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Südafrika: Ein Land am Rande eines Wirtschaftskriegs

 
Meldung vom 08.10.2012

Südafrika, eines der Länder, die als Stabilitätsanker in Afrika gelten, ist ins Wanken geraten. Die derzeit wütende Streikwelle ist zur schwersten Krise Südafrikas seit fast 20 Jahren ausgeartet. Das könnte sich bald auch im Alltag der Südafrikaner abzeichnen.

Noch sind die Regale in den Supermärkten mit Lebensmitteln gut bestückt. Noch fließt Benzin aus den Zapfsäulen und man kann Geld aus den Bankautomaten ziehen. Doch mit jedem Tag gerät die südafrikanische Wirtschaft mehr ins Trudeln. Bereits zu Wochenbeginn, so meinen Beobachter, würden die Folgen der vielen illegalen Streiks, wie jener der 20.000 Lkw-Fahrer, auch im öffentlichen Leben des Landes mit seinen knapp 50 Millionen Einwohnern spürbar sein.

Wenn sich die Gemüter jetzt nicht schnell beruhigen, wird Südafrika auf Jahre in eine Abwärtsspirale geraten“, warnt der Ökonom Chris Hart mit Blick auf die jüngste Herunterstufung des Landes. Erst vergangene Woche hatte die Ratingagentur Moody’s den Investitionsstandort am Kap vernichtend bewertet. Was Anfang August als kleiner Streik auf einer Platinmine bei Johannesburg anfing, ist zur schwersten Krise des Landes seit dem Ende der Apartheid vor fast 20 Jahren eskaliert. Mehr als 80.000 Bergleute legten mittlerweile ihre Arbeit nieder und verlangen Lohnerhöhungen von bis zu 22 Prozent – bei einer Inflationsrate von fünf Prozent. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit des Landes weiter schwächen und viele der bereits angeschlagenen Platin-, Gold- und Kohleförderer kurz vor den Bankrott führen.

Da viele Demonstrationen in Gewalt enden und sich die Proteste auf immer mehr Branchen ausweiten, bangen Sicherheitsexperten wie Michael Hough vom Institute for Strategic Studies in Pretoria bereits um die innere Sicherheit des Landes. Für Hough steht Südafrika „am Rande eines Wirtschaftskrieges“. Das größte Problem bestehe darin, „dass die unrealistischen Lohnforderungen mit politischen Fragen verknüpft werden, was eine Lösung stark erschwert“. Erschwerend kommt hinzu, dass das Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern schwer vergiftet ist. Statt sich wie in Deutschland als Partner zu verstehen, werden (oft rassisch gefärbte) Feindbilder aufrecht erhalten.

Viele Minenbetreiber haben weitere Lohnerhöhungen abgelehnt. Am Freitag hatte Angloplat 12.000 streikende Mitarbeiter entlassen, nachdem diese eine von den Gerichten angeordnete Rückkehr zur Arbeit zum wiederholten Male übergangen hatten. Die Antwort der Arbeiter kam prompt: Neue Leute würde das Unternehmen nur über ihre Leichen anwerben können.

Die Regierung, die bislang passiv blieb oder die Lage verhamloste, beschuldigt ihrerseits nun plötzlich die Minenkonzerne, für die Eskalation der Streiks verantwortlich zu sein. Das Blutbad auf der Mine und das Ausmaß der Streikwelle hat die Vorwürfe am regierenden ANC lauter werden lassen, zumal die Partei sich seit Jahren in interne Machtkämpfe verwickelt.

Seit der Machtübernahme der früheren Widerstandsbewegung 1994 hat sich die soziale Kluft in der Gesellschaft, vor allem unter den Schwarzen selbst, vertieft. Zwar macht Präsident Jacob Zuma gerne darauf aufmerksam, dass sich die Wirtschaft noch immer in weißen Händen befände. Allerdings vertieft sich im Land der Eindruck, dass vor allem eine kleine schwarze Elite aus der Befreiung Südafrikas einen Nutzen gezogen hat, aber nun wenig auf die Beine stellt, um ihrerseits die Lebensumstände der breiten Masse zu verbessern.

Für die Arbeiter und ihre Familien fühlt sich die Regierung jedenfalls nicht verantwortlich. Stattdessen fordert Zuma regelmäßig von den Minenbetreibern, den Umbau der Unterkünfte in die Wege zu leiten. Von eigenen Anstrengungen seiner Regierung schweigt Zuma hingegen immer. Die Unternehmen wiederum halten dagegen, dass sie neben Löhnen und Gehältern auch noch hohe Steuern an den Staat abführen – Geld, das die Regierung dafür investieren könnte, das Leben der ärmeren Südafrikaner zu verbessern.

Sicherlich wäre es nicht angebracht, bei jeder politischen oder wirtschaftlichen Erschütterung der Post-Apartheid-Ära – wie das Aufkommen von Populisten oder dem jüngsten Einbruch des Rand – eine Krise zu prognostizieren. Allerdings ist nun auch der ANC dazu übergegangen, die noch immer mehrheitlich weiße Geschäftswelt zum Sündenbock für sein eigenes Versagen zu machen, erklärt das Institute of Race Relations in Johannesburg.

Zudem muss man sich vor Augen halten, dass Afrika mehr als 60 Jahre nach der Unabhängigkeit der ersten Staaten noch immer nach einem echten Erfolgsmodell sucht. Schon deshalb ist es einleuchtend, dass Südafrika als einziges Industrieland des Kontinents angesichts der gegenwärtigen Entwicklung mit besonderer Sorge beobachtet wird.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Tagesspiegel“, tagesspiegel.de

Schlagwörter: Südafrika, Streik, Streikwelle, Bergbau, Minen, Branchen, Ausweitung, Lohnerhöhung, Wirtschaft, Abwärtsspirale, Rating, Proteste, Rassismus, Apartheid, ANC, Regierung, Jacob Zuma, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftskrieg, Gewerkschaften, Arbeiter, Lohnforderungen