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Somalia: Piraten wandern ab

Meldung vom 18.02.2013

Die Zahl der Piratenangriffe vor Somalia ist drastisch gesunken. Doch das Problem ist nicht verschwunden: Die Seeräuber verlagern ihren Einsatzort nach Westafrika.

Zwei kleine Schnellboote flitzen im Roten Meer auf einen Gastanker zu. Skiffs nennt man diese Boote, sie eignen sich hervorragend für die Überfälle der somalischen Piraten, sie sind klein und wendig. Die Besatzung des Tankers löst Alarm aus, bewaffnete Sicherheitskräfte beziehen Position. Die Männer geben Warnschüsse in Richtung der Boote ab. Das eine Skiff verlangsamt. Doch das andere Boot schnellt weiter auf das Schiff zu. Nun zielen die angeheuerten Sicherheitsmänner auf das zweite Boot. Auch das zweite Skiff dreht ab.

Der Vorfall spielte sich am 8. Januar 2013 ab. Ein kleinerer Zwischenfall, den das Internationale Marine-Büro (IMB), das weltweit Piratenüberfälle aufnimmt, eigentlich für nicht berichtenswert hält. Zwar sei das Manöver als „verdächtig“ eingestuft worden, es habe sich aber nicht um einen „bestätigten Überfall“ gehandelt. In der Pirateriestatistik des Jahres 2013 wird die Gastanker-Attacke nicht mitgerechnet.

Was den Vorfall dennoch interessant macht: Überfälle wie jener auf den Gastanker finden immer seltener statt. Vor Somalias Küste herrscht derzeit eine noch nie vorher dagewesene Ruhe. Auf der Anti-Pirateriekarte des IMB kann man den vermeintlichen Gastanker-Angriff als blau markierten Punkt erkennen. Die Karte offenbart für dieses Jahr lediglich einen weiteren, gelben Punkt vor der Küste Somalias. Das war ein versuchter Angriff auf ein Containerschiff.

Noch im Jahr 2011 prangten auf der Karte der Organisation viele bunte Punkte. In derselben Region waren Hunderte Markierungen eingezeichnet, viele waren rot. Rot bedeutet einen erfolgreichen Piratenangriff. Seit Monaten ist die Sicherheitslage inzwischen stabil. Die Piraten ziehen sich am Horn von Afrika und auf dem Indischen Ozean zurück.

Die Wende geschah 2012. Nach einem jahrelangen Anstieg der Piraterie konnte erstmals wieder ein deutlicher Rückgang der Überfälle verzeichnet werden. Die Piraten kaperten nur 13 Schiffe vor Somalia. Sieben davon kamen aus der Region. Nach Angaben der NATO konnten die Piraten in der zweiten Jahreshälfte sogar keinen einzigen erfolgreichen Überfall auf internationale Handelsschiffe verbuchen. Auch die deutsche Bundespolizei bezeugt die Entwicklung. Laut jüngstem Piratenbericht verringerten sich die Piratenaktivitäten am Horn von Afrika in den ersten neun Monaten 2012 um 64 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Mitte Januar gab sogar der somalische Oberpirat Mohamed Abdi Hassan offiziell seinen Rückzug bekannt: Er werde nun anderen Geschäften als Piraterie nachgehen. Eine seiner dramatischsten Überfälle war der des Supertankers Sirius Star im Jahr 2008.

Mittlerweile hat sich die Lage so beruhigt, dass das Bundesinnenministerium im vergangenen Dezember gar mehrere Gefährdungshinweise für das Seegebiet annulliert hat. Im Frühjahr 2010 stand noch in einem Ministeriumsschreiben, dass in der Region „jederzeit mit Attacken von Piraten zu rechnen“ sei.

In den vergangenen Jahren waren gerade die Aktivitäten somalischer Piraten immer weniger überschaubar geworden. Sie weiteten ihr Revier aus und verschanzten sich auch in der Straße von Mosambik im Süden des Kontinents oder in der Straße von Hormuz zwischen der arabischen Halbinsel und Iran. Sie bedienten sich nun auch großer, hochseetüchtiger Schiffe und entführten kleine Fischerboote, um weit entfernt vom Festland Jagd auf Handelsschiffe zu machen. Das Innenministerium riet den Reedern, mögliche Piratenskiffs mit Alarmsignalen und Scheinwerferlicht einzuschüchtern und sie so zum Abdrehen zu bringen.

Aus Sicht der Reeder war das aber ungenügend. Seit vergangenem Jahr bedienen sich viele robusterer Mittel: Bewaffnete, private Sicherheitskräfte sind mit an Bord vieler Schiffe und verteidigen sie gegen Piratenangriffe – wie im Fall des Gastankers im Roten Meer. Die Strategie geht auf: „Bislang ist es den Piraten nicht gelungen, ein Schiff mit einem bewaffneten Sicherheitsteam an Bord zu boarden beziehungsweise zu entführen“, fasst die Bundespolizei zusammen.

Die Gründe sind allerdings nicht eindeutig festzumachen. Sind es nur die privaten Sicherheitsdienste, vor denen sich die Piraten fürchten? Oder hat es auch etwas mit der Militärpräsenz in der Region zu tun? Seit dem 1. Februar 2009 wurde ein Transitkorridor für Handelsschiffe im Golf von Aden geschaffen. Internationale Marineeinheiten eskortieren Containerschiffe oder Gastanker, die diese Passage durchfahren. Das hielt Piraten allerdings nicht ab: In den vergangenen Jahren griffen die Angriffstrupps der somalischen Seeräuber auch im Korridor an.

Also setzte die europäische Militärmission Atalanta härtere Mittel ein: Seit vergangenem Jahr dürfen ihre Kriegsschiffe auch Piratenstellungen am Strand angreifen. Ob das allerdings sinnvoll ist, darüber streitet sich die Fachwelt. Bislang konnte man in der Vergangenheit immer wieder ähnliche Bewegungen feststellen: Wenn die Trockenzeit im März in Somalia anfing, nahm die Piraterie vor der Küste stets zu. Einen dauerhaften Rückgang der Überfälle auf Handelsschiffe kann man daher erst dann feststellen, wenn auch in diesem Jahr die Anzahl der Attacken nicht zunimmt.

Eine Entwarnung wäre daher verfrüht. Ohnehin verlagern sich die Piratenreviere nur. In Westafrika etwa hat sich die Situation verschärft. Die aktuelle Piraterie-Karte des IMB weist bereits zwei erfolgreiche Überfälle auf Tanker vor der Elfenbeinküste vor, dazu einen Angriff auf ein Cargoschiff vor Nigeria und eine Containerschiffattacke vor der Demokratischen Republik Kongo. Piraten werden die internationale Schifffahrt weiterhin unter Druck setzen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de

Schlagwörter: Somalia, Piraten, Piraterie, Kapern, Entführung, Horn von Afrika, Indischer Ozean, Rückzug, Gastanker, Straße von Hormuz, Straße von Mosambik, Schiffe, Tanker, Schifffahrt, Marine, private Sicherheitskräfte, Atalanta, Sicherheitsdienste, Reederei, Skiff