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Sambia: Journalisten auf der Flucht

Meldung vom 18.10.2012

Lloyd Himaambo stockt bei der Frage nach seinem Aufenthaltsort. Schließlich lehnt er eine Antwort ab, das sei ihm einfach zu riskant. Selbst im unfreiwilligen Exil kann sich der sambische Journalist nicht sicher fühlen. Die Antworten im Telefoninterview kommen immer nach langen Pausen, jedes Mal scheint er abzuwägen, ob er zu viel von sich offenbaren könnte. Die letzten Jahre, geprägt durch die Furcht vor einer Festnahme, haben ihn zu einem misstrauischen Mann gemacht.

Ende des Jahres 2010 ist Himaambo aus seinem Heimatland Sambia geflohen. Der Herausgeber und Autor der investigativen Online-Nachrichtenseite Zambian Watchdog (Der sambische Wachhund) war der damaligen Regierung unter Präsident Rupiah Banda zu unbequem. Er und seine Mitarbeiter griffen in ihrer Berichterstattung so heikle Themen wie staatliche Korruption, Drogen- und auch Menschenhandel auf.

Bis zu 100.000 Menschen informierten sich täglich durch ihre Artikel, Drohungen von staatlicher Seite ignorierten sie. Im November 2011 ging es der sambischen Justiz aber zu weit. Während eines laufenden Gerichtsprozesses um einen Mord an einem sambischen Geschäftsmann publizierte der „Watchdog“ zwei auf Zeugenaussagen beruhende Analysen.

Die Schlussfolgerung aus diesen Artikeln: Hinter dem Gewaltakt verbirgt sich ein Morast aus staatlicher Korruption. Der zuständige Richter bedrohte die Medien bereits vor dem Prozess, sie dürfe nicht aus nicht als Beweismittel zugelassenen Unterlagen zitieren. Die Missachtung dieser Warnung hatte einen hohen Preis: Die „Watchdog“-Seite wurde gehackt, die veröffentlichten Analysen zum Mordprozess wurden über Nacht eliminiert, in das Redaktionsbüro in der Hauptstadt Lusaka wurde eingebrochen, und gegen das gesamte Team Anklage erhoben. Gegen die betreffenden Autoren, darunter auch Himaambo, wurde ein Haftbefehl erteilt. Die Begründung lautete so: Dem obersten Gericht Sambias wurde nicht ausreichend Achtung erwiesen.

Seit diesem Zeitpunkt befindet sich Himaambo auf der Fahndungsliste Sambias. Die Vorwürfe wurden seitdem aber verschärft. Dem Ruf des Präsidenten und weiterer hochrangiger Politiker soll er geschadet haben, das Image Sambias in den Schmutz gezogen und sogenannte Internetverbrechen begangen haben. Ein Mitarbeiter des Watchdog-Teams wurde ins Gefängnis geworfen, aber wieder auf freien Fuß gesetzt, da er nichts wusste.

Himaambo hingegen wusste viel, er war über die Quellen informiert, die er aber nicht preisgeben wollte. Er traf eine Entscheidung: Die Flucht. Freunde aus dem Umfeld der Regierung gaben ihm den Hinweis, dass die Polizei kurz davor war, ihn festzunehmen. Nur mit Laptop und Handy als Gepäck machte er sich zum Flughafen auf. Da er aber nicht schnell genug ein Ticket erhielt, überquerte er nachts zu Fuß die Grenze nach Namibia.

Von dort aus gelangte er nach Norddeutschland, die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte nahm ihn für ein Jahr in der Hansestadt auf. Er hielt Vorträge über die Lage in Sambia, er verschaffte sich internationale Kontakte, er führte seine journalistische Arbeit aus dem Ausland weiter. Und er nahm immer wieder, so gut und so sicher es ging, mit seiner Familie in Sambia Kontakt auf. Vor allem seine Tochter Days fehlt ihm sehr, sagte er im April 2011 in einem Interview in Hamburg. Und auch das sambische Essen. Seine Familie in Sambia ist in den Untergrund gegangen, auch sie sei nicht mehr sicher, berichtete Himaambo damals.

Nun, etwa eineinhalb Jahre später, konnte er seine Familie in Sicherheit bringen, erklärt Himaambo am Telefon. Im Juni hat er seine nun achtjährige Tochter das erste Mal seit Langem wieder in die Arme geschlossen, als sie die Grenze überquert hat. Welche Grenze das ist, will er nicht sagen. Doch aus dieser Information kann man schließen, dass er sich momentan in der Nähe von Sambia aufhält.

Voller Stolz berichtet er, dass die Arbeit des „Watchdog“ trotz erschwerter Bedingungen wieder aufgenommen wurde: „Wir arbeiten im sambischen Untergrund, zwei von uns vom Exil aus. Und unsere Leserschaft wächst weiter.“ Befragt nach den aktuellen Problemen im Land, entlädt sich das erste Mal so etwas wie ein Wortschwall, Himaambos Stimme wird lauter: „Die Regierung ist korrupt und will nicht, dass darüber berichtet wird.“ Das habe sich auch mit dem Regierungswechsel im September 2011 mit dem neuen Präsidenten Michael Sata nicht geändert, empört er sich.

Nach seinem Wahlsieg wurden mit Sata neue Hoffnung verbunden. Während des Wahlkampfes gab seine Partei ein neues politisches Manifest heraus. Für Heiner Naumann, Leiter des sambischen Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung, und weitere Beobachter gilt es als Maßstab für afrikanische Parteien: „Es war umfangreich, konkret, voll mit gutem Demokratieverständnis.“ Was allerdings die Korruption in öffentlichen Ämtern oder im Alltag angeht, so habe sich kaum etwas geändert.

Sata hat, auch wenn ihm nicht die persönliche Bereicherung nachgesagt werden kann, andere Schwächen. Das betrifft besonders das Thema Demokratieverständnis. Naumann bezeichnet ihn als „Politiker des alten Schlages“. In Europa würde man sagen, er sei beratungsresistent. Selbst Nummer zwei und drei in der Regierungshierarchie widersprechen ihm nicht. Sie sagen nur: „Yes, yes, Sir.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Sambia, Journalisten, Pressefreiheit, Flucht, Exil, Michael Sata, Zambian Watchdog, Internet, Verfolgung, Redaktion, Lusaka, Korruption, Untergrund, Demokratie, Widerstand, Widerspruch, Medien