten war; um die Unfähigkeit der Regierung, die Armut der Menschen zu beheben, während die „Brothers“ an der Spitze in ihren italienischen Luxussportwagen durch Johannesburg brausen; es geht um ein bankrottes staatliches Bildungssystem, das nur noch Generationen produziert, die auf dem Arbeitsmarkt einfach nicht zu vermitteln sind; und es handelt sich um Bergbaukonzerne, die es sich offenbar leisten können, Sozialgesetze einfach zu umgehen und um Gewerkschaften, die die Verzweiflung der Kumpel für den eigenen Machtkampf instrumentalisieren.

Nüchtern betrachtet, fällt das Massaker von Marikana nur wegen der hohen Zahl an Opfern aus der Reihe, nicht aber wegen der angewandten Praktiken. Denn blutige Gewalt gehört zum festen Programm von Arbeitskämpfen und sozialen Protesten am Kap. Selbst Proteste um solch profane Dinge wie Wasseranschlüsse in den Townships münden mittlerweile regelmäßig in Straßenschlachten, bei denen die Sicherheitskräfte mit Gummigeschossen vorrücken müssen. Und wenn in einer Stadt wie Johannesburg die Müllabfuhr für eine moderate Lohnerhöhung streikt, raten die Radiostationen den Autofahrern, Ausweichrouten zu nehmen, damit sie nicht in einem Steinhagel landen.

Inzwischen sind solche Verhältnisse normal geworden, und die gebetsmühlenartig angeführten Erklärungsversuche, dies liege in dem erschreckenden Gefälle zwischen Arm und Reich begründet und auch in dem angeblichem Unvermögen der Unterschicht, sich Gehör zu verschaffen, greifen langsam nicht mehr. Die hart erkämpfte politische Freiheit wird – so hat es den Anschein – in Südafrika mit der Freiheit verwechselt, sich alles herausnehmen zu dürfen.

Derweil wurde für die nach dem blutigen Ende des Streiks festgenommenen 270 Bergarbeiter vorerst auf eine Mordanklage verzichtet. Die stellvertretende Leiterin der Staatsanwaltschaft, Nomgcobo Jiba, teilte mit, die Klage wegen 44fachen Mordes werde bis zum Ende der Ermittlungen stillgelegt, könnte danach aber wieder erhoben werden. Die meisten der 270 Kumpel sollen auf freien Fuß gesetzt werden. Im Gefängnis sollen nur diejenigen bleiben, die keinen festen Wohnsitz vorweisen können.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, faz.net

Schlagwörter: Südafrika, Platinmine, Streit, Massaker, Tote, Gemetzel, Haft, Mordanklage, Gewerkschaften, Apartheid, Gewalt, Lonmin, Arbeitskämpfe, Brutaliät, Blutbad, Proteste, Marikana, Kumpel, Bergarbeiter, Wachmänner, Polizei, Bergbau, Sozialgesetze, Gefälle, Armut, Löhne, Mindestlöhne, Bildung, Arbeitsmarkt