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Somalia: Kleine Stiefel, große Pläne

 
Meldung vom 30.11.2012

Sie durchsuchen Frauen an Straßensperren und stehen als Funkerinnen ihren Mann: Weibliche Soldaten sollen in Somalias Armee bald einen wichtigen Platz einnehmen. Dafür werden sie von Ausbildern der Bundeswehr trainiert. Ein Besuch im Übungslager der Amazonen.

Wenn die Rekruten kurz nach Sonnenaufgang aus ihrem Lager marschieren, leuchtet Hobans pinkfarbenes Kopftuch aus dem Einheitsgrün der Tarnuniformen hervor. Sie muss einen langen Tag absolvieren. Ihre deutschen Ausbilder werden sie erbarmungslos drillen im Busch von West-Uganda. Doch das macht der jungen Frau nichts aus, schließlich ist sie Vorreiterin einer kleinen Revolution: Sie darf als eine der ersten Frauen in Somalias Armee dienen.

Hoban Nur Ahmed ist eine von acht Frauen, die hier im Camp Bihanga bei der European Union Training Mission (EUTM) aufgenommen wurden – zusammen mit mehr als 500 männlichen Kameraden. Ein halbes Jahr lang bilden mehr als 80 europäische Soldaten die Freiwilligen aus dem Bürgerkriegsland aus. Wenn sie zurückgesandt werden, sollen sie Ordnung in ihrer Heimat herstellen.

Eine schwere Aufgabe steht ihnen bevor. Die Frauen müssen sich in dem neuen Sicherheitskonzept bewähren: Bei Personenkontrollen, wo es für einen männlichen Soldaten unmöglich wäre, eine Frau körperlich abzutasten, beginnt ihr Part. Bisher war es bei den Mitgliedern der al-Shabaab, aber auch bei Kriminellen, Methode, Waffen, Drogen oder Sprengstoff in den Kleidern und am Körper von Frauen zu verstecken. Die neuen, geschulten Kontrolleurinnen an den vielen Checkpoints im Land verhindern diese Taktik.

Doch nicht nur an den Straßensperren üben die weiblichen Rekruten einen guten Job aus. Auch am Funkgerät lassen sie viele ihrer männlichen Kameraden weit hinter sich. Das haben die Ausbilder der Bundeswehr erfasst. Eine ausgewählte Gruppe von Eliterekruten trainieren sie im Camp so lange, bis sie selbst ihr Wissen weitervermitteln können. „Train the Trainers“, nennt sich das im EUTM-Jargon. Zwei von sieben, die sich als Top-Anwärter dieses sechsten Jahrgangs behauptet haben, sind junge Frauen.

Hoban ist eine der Auserwählten. Eben hat sie noch im Klassenraum unter strenger Aufsicht der Bundeswehr-Ausbilder das Funkalphabet auswendig gelernt. Jetzt sitzt die 19-Jährige einen knappen Kilometer entfernt in der ugandischen Savanne und muss das Erlernte praktisch unter Beweis stellen.

Mit strengem Blick begutachtet Patrick Abaigar die Fortschritte seines Schützlings. Oder eben auch die kleinen Rückschläge. „All to Lion“, ruft Hoban ins Funkgerät. Verwirrtes Schweigen am anderen Ende. Ausbilder Abaigar merkt an, seine Auszubildende sei auf einen klassischen Wortdreher hereingefallen. Erschwerend komme hinzu, dass kaum einer der Rekruten die englische Sprache beherrsche.

Doch Hoban hat ihren Fehler erkannt und korrigiert sich selbst: „Lion to all“, unternimmt sie einen neuen Anlauf, und jetzt kommt auch die ersehnte Antwort von den Kameraden, die sich irgendwo in der grünen Wildnis verborgen halten. Sie bemerkt ihre Fehler inzwischen selbst, sagt Abaigar stolz.

Auch Hoban glaubt fest, dass sie in ihrer Heimat mit dem erlernten Wissen Gutes bewirken kann: „Wenn ich zurück bin, werde ich die beste Fernmelderin Somalias sein“. Wenn Hoban irgendwann einmal in Mogadischu, Kismaju oder einer anderen somalischen Stadt zum Einsatz kommt, benötigt sie als angehende Ausbilderin unbedingt Respekt von ihren männlichen Kameraden. Doch die wenigsten Rekruten sind daran gewöhnt, von einer Frau Befehle entgegenzunehmen.

Hier beginnt die Arbeit von Thomas Hernes. Der Schwede war über Monate in Bihanga als „Gender Advisor“ tätig – und hat bei seinen Schützlingen große Fortschritte erreicht. Über Wochen musste sich Hernes immer neue Wege ausdenken, den Rekruten scheinbar Unverständliches erklärbar zu machen. Wie erklärt man einem 19-Jährigen, der bisher nur im Bürgerkrieg aufgewachsen ist, die Demokratie? Wie vermittelte man ein gesellschaftliches System jenseits der Clan-Struktur? Wie legt man ihm das Konzept der Gleichberechtigung der Geschlechter nahe? Das ist ein langer Weg des Umlernens.

Die Bundeswehr scheut keine Mühen, auch die Frauen in die militärische Ausbildung zu integrieren. Hinzu kommen die anderen Bedürfnisse an die Ausrüstung, es werden kleinere Uniformen und kleinere Stiefel benötigt, man muss vieles mehr im Blick haben.

Die junge Frau ist dankbar für die Geschlechter-Diskussionen. „Wenn ich wirklich etwas zu sagen hätte, würde ich alle Kinder in die Schule schicken – und natürlich die Streitkräfte weiter fördern.“ Sie strahlt bei dieser Aussage. Dann geht Hoban zurück in das kleine Lager der somalischen Frauen in Bihanga. Vom Camp der männlichen Rekruten ist es durch einen meterhohen Zaun getrennt.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Somalia, Frauen, Armee, Ausbildung, Training, Bundeswehr, Personenkontrolle, Gender, Geschlechter, Gleichberechtigung, Funkerin, Rekruten, Bihanga, Gender Advisor, Trainingslager, Camp, European Union Training Mission