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Somalia: Die Verteilung der Beute – Machtansprüche an Kismayo

 
Meldung vom 04.10.2012

Sie griffen kurz nach Mitternacht an, sie schlugen die Al-Schabaab-Miliz in kürzester Zeit in die Flucht – und sie waren sehr stolz auf ihren Einsatz. In Somalia haben kenianische Marineinfanteristen die Stadt Kismayo erobert. Doch Frieden ist damit noch lange nicht hergestellt. Jetzt wollen lokale Clans ihre Machtansprüche an die Stadt geltend machen.

Es kam kaum zu kriegerischen Auseinandersetzungen, auf die Islamisten von al-Schabaab, die Kismayo bis zuletzt regierten, hatte die Operation offenbar gehörigen Eindruck gemacht: Über Nacht verließen sie ihre Stellungen und flüchteten aus der Stadt, ihren letzten festen Stützpunkt in Somalia.

Noch haben die Kenianer im Verbund mit somalischen Einheiten und den aus Ugandern und Burundern bestehenden Amisom-Truppen die zweitgrößte Stadt des Landes nicht völlig im Griff. Viertel für Viertel arbeiten sie sich vor, auf der Hut vor Sprengfallen, Selbstmordattentätern und Scharfschützen.

Kurz vor ihrem Auszug hatten die Islamisten gewarnt, die Stadt in ein „Schlachtfeld“ zu verwandeln. Am Dienstag, den 02.10.2012, wurde eine Explosion in der Stadt gehört – offenbar eine Bombe in einem Verwaltungsgebäude. Schabaab-Sprecher Scheich Abdiasis Abu Musab bezeichnete die Explosion einen „Auftakt für die vielen Sprengstoffanschläge, die noch folgen werden“.

Allein hätten die Kenianer den Sieg wohl nie erreicht. Den schmutzigen Teil des Krieges, die Gefechte an der Front, übernahmen überwiegend Soldaten der eilig rekrutierten somalischen Armee. Sie hatten denn auch die meisten Toten zu beklagen, über die jedoch niemand spricht. Die Kenianer setzten ihre Luftwaffe zur Unterstützung ein und halfen mit Logistik und schweren Waffen, waren bei den Bodenkämpfen aber kaum vertreten. So begrenzte sich die Zahl ihrer gefallenen Soldaten auf einen zweistelligen Bereich. Im vergangenen Frühjahr hatten die Kenianer sich zudem dem Kommando von Amisom angeschlossen, deren Truppen maßgeblich von der EU und den USA finanziert werden. Nur so war der lange Einsatz auch für die Kenianer finanziell tragbar.

Unterstützt wurde die Allianz von den USA, die bei den Kämpfen immer hinter den Kulissen blieben, aber mit ihrer Aufklärung am Boden und aus der Luft offenkundig wertvolle Hinweise über Bewegungen der Schabaab-Milizen erteilten und einzelne hochrangige Islamisten mit Luftschlägen auch selbst eliminierten. Die Kenianer wären zu solchen Präzisionsschlägen kaum in der Lage gewesen.

In Kismayo selbst fiel nach der Flucht der Islamisten zunächst einmal alles in ein Chaos. „Hier hat niemand die Kontrolle über die Stadt“, zitierte der Fernsehsender al-Dschasira Einwohner. „Amtsgebäude werden geplündert, die Stadt ist in einem chaotischen Zustand.“ Ein Bewohner, der zu öffentlich über den Abzug der al-Schabaab gejubelt hatte, wurde von Unbekannten hinterrücks erschossen.

Die Befreiungstruppen formierten sich zunächst am Hafen und Flughafen und drangen von dort aus vorsichtig in die verschiedenen Stadtviertel vor. Offenbar hatten die Drohungen der al-Schabaab kurz vor ihrem Abzug Erfolg gehabt. „Sie gehen uns in die Falle. Wartet ab und schaut, was mit ihnen passieren wird“, hatte der Militärsprecher der Islamisten angekündigt.

Wohin sich die Mitglieder der Terrortruppe geflüchtet hatten, blieb zunächst unklar. Ein Teil wird ins nördliche Somalia, nach Puntland, fliehen, wo die Amisom-Truppen nicht hinreichen, Warlords das Wort führen und im Allgemeinen das Recht des Stärkeren gilt. Ein anderer Teil wird in Süd-Somalia mit Attentaten und Überfällen weiterhin Terror ausüben, ein nicht unbedeutender Teil wird wohl aber auch aus dem Kampf ausscheiden und sich wieder in die Zivilbevölkerung eingliedern.

Von einem stabilen Frieden kann für die geplagten Bewohner Kismayos jedoch noch nicht die Rede sein. Denn die Islamisten haben der Stadt kaum den Rücken gekehrt, da meldeten bereits mehrere Clans und Subclans ihren Anspruch auf eine Beteiligung an der Herrschaft über die Stadt an. Auch ein Warlord aus Mogadischu soll vor Tagen schon in Kismayo eingezogen sein, um seine Gebiete abzustecken. Fatalerweise ist Kismayo eine der ethnisch buntesten Städte Somalias. Gleich mehrere Clans haben dort mit hohen Bevölkerungsanteilen ein Mitspracherecht. Seit Tagen diskutieren deren Führer nun, wie sie die neu gewonnene Macht über die Stadt verteilen. Bevor das nicht ausgehandelt ist, wollen wiederum die kenianischen und Amisom-Generäle die Herrschaft nicht übertragen.

Die Clans haben vor allem auf den Hafen ein Auge geworfen, der schon zu Kriegszeiten rund 50 Millionen Dollar jährlich an Einnahmen eingebracht haben soll. Unter Friedensbedingungen veranschlagen Beobachter das Einnahmepotential auf bis zu 100 Millionen Dollar. Auch der Sondergesandte des US-Präsidenten für Afrika, Johnnie Carson, sieht nach der Vertreibung der Islamisten das Risiko neu aufflammender Konflikte: Er wünsche sich, dass die alliierten Truppen schnell einmarschierten „und eine politische Stabilität und ein politisches System etablieren, das den verschiedenen Clan- und Subclan-Interessen Rechnung trägt.“ Das wäre ein großer Entwicklungsschritt für Somalia.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Somalia, Kismayo, Amisom, Eroberung, Al-Schabaab-Miliz, Al-Schabaab, Islamisten, Anschläge, Clans, Warlords, Ansprüche, Herrschaft, Frieden, Viertel, USA, Unterstützung, Waffen, Präzisionsschläge, Johnnie Carson, Hafen, Einnahmen, Ethien, Bevölkerung, Einwohner