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Somalia: „Wir wollen keine Rambos“ – Mit Söldnern gegen die Piraten

Meldung vom 21.09.2012

Schiffsreedereien sollen künftig private Söldner zum Schutz ihrer Schiffe einsetzen dürfen. Die Bundesregierung will eine entsprechende Gesetzesvorlage für deutsche Schiffe verabschieden. Was sich vor der Küste Somalias derzeit alles abspielt, berichtet ein Ex-Soldat.

Das Video entspreche der Wirklichkeit, sagt Ben. Er habe selbst vor der Küste von Somalia Vergleichbares erlebt. Er sei dort als bewaffneter Wachmann auf Schiffen deutscher Reeder im Einsatz gewesen. Ben hat in Wirklichkeit einen anderen Namen, will aber aus Sicherheitsgründen anonym bleiben.

Auf dem Video, das Ben meint, sieht man ein Frachtschiff mitten auf dem Indischen Ozean, als plötzlich Hektik an Bord ausbricht. Es dreht sich um den amerikanischen Massengutfrachter Avocet. Durch die Fenster der Brücke erkennt man, wie in der Ferne ein kleines Boot auf den Frachter zurast. „Ich gebe die Waffen frei“, sagt ein Mann in sein Funkgerät. „Los, Warnschuss!“ Ein Wachmann vom Aufbau des Schiffs feuert mit einem Sturmgewehr auf das Boot. Schüsse knattern, Patronenhülsen fliegen. Das beschossene Boot prallt in voller Geschwindigkeit gegen die Bordwand. „Ein zweites Schiff“, schreit ein dritter bewaffneter Wachmann. Erneut wird das Feuer eröffnet.

Die Männer mit den Gewehren sind private Sicherheitsleute, die zum Schutz des Frachters engagiert wurden. Man vermutet, dass im Boot Piraten waren. Ob die Männer in den Booten tatsächlich Seeräuber waren oder doch nur Fischer, ist nicht mehr nachweisbar. Ein Manager des Sicherheitsunternehmens Trident Group, das die Männer zur Verfügung gestellt hatte, eröffnete der Nachrichtenagentur Bloomberg, einige der Bootsinsassen seien vermutlich getötet oder verletzt worden. Die Sicherheitsleute an Bord der Avocet seien von den Booten aus beschossen worden. Auf dem Video kann man das nicht erkennen. Auf Fragen der ZEIT wollte Trident nicht eingehen.

Ben ist für ein deutsches Sicherheitsunternehmen tätig, das seine Männer an Reedereien vermietet. In einem gutbürgerlichen Café in einer deutschen Großstadt erzählt er von seinen Einsätzen vor Ostafrika. Er zeigt Fotos auf seinem Handy, auf denen er mit Schutzweste, Funkgerät und Sturmgewehr an Bord von Schiffen abgebildet ist. Ben hat seine Qualifikation bei der Bundeswehr erhalten – wie die meisten Deutschen, die sich als bewaffnete Wachen in Krisengebieten anbieten. Mehrmals hat er Frachter und Containerschiffe beschützt.

Die Sicherheitsleute setzen sich aus vier Mann starken Teams zusammen. Die Sicherheitsleute werden oft von einem Schnellboot zu den Schiffen gebracht. Waffen stellen spezielle Agenturen, die in der Region ansässig sind und die Gewehre bei einheimischen Sicherheitskräften oder auf dem Schwarzmarkt erstehen. Die Waffen werden dann von Mittelsmännern auf hoher See auf die Schiffe gebracht. Nach dem Einsatz werfen die Wachleute die Gewehre ins Meer, um Ärger mit Zollbehörden zu vermeiden.

Für einen üppigen Lohn hätten sie Aufgaben der Militärs übernommen. Vor Somalia lasse sich heute jedenfalls gutes Geld verdienen, meint Ben. Und Schiffe zu bewachen sei weniger risikoreich, als Lastwagenkolonnen an den Taliban vorbei durch Afghanistan zu schleusen.

Bisher fällt der Einsatz von bewaffneten Wächtern an Bord in eine rechtliche Grauzone. Der Einsatz von privaten Sicherheitskräften auf deutschen Schiffen ist gesetzlich nicht geregelt. Reeder beschweren sich, dass sie und ihre Kapitäne mit einem Bein im Gefängnis stünden. Trotzdem können sie gute Resultate vorlegen. Fast 60 Prozent der deutschen Reedereien haben Anfang 2012 die Dienste von bewaffneten Wachleuten an Bord ihrer Schiffe in Anspruch genommen, ergab eine Umfrage unter 101 Reedereien.

Nachdem die Bundesregierung lange gezögert hatte, leitete sie kurz vor der parlamentarischen Sommerpause den Entwurf für ein Gesetz zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen ein. Damit sollen die Gewerbeordnung und das Waffenrecht erweitert werden.

Den bewaffneten Schutz lassen sich Reedereien derweil einiges kosten: Rund 100.000 Dollar müssen sie für eine Passage mit einem erfahrenen Sicherheitsteam bezahlen. Auf dem Markt drängeln sich Firmen wie Xe Services, der Nachfolger der skandalumwitterten US-Söldnerfirma Blackwater, ebenso wie zahllose Kleinunternehmen aus Deutschland. Fast täglich erhält er neue, meist unseriöse Angebote von Sicherheitsfirmen, stöhnt ein Reeder. Oft seien die E-Mails übersät mit Rechtschreibfehlern und dokumentierten die Selbstüberschätzung der Möchtegernsöldner.

„Wir wollen keine Rambos“, behaupten Reeder und Politiker immer wieder. Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf und einer Zulassungspflicht für Sicherheitskräfte dem vorbeugen, dass schießwütige Söldner auf deutschen Schiffen unterwegs sind. Mitte 2013 soll die Zulassung anlaufen – wenn der Bundestag mit dem Gesetz einverstanden ist.

Die Bundespolizei registriert in ihrem Pirateriebericht über das 1. Quartal 2012 jedenfalls einen Rückgang der Überfälle vor der somalischen Küste um 56 Prozent. „Der zunehmende Einsatz von bewaffneten Sicherheitsteams an Bord der Handelsschiffe ist diesbezüglich als wesentlicher Faktor“ einzustufen, so die Bundespolizei, die überdies einräumt: „Bislang ist es den Piraten nicht gelungen, ein Schiff mit einem bewaffneten Sicherheitsteam an Bord zu boarden bzw. zu entführen.“

Für Ben sind die besten Einsätze die, bei denen er nicht ein Feuergefecht eröffnen muss. Meist sei es ausreichend, wenn er und seine Kameraden ihre Waffen ins Sichtfeld rückten und deutlich erkennbar an Bord patrouillierten. Dann brechen die Piraten ihren Überfall ab und suchen sich ein ungeschütztes Opfer. „Wenn die Boote nicht abdrehen, dann kriegen sie einen Schuss in den Motor.“ Und wenn das nicht genügt? Ben fügt hinzu, dass Angreifer „schon mal einen mitgekriegt“ haben. Wer auf ihn schieße, müsse damit rechnen, dass er sich zur Wehr setzt. Seine Treffsicherheit sei allerdings größer als die der Somalis.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de

Schlagwörter: Somalia, Söldner, Piraterie, Piraten, Indischer Ozean, Reederei, Schiffe, Frachter, Sicherheitsbeamte, Rambo, Gesetz, Zulassung, boarden, Patrouille, Waffen, Grauzone, Bundeswehr, Blackwater, Schifffahrt, Ex-Soldat