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Äthiopien: Wo Frauen keine Menschen sind

Meldung vom 22.03.2013

In Äthiopien ist die Frauenrechtslage sehr kritisch. Fast alle Frauen in Äthiopien erleben in ihrem Leben Gewalt. Hilfe kommt nur schwer zum Tragen: Begriffe wie Vergewaltigung oder Gender dürfen Menschenrechtler gar nicht erst aussprechen. Die Frauenrechtlerin Bogalech Gebre engagiert sich trotzdem.

Eine große dunkle Sonnenbrille schützt ihre Augen. Aber wenn sie spricht, verbirgt sie nichts: die Frauenrechtsaktivistin Dr. Bogalech Gebre. Sie hält es für ihre Pflicht, über die Lage in ihrem Land zu reden; trotz der Gefahr, die das für sie und alle anderen Menschenrechtler in sich birgt. Wie aber genau ist die Situation? Bogalech ist sich nicht sicher, wo sie anfangen soll: „Frauen haben so viele Probleme in diesem Land, dass ich sie kaum zählen kann.“

Frauen müssen tagtäglich Gewalt über sich ergehen lassen, erzählt sie. Sie werden jeden Tag schikaniert, ökonomisch ebenso wie politisch diskriminiert. Wenn sie zum Markt gehen, haben sie Furcht. Besonders gravierend sei die Situation in den städtischen Slums, aber auch auf dem Land – dort, woher sie selbst stammt.

„Frauen in den ländlichen Regionen werden nicht als Menschen angesehen. Sie werden Opfer aller Art von Gewalt. Sie werden Opfer von weiblicher Genitalverstümmelung. Sie werden entführt und zwangsverheiratet, vergewaltigt. Und kürzlich wurden zwei Frauen am helllichten Tag erschossen, von ihren ehemaligen Ehemännern, von denen sie geschieden worden waren“, bezeugt sie.

Die meisten Frauen dulden das alles, meint die Menschenrechtlerin, und wagt einen ungewöhnlichen Vergleich. „Frauen in Äthiopien“, betont sie, „sind wie Kanarienvögel“. „Während der industriellen Revolution haben die Kohlearbeiter Kanarienvögel in die Minen mitgenommen, weil sie die ganze Zeit singen. Und wenn der Sauerstoff fehlt, hörten sie auf zu singen, und die Minenarbeiter rannten davon. Unsere Frauen in Äthiopien, auf dem Land, in den Slums, sind wie Kanarienvögel. Sie singen heute viel weniger“, beschreibt Bogalech die Situation.

Bei der Regierung finden die Frauen keinen Schutz, kritisiert Bogalech. Im Gegenteil: Nicht nur die Opposition wird unterdrückt; im äthiopischen Parlament sitzen gerade einmal zwei Abgeordnete, die nicht der Regierungsseite angehören; nicht nur Journalisten werden in ihrer Arbeit schikaniert oder unter angeblichem Terrorverdacht festgenommen, wie auch unabhängige ausländische Menschenrechtsorganisationen bestätigen. Auch die Frauen werden tagtäglich Opfer in einem Land, in dem Menschenrechte klein geschrieben werden.

Vor allem Menschen- und Bürgerrechtsaktivisten aus Äthiopien selbst sind ständiger Gefahr ausgesetzt. Das neue Antiterrorgesetz schränkt ihre Arbeit noch mehr ein. Die Organisation der Aktivistin, die unter anderem gegen Genitalverstümmelung kämpft, musste ihre Arbeit einstellen. Bogalech selbst ist zwar noch nie inhaftiert worden, aber das, sagt sie, liegt nur daran, dass sie sich peinlich genau im Rahmen der Gesetze bewegt. Überschreitet sie die Grenze, riskiert sie Gefängnis, selbst aus geringstem Anlass.

„Auch wenn es sehr schwer ist: Ich muss jedes einzelne Wort sorgfältig abwägen. Wenn ich sage Menschenrechte, Gender, Vergewaltigung, Gewalt – ich darf diese Dinge gar nicht aussprechen.“ Was muss geschehen, damit mehr Freiheit, mehr Demokratie in Äthiopien einzieht?

Darauf hat Bogalech Gebre eine klare Antwort: Nur die Zivilgesellschaft kann da etwas bewegen. Kann ein Treffen mit dem Bundespräsidenten aus Deutschland der Sache dienen? „Das ist unsere Hoffnung“, fügt Bogalech zum Abschied hinzu. Sie forderten doch schließlich nichts Unrechtes. „Wir kamen nicht, um unsere Regierung anzuklagen“, unterstreicht sie abschließend.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandradio“, dradio.de

Schlagwörter: Äthiopien, Frauen, Frauenrechte, Menschenrechte, Gewalt, Menschenrechtsaktivisten, Aktivisten, Antiterrorgesetz, Opfer, Opposition, Verfolgung, Diskriminierung, Unterdrückung, Ungleichheit, Gleichberechtigung, Gender, Vergewaltigung, Justiz, Regierung, Gefängnis, Slums