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Äthiopien: Neues Gesetz schränkt Hilfsorganisationen ein

Meldung vom 14.10.2008

Entwicklungshelfer leisten die Arbeit, um die der Staat Äthiopien, einer der ärmsten der Welt, sich nicht kümmern kann. Nun hat die Regierung einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem der Einfluss ausländischer Organisationen auf die äthiopische Zivilgesellschaft verringert werden soll.

Frühmorgens am Arat-Kilo-Platz in der Hauptstadt Addis Abeba brummen nur ein paar klapprige blaue Lada-Taxis durch den Kreisverkehr. Der Berufsverkehr hat noch nicht begonnen. Am Straßenrand macht ein grüner Lkw auf seine Funktion aufmerksam: „Mobiles Testzentrum“ steht auf der Seite, in amharischen Lettern, daneben Fotos von optimistisch schauenden Jugendlichen.

In einem Grüppchen Wartender, das sich in aller Frühe hier versammelt hat, sieht keiner besonders glücklich aus. „Die Leute kommen erst zum AIDS-Test, wenn sie schon einen Verdacht haben“, erklärt Ato Amare, der Chef von Ossa, der Organisation für soziale Dienste rund um AIDS. Die äthiopische Nichtregierungsorganisation hat ihre Arbeit schon vor fast 20 Jahren begonnen als AIDS in Äthiopien noch kein Thema war.

Heute hat sie ihre Arbeit auf das ganze Land ausgeweitet und ist überall bekannt. Sie beschäftigt 400 Menschen und 2.500 freiwillige Helfer. An vielen Orten führt Ossa die Arbeit aus, die der Staat, einer der ärmsten der Welt, nicht leistet. „Unsere Zusammenarbeit mit der Regierung ist gut“, meint Amare. Und doch ist es möglich, dass Ossa die hilfreiche Arbeit bald abbrechen muss: Das fordert ein neues Gesetz, das das Kabinett von Ministerpräsident Meles Zenawi voraussichtlich am 22. Oktober beschließen wird. „Wir hoffen immer noch, dass das Gesetz uns nicht betreffen wird, aber wir sind sehr verunsichert.“

Der dritte und endgültige Entwurf der „Charities and Societies Proclamation“, des äthiopischen Gesetzes über die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, bereitet allen unabhängigen Gruppen im Land schwere Sorgen. Weil es keine äthiopischen Fördertöpfe gibt, sind sie von finanzieller Unterstützung ausländischer Entwicklungshilfeorganisationen abhängig.

Wir bekommen hundert Prozent unseres Gelds aus dem Ausland“, klagt Amare. Sobald das neue Gesetz verabschiedet ist, wird Ossa als „ausländische Organisation“ eingestuft, so wie alle, deren Budget zu mehr als zehn Prozent aus dem Ausland gespeist wird. Solche Hilfsorganisationen dürfen in Zukunft nur noch humanitäre Hilfe leisten, die keinerlei Entwicklungsziele verfolgt und an keine Bedingungen geknüpft ist. Menschen- und Bürgerrechte, die Förderung von Versöhnungsinitiativen, nachhaltige Entwicklung oder ethnische Verständigung gehören danach ebenso in den verbotenen Bereich wie Gleichstellungsfragen, Religion, Strafvollzug, Justiz oder die Rechte von Behinderten und Kindern. Umso mehr werden die Notspeisungsprogramme von Gebende Hände in Äthiopien benötigt werden, die von den jüngsten Entwicklungen unbeeinträchtigt fortgeführt werden können.

Human Rights Watch nennt diesen Gesetzentwurf einen „Großangriff auf die Zivilgesellschaft“, der praktisch nur die Organisationen, die zu dem Netz aus Partei und Regierung gehören, ausklammert. Die Kontrolle darüber, dass die strengen Bestimmungen eingehalten werden, übt eine neu geschaffene Behörde aus. Gegen deren Entscheidungen kann niemand Einspruch erheben – auch nicht vor Gericht. Mit bis zu 15 Jahren Haft werden Gesetzesverstöße bestraft.

Mohamoud Dirir, Äthiopiens Minister für Kultur und Tourismus, wehrt kritische Fragen vehement ab: „Uns kann niemand erzählen, wie wir unser Land zu regieren haben.“ Dennoch werden Stimmen der Kritik laut. „Die Oppositionsparteien sind schon kaltgestellt, jetzt ist die Zivilgesellschaft dran“, empört sich Nigussu Legesse von der Zwischenkirchlichen Hilfskommission.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at