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Sudan: „Chiefs“ auf der Suche nach neuen Aufgaben

Meldung vom 16.10.2008

Im Sudan hat ein Stammesoberhaupt, der so genannte „Chief“, vielerlei Aufgaben zu erfüllen. Doch immer mehr dieser Aufgabenbereiche übernimmt die Regierung.

Makom Majong Makom hat schon viel erlebt. Der südsudanesische Dinka-Chief ist schon mehrfach nur knapp dem Tode entronnen. In letzter Sekunde konnte er einen Löwen erschießen, der ihn bereits zu Boden gerissen hatte. Aber er überlebte auch den verheerenden Angriff auf sein Dorf Tonj während der langjährigen Kämpfe zwischen dem arabischen Norden und dem schwarzen Süden des Landes.

Makom stammt von schwarzen Sklaven ab, die im 17. Jahrhundert aus ihren Heimatländern verschleppt wurden. Er führt den Titel eines „Speermeisters“, so nennen die ethnischen Dinka ihren traditionellen geistigen Führer. Speermeister sorgen für das Wohl ihrer Gemeinschaft – auch in rechtlichen Dingen.

Doch inzwischen haben sich die Lebensumstände im Sudan geändert und damit auch die Aufgaben der traditionellen Richter. „Einst konnte der Speermeister als Mann Gottes uneingeschränkt schalten und walten. Das war, bevor die Menschen die Regierung als neues System anerkannten“, so Makom. „Damals funktionierten die Gemeinden, weil sich die Menschen vor dem Fluch eines Speermeisters fürchteten.“ Erst unter der britisch-ägyptischen Herrschaft Ende des 19. Jahrhunderts sei man zum ersten Mal mit Regierungen in Berührung gekommen. Später schrieben die Dinka ihr eigenes Gesetzbuch „Wanh Alel“, in dem Geld- und Haftanstrafen festgesetzt wurden.

Im Süden des Sudan stehen die Chiefs bis heute in hohem Ansehen. Gerade Politiker schätzen sie als wichtige Bindeglieder zu Menschen in den entlegenen Landesteilen. „In der Vergangenheit waren die Chiefs die Regierung, und zwar im griechischen Sinne des Wortes. Jeder war beteiligt“, erklärt der Politikwissenschaftler Alfred Lokuji. „Auch heute noch sind sie die ersten Ansprechpartner der Regierung, wenn es darum geht, den Kontakt zur vorwiegend ländlichen Bevölkerung herzustellen.“

Auch im Bürgerkrieg hatten die Chiefs eine wichtige Funktion. Sie förderten den Zusammenhalt ländlicher Gemeinschaften und stellten Nahrungsmittel und Rekruten für die südsudanesische Rebellenarmee. Als Bollwerk gegen die Islamisierungsversuche des Nordens nahmen sie eine wichtige Stellung im Land ein, weil sie Sitten und Gebräuche konservierten und weitergaben.

Ihre Aufgabe als Richter jedoch verblasste, als die Rebellen eigene Militärgerichte aufstellten und der Süden mit Kalaschnikows überschwemmt wurde, die ihren Besitzern Einfluss und Macht verliehen.

Damals hofften die Chiefs, dass sie nach dem Ende des Konflikts ihre alten Ämter zurückerhalten. „Wir dachten auch, dass wir in dem Augenblick, in dem die Soldaten ihren Sold erhalten, ebenfalls bezahlt werden“, so Joseph Brown Lomose. Lomose ist das Oberhaupt der Ethnie der Kakwa und beriet sich mit anderen auf einem Treffen Ende September im südsudanesischen Bundesstaat Warrap über die Zukunft der Chiefs.

Bisher wurde noch kein Gesetz erlassen, das den traditionellen Führern auf lokaler Ebene rechtliche und administrative Befugnisse zuspricht. Laut des Friedensabkommens von 2005 hat der Südsudan Anrecht auf einen Teil der sudanesischen Erdöleinnahmen und besitzt den Status einer halbautonomen Regierung.

Allgemein beklagen die Chiefs ihren Machtverlust. Richter hätten nun Aufgaben übernommen, für die zuvor die Chiefs zuständig gewesen seien. Das gelte selbst für Familienangelegenheiten. „Die Chiefs sollten mit Fällen betraut werden, die ihre Gemeinden betreffen“, betont Nicodemo Arou Man vom Ausschuss der Lokalregierungen. Für die Chiefs gäbe es alle Hände voll zu tun. So könnten sie zur Entwaffnung der Bevölkerung beitragen und bei Streitereien zwischen den Stämmen und Clans im Zusammenhang mit Viehdiebstählen die Vermittlerrolle spielen. Diesen Streitigkeiten fielen seit dem Friedensabkommen bereits tausende Menschen zum Opfer.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: afrika.info