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Afghanistan: Afghanische Polizistinnen – Den Tod vor Augen

Meldung vom 04.02.2013

Afghanische Polizistinnen machen sich nichts vor: Mit dem Abzug der ISAF-Soldaten 2014 verbinden sie die schlimmsten Befürchtungen. Die meisten rechnen damit, dass sie von den Taliban hingerichtet werden, wenn die Lage nicht stabil gehalten werden kann.

Auf dem Weg zur Arbeit verbergen sich Polizistinnen unter der Burka. Sie leben gefährlich und haben Furcht vor dem kommenden Abzug der fremden Soldaten. Ihr Onkel witzelt immer: „Ich werde dich töten, eines Tages werde ich dich töten.“ Leyla lacht etwas verhalten, während sie das erzählt. Um eine Antwort ist sie nicht verlegen: „Aber bitte mit der Pistole und nicht mit dem Messer.“

Sie arbeitet als Polizistin. Eine von 30 Frauen, die in Kunduz, im Norden Afghanistans, stationiert sind. Jeden Tag in der Frühe wirft sie sich die Burka über, geht aus dem Haus und begibt sich auf ihren Posten. Anfangs nicht, wie sie selbst zugibt, weil sie das immer wollte, sondern, weil ihr Mann schwer krank ist und nicht arbeiten kann, und eben sie nun das Geld für ihre Familie verdienen muss. Mittlerweile aber sei sie auch davon überzeugt, etwas für ihr Land tun zu müssen.

Sie schlägt fest zu bei dem Boxtraining in einem feuchten Raum im Hauptquartier der Polizei der Stadt. Diese junge, hagere Frau in der grauen Uniform mit den schwarzen Haaren und den tiefen Furchen im Gesicht. Die niederländische Trainerin, die den Boxunterricht erteilt, hat Mühe, die Schlagpolster zu halten.

„Gewisse Schwierigkeiten“ – so nennt eine junge Afghanin das, was Frauen erfahren, wenn sie unabhängig sind und arbeiten. Leylas Vater, ihre Mutter, ihre Brüder, die gesamte männliche Verwandtschaft, so sagt sie, würden sie als eine schlechte Ehefrau einstufen. Sie würden sie beschuldigen, dass sie als einzige Frau unter so vielen Männern arbeite.

Irgendwann, so berichtet sie, habe sie alle zusammengerufen und ihnen erklärt, dass sie die Wahl hätten, entweder ihre gesamte Familie durchzufüttern oder sie als Polizistin zu akzeptieren. Und seither werden nur noch Späße gemacht – darüber, dass man sie eines Tages ermorden werde. Sie hat es aufgegeben, ihren Arbeitsplatz verbergen zu wollen.

Das Leben von Polizistinnen ist ständig bedroht. Das liegt zum einen daran, dass es nicht in ein islamistisches Weltbild passt, dass Frauen Uniform tragen, aber zum anderen gibt es auch einen sehr pragmatischen Grund: In der extrem konservativen afghanischen Gesellschaft haben Frauen in der Polizei eine zentrale Aufgabe. Sie müssen die Leibesvisite durchführen. Einem Mann ist es sogar verboten, eine Frau auch nur anzurühren. An den unzähligen Checkpoints in einer Stadt wie Kunduz müssen Frauen daher ihre Geschlechtsgenossinen in Burkas durchsuchen.

„Wir sind einfach wichtig“, meint Leyla. Sie macht eine unbestimmte Geste. „Was hilft es, wenn ich Angst habe. Eines Tages werde ich sowieso sterben – es liegt in Allahs Hand zu entscheiden, wann.“

Manche Frauen hoffen immer noch, dass die Soldaten der ISAF nicht einfach alles im Stich lassen werden. „Sie werden nicht gehen. Aus einem Grund: Weil ich jeden Tag dafür bete, dass sie bleiben“, meint eine junge Frau, die auch bei diesem Training anwesend ist. Sie lächelt und schüttelt den Kopf. Sie scheint völlig überzeugt, dass 2014 nicht auf sie zukommen werde. Sie hat einen guten Arbeitsplatz bei einer internationalen Organisation in Kunduz, verdingt sich als Übersetzerin – und verdrängt, was nach 2014 passieren könnte.

Und Leyla? Ob sie ihre Arbeit weiter ausüben kann? „Wenn die Lage stabil bleibt, werden wir unsere Posten behalten“, meint sie wenig überzeugt. „Wenn es schlimm wird, werden wir daheim bleiben müssen.“ Es herrscht einen Augenblick betretene Stille. „Es wird wohl schlimm werden – sie werden uns alle töten.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: kurier.at

Schlagwörter: Afghanistan, Polizistinnen, Frauen, Taliban, Abzug, 2014, ISAF, NATO, Soldaten, Hinrichtung, Burka, Uniform, Checkpoint, Leibesvisite