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Indien: Wie die Medien über Vergewaltigung berichten

Meldung vom 19.02.2013

Indien befindet sich in Schockstarre. Erneut treten mehrere Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder zu Tage. Doch die Öffentlichkeit verhält sich immer noch passiv gegenüber den Opfern.

Es geht immer tiefer bergab. Seit die brutale Vergewaltigung einer Medizinstudentin in Delhi im vergangenen Dezember Indien und die Welt schockierte, wird die indische Öffentlichkeit täglich mit weiteren Vergewaltigungsfällen konfrontiert, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Die letzten drei Tage kursierten drei neue Horrorgeschichten.

Am Freitag, den 15.02.2013, kam der Fall eines sechsjährigen Mädchens aus Delhis Vorort Gurgaon an die Öffentlichkeit, das entführt, mehrfach vergewaltigt und dann halb verblutet auf die Straße geworfen worden war. Es befindet sich noch in Lebensgefahr, der Täter ist spurlos verschwunden.

Am Samstag meldete die größte englischsprachige Zeitung der Welt, Times of India, detailliert den Fall von einem erst zweijährigen Mädchen in Delhi, das vergewaltigt, und einem dreijährigen Jungen, ebenfalls in der Hauptstadt, der zum Analverkehr genötigt wurde. Am Sonntag drehte es sich dann um eine Dreizehnjährige im Bundesstaat Tamil Nadu, die von ihrem Onkel und dessen Freunden zehn Monate lang gefangen gehalten und systematisch vergewaltigt worden war.

In den meisten Fällen geraten auch die Polizisten oder Behörden ins Zwielicht, die das Verbrechen in der Regel vertuschen und als Familienangelegenheit betrachten. Ein Polizist wurde entlassen, nachdem er die Familie des zweijährigen vergewaltigten Mädchens der Polizeistation verwiesen hatte.

Dabei erhält die Öffentlichkeit jetzt zwar mehr Informationen über einzelne Fälle, doch nützt das den Opfern in der Regel wenig. Stets schrecken deren Familien vor der Berichterstattung zurück, da sie befürchten, ihr Familienname werde dadurch stigmatisiert.

Für die Medien macht das die Sache kompliziert. Sie dürfen im Zusammenhang mit Sexualverbrechen keine Namen publizieren. Eben weil den Opfern noch weiterer Schaden droht. Auch die Justiz handelt nach diesem Prinzip: Vergewaltigungsprozesse, wie auch im Fall der Delhier Medizinstudentin, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehandelt.

So können die Medien nur über das Drama der Straftat an sich berichten. Dabei zeigt sich, dass nur wenige das Thema so eingehend beleuchten wollen, dass der übergeordnete Zusammenhang der allgemeinen Gewalt gegen Frauen in Indien klar hervortritt. Man ist unterrichtet über jährlich 100.000 sogenannter Brautverbrennungen in Indien – Frauen, die von der Familie ihres Ehemannes umgebracht werden, weil sie nicht genug Mitgift einhandeln.

Ebenso bekannt aber unverarbeitet ist die weitverbreitete Praxis der geschlechtsspezifischen Abtreibung: Mindestens 10 Millionen Mädchen kamen in Indien in den letzten 20 Jahren nicht zur Welt, weil ihre Familien einen Jungen bevorzugten. Doch gerade die aufgeklärte indische Öffentlichkeit möchte kein Bild einer frauenfeindlichen Gesellschaft abgeben. Also beschränkt man sich auf die Horrorgeschichten.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Indien, Vergewaltigung, Missbrauch, Medien, Öffentlichkeit, Gericht, Sexualverbrechen, Frauenfeindlichkeit, Femizid, Brautverbrennung, Abtreibung, Straftat, Gender, Polizisten, Behörden, Opfer, Mädchen