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Haiti: Eingestürzter Präsidentenpalast wird endgültig abgerissen

Meldung vom 21.11.2012

Haitis zusammengesackter Präsidentenpalast war fast drei Jahre lang ungewollt ein Mahnmal für das katastrophale Erdbeben 2010. Doch im September rückten die ersten Bagger an: Die Trümmer des weißen Palastes sollen nun endgültig weggeräumt werden. Die Stiftung des amerikanischen Schauspielers Sean Penn wird den gesamten Präsidentenpalast beseitigen.

Bis zum Ende des Monats werden der letzte Haufen Schutt, die letzten Ziegelsteine und die letzte Säule abtransportiert sein. Was dann kommt, ist noch offen. Zunächst wird ein leerer Platz sein, wo sich einst der weiße Palast erhob. Vielleicht wird dort irgendwann wieder ein großes Gebäude errichtet.

Beim verheerenden Erdbeben vom 12. Januar 2010 war der Nationalpalast im Herzen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince so stark beschädigt worden, dass er nicht wieder instand gesetzt werden konnte. Die mächtige Kuppel hatte mehrere Stockwerke unter sich begraben und thronte auf einem Trümmerberg, manche Seitenflügel waren eingestürzt. Mehr als zweieinhalb Jahre lag das schwer beschädigte Gebäude – von niemandem betreten und wenig beachtet – am Rande des Champs de Mars, wo Opfer des Erdbebens ein Lager aus Notunterkünften aufgeschlagen hatten: ein trauriges Mahnmal für die Zerstörung Haitis und für die immer wieder verschobenen Zielsetzungen zum Wiederaufbau der Hauptstadt und des Landes.

Doch der amerikanische Schauspieler Sean Penn griff ein. Seine Stiftung bot Präsident Michel Martelly im Sommer dieses Jahres an, den Palast abzureißen. Martelly erteilte Penn und seiner Stiftung den Zuschlag. Wie die Kostenverteilung dieses Auftrages ausgehandelt wurde, blieb im Dunklen, wie so vieles in Haiti.

Mitte September fuhren die Bagger vor, rissen die Fassaden ein, zerkleinerten Betonbrocken zu Schutt, zerrten Eisenträger aus den Trümmern. Schweißer zerteilten sie in Stücke, damit sie zur Wiederverwertung abtransportiert werden können. Der Schutt wird mit Lastwagen in den berüchtigten Slum Cité Soleil gefahren, wo er wiederverwertet wird und als Fundament für einfache Häuser und Hütten dient, in denen Opfer des Erdbebens endlich wieder ein Heim erhalten.

„Die verabredete Frist zur vollständigen Räumung des Geländes bis zum 30. November werden wir einhalten“, meint der amerikanische Vorarbeiter Jeff, der die Abbrucharbeiten leitet. Die Arbeiten werden von einheimischen Angestellten gemacht. Mehr als 300 Haitianer sind dadurch bei der Penn-Stiftung angestellt. Für Jean-Louis und seine Kollegen, die aus dem Schutt die wieder verwertbaren Backsteine aussortieren und auf Schubkarren werfen, sind die Abrissarbeiten am Nationalpalast ein Job wieder jeder andere: „Trümmer sind Trümmer, und davon haben wir mehr als genug.“ Als ein Symbol für die nationale Größe Haitis wurde der Nationalpalast ohnedies noch nie gesehen, allenfalls versinnbildlichte er den Größenwahn seiner korrupten Diktatoren.

Der Palast wurde 1912 zwar von dem haitianischen Architekten Georges Baussan (1874 bis 1958) im klassizistischen Stil der Pariser Beaux Arts entworfen, aber seine Errichtung verdankt er im Wesentlichen dem tatkräftigen Einsatz des Ingenieurkorps der amerikanischen Streitkräfte. Denn kaum ein Jahr nach dem Beginn der Bauarbeiten vom Mai 1914 brach in Haiti wieder einmal ein Putsch aus, den weder Präsident Vilbrun Giullaume Sam noch der Rohbau des Palastes überlebten.

Und wieder einmal marschierten die Amerikaner ein, um die Ordnung wiederherzustellen. Während der von 1915 bis 1934 dauernden amerikanischen Besetzung Haitis wurde der Palast dann zu Ende gebaut: 1920 war der strahlend weiße Präsidentenpalast, der mehr als doppelt so groß ist wie das Weiße Haus in Washington, endlich bewohnbar.

Am längsten konnten sich die Diktatoren „Papa Doc“ Francois Duvalier und dessen Sohn „Baby Doc“ Jean-Claude Duvalier als Hausherren des Palastes an der Macht halten: kombinierte drei Jahrzehnte (1957 bis 1986). Jean-Claude Duvaliers Ehefrau Michèle Bennett ließ in den Wohnquartieren im Obergeschoss des Palastes einen Kühlraum für ihre Pelzkollektion einbauen – und in eines der Schlafzimmer eine Decke aus Spiegelglas installieren. Nun ist von alledem nichts als Staub übrig. Um Haitis Nationalpalast schließt sich der Kreis: von amerikanischen Ingenieuren errichtet, von haitianischen Diktatoren missbraucht, von einem amerikanischen Schauspieler wieder abgerissen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, faz.net

Schlagwörter: Haiti, Palast, Trümmer, Erdbeben, Präsidentenpalast, Abriss, Sean Penn, Bagger, Nationalpalast, Diktatoren, Größenwahn, Schutt, Kuppel, Beton, Wiederverwertung, Weißes Haus, Francois Duvalier, Jean-Claude Duvalier