Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Haiti: „Republic of NGO“ – ein Land am Tropf der Hilfsorganisationen

 
Meldung vom 09.01.2013

Auf Haiti jagt eine Katastrophe die nächste. Erdbeben, Dürren, und Wirbelsturm Sandy: Haiti ist ein Land in Schutt und Asche. Hoffnung haben wenige, man richtet sich schon auf das nächste Desaster ein.

Als die Erde bebte, saß Gilles Thermosy im Garten hinter seinem Haus und spielte mit den Nachbarn Karten. „Ich habe gedacht, Jesus kommt zurück“, meint Thermosy heute. Nur wenige Sekunden genügten, um alles, was er sich aufgebaut hatte, zu vernichten. Das Haus bracht zusammen, Thermosy wurde obdachlos. Zwei seiner Cousins kamen in den Trümmern ums Leben, als das große Beben seine Heimat erfasste.

Gilles Thermosy wohnt heute in Léogane, dem Epizentrum des Bebens von 2010, bei dem 350.000 Menschen ums Leben kamen und das Haiti, die einstige Perle der Karibik, um Jahrzehnte zurück warf. Thermosy siedelte damals in eine Notunterkunft um, errichtet von den herbeigeeilten Helfern aus den USA, Japan und Frankreich. Fünf Monate kam er dort unter, bis er schließlich auf dem Land seines Vaters ein neues Zuhause fand: eine eigene Hütte, einfach, aber mit richtigen Wänden und einem Schuppen, in dem er Kohle lagern kann, die er veräußert. Geholfen hat ihm das Deutsche Rote Kreuz.

Der 58-jährige Thermosy hatte Glück, denn viele Menschen in seinem Land kommen seit zwei Jahren nicht zur Ruhe und müssen immer wieder von neuem anfangen. Die Launen der Natur setzen dem Inselstaat zu. In den vergangenen Monaten erlitt die Insel eine Dürre nach dem Tropensturm Isaac, vor einigen Wochen dann fegte der Hurrikan Sandy über das Land hinweg. 254 Millionen Dollar hat die Landwirtschaft seit dem Frühjahr eingebüßt. Ein Viertel der Haitianer arbeiten im Bereich der Landwirtschaft, 1,6 Millionen Menschen sind in Not. Es sei nicht der Wind gewesen, der die Vernichtung brachte, erzählen sie hier. Es war vor allem der Regen, den Sandy aufs Land schob. Drei Tage am Stück ging er nieder und setzte ganze Landstriche unter Wasser, vernichtete die Ernte, tötete Ziegen und Schweine.

Samson Berlus verlor sein Haus, als Sandy kam. Seither wohnt der 22-Jährige bei einem Freund. Seine Eltern wünschen sich, das Haus im vier Stunden von Léogane entfernten Les Cayes wieder aufzubauen. Insgesamt 200.000 Gebäude erlitten Schäden, als der Sturm übers Land peitschte – beim Aufbau hilft niemand. „Die Regierung lässt die Menschen auf dem Land allein“, meint Berlus.

Weit mehr als 15.000 Hilfsorganisationen engagierten sich seit dem Beben im Land. „Republic of NGO“, das Land der Nichtregierungsorganisationen, bezeichnen die Haitianer ihre Halbinsel. Und dennoch scheint die Hilfe nur sehr schleppend in Gang zu kommen. Fast 400.000 Menschen sind noch immer obdachlos oder leben in den notdürftig errichteten Zelten, in denen es auch im Dezember bei Temperaturen von 30 Grad im Schatten unerträglich heiß wird.

Das Land gehe auf die nächste Katastrophe zu, sagt Andre Paultre, ein Haitianer aus Port-au-Prince, der seit dem Beben mit vielen Hilfsorganisationen kooperiert. Der Preis für eine Banane hat sich schon jetzt von fünf Gourdes auf 15 verdreifacht, umgerechnet 27 Cent. Im kommenden Jahr, wenn die Vorräte dünn werden, werden die Preise weiter in die Höhe schnellen. 80 Prozent der Menschen hier müssen mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen, die Hälfte muss mit weniger als einem Dollar überleben.

Landeinwärts, in dem Tal entlang des Flusses Momance, sind 50.000 Menschen seit dem Wirbelsturm ohne Wasserversorgung, weil die Schlamm-Massen Dämme durchbrochen und den Flussverlauf verändert haben. Die Anwohner schultern Wasserkrüge, verzweifelt versuchen sie, die Schleusen mit der Hand frei zu graben. Erst spät hat das Agrarministerium etwas getan. Zwischen Léogane und Les Cayes haben die Wassermassen ganze Küstenstraßen weggeschwemmt, viele Straßen und Brücken sind wegen Erdrutschen blockiert und behinderten die Versorgung der Hilfsbedürftigen.

Doch wie es Haiti heute geht, offenbart sich vor allem in Port-au-Prince. Die Hauptstadt des Landes liegt gut eine Stunde von Léogane entfernt. Das ehemalige Bankenzentrum sieht noch immer aus, als habe vor Kurzem eine Bombe eingeschlagen, ein so großes Loch ist immer noch im Platz. Die Filialen sind nur noch Ruinen, Bauschutt und Müll überwuchern die Straßen. Der Regierungspalast wurde endlich abgerissen, Ministerien sind noch immer in vorübergehenden Gebäuden ausgelagert worden. Erst vor wenigen Tagen ist das neue Flughafengebäude in Betrieb genommen worden.

Im Zentrum bauen Tag für Tag Straßenhändler ihre Stände in den Trümmern der Gebäude auf. An vielen davon hat die Regierung eine rotes Zeichen angebracht – akute Einsturzgefahr für 80.000 Gebäude. Eigentlich sollen sie abgerissen werden, doch die Arbeiten treten auf der Stelle. „Es reicht eine leichte Erschütterung, und sie brechen zusammen“, sagt André Paultre. Erst vor wenigen Wochen sei eines der Häuser eingestürzt und habe vier Menschen unter sich begraben.

Hinzu kommt die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung gegen die Regierung von Michel Martelly. Kürzlich ist es zu heftigen Demonstrationen gekommen, bei denen die Menschen ihrem Präsidenten Regierungsunfähigkeit und Korruption vorwarfen.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de

Schlagwörter: Haiti, Dürre, Erdbeben, Katastrophe, Wirbelsturm, Regen, Überschwemmung, Ernte, NGO, Nichtregierungsorganisationen, Demonstration, Michel Martelly, Notunterkunft, Zelte, Zeltdörfer, Wiederaufbau, Sandy, Isaac, Trümmer, Abriss, Einsturzgefahr