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Sambia: Wo Umweltschutz ein Fremdwort ist

Meldung vom 17.04.2013

Sambia hat in den letzten Jahren etliche Gesetze zum Umweltschutz entworfen. Aber umgesetzt wird kaum eines. Die massive Umweltverschmutzung durch den Bergbau oder die Abholzung der Wälder werden kaum bestraft. Der staatlichen Umweltbehörde mangelt es an allem: Personal, Geld und Ausrüstung. Für die Menschen ist Umweltschutz weitgehend ein Fremdwort.

Der Markt in Livingstone ähnelt einem Labyrinth. In den engen Gassen stehen kleine Bretterbuden dicht an dicht, Wellblech und Plastikplanen dienen als notdürftige Überdachung. Die Händlerinnen bieten ihre Waren kunstvoll aufgetürmt feil; Tomaten, Zwiebeln, Baobab-Früchte. Davor werden säckeweise Holzkohle und getrocknete Mopani-Würmer angeboten. Eine eiweißhaltige Delikatesse der Einheimischen. Ein paar Schritte weiter nehmen Frauen frische Fische aus, unzählige Fliegen schwirren herum.

Alle Abfälle werden einfach auf den Boden geworfen, entweder direkt neben die Stände, oder auf den enormen Müllberg gegenüber vom Eingang. Faulende Lebensmittelreste, Dosen und Plastikverpackungen stapeln sich in der prallen Sonne. Ein furchtbarer Gestank hängt in der Luft. Wenn der Müllberg zu hoch wird, verbrennen ihn die Marktleute einfach direkt an Ort und Stelle, sagt Namo Chuma, Direktor der Umweltorganisation Environment Africa in Sambia.

„Die Stadtverwaltung in Livingstone ist mit der Müllentsorgung überfordert. Wir haben hier keine richtige Deponie, sondern nur eine Müllkippe. Es gibt zwar theoretisch eine Müllabfuhr, aber die kommt nur sehr unregelmäßig. Deshalb werfen die Leute ihre Abfälle einfach auf die andere Straßenseite oder öffentliche Plätze wie diesen. Eine ideale Brutstätte für Krankheiten“, sagt Chuma.

Am Eingang zum Markt macht ein vergilbtes Plakat des Gesundheitsministeriums auf die Cholera-Gefahr aufmerksam. Die Krankheit sucht Sambia jedes Jahr während der Regenzeit heim. Vor allem für Kinder seien diese Epidemien riskant, unterstreicht Fungai Dewere vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes.

„Wenn man durch die Vororte läuft, sieht man überall Müll rumliegen. Fliegen werden angelockt und verbreiten Krankheiten weiter. Außerdem verschmutzen die Abfälle das Trinkwasser. Daher leiden viele Kinder hier unter Durchfallerkrankungen, Malaria und in einigen Fällen unter Typhus“, sagt Dewere.

Tausende Touristen kommen jedes Jahr zu den Victoria-Fällen, um die scheinbar unberührte Natur zu bestaunen. Doch die mangelnde Müll- und Abwasserentsorgung in den Vorstädten Lusakas beeinträchtigen die Wasserqualität des Sambesi-Flusses. Der stellvertretende Schuldirektor Nkrumah Halubaloa zeigt auf einen schmalen Graben. Auf der stehenden, braunen Kloake schwimmt Abfall.

„Dieser Graben führt durch den Nationalpark in den Sambesi. Die Leute waschen darin ihre Kleidung, Müll wird angespült und dort drüben fließt Abwasser aus einem kaputten Rohr hinein. Wenn es regnet, fließt das alles in den Sambesi, den Fluss, aus dem die Stadt Livingstone ihr Wasser bekommt“, sagt Halubaloa,

Wasserproben des Sambesi würden nur sporadisch entnommen, gibt Fraizer Chole zu, Inspektor der sambischen Umweltbehörde, ZEMA, in Livingstone. Leider gibt es nicht ausreichend Geld und ausgebildetes Personal für regelmäßige Kontrollen. Mit dem gleichen Problem hätten auch die lokalen Behörden zu kämpfen, die eigentlich für die Müllentsorgung zuständig seien. Manche könnten noch nicht einmal über einen LKW verfügen. Landesweit werden daher weniger als die Hälfte der Abfälle von der Müllabfuhr abtransportiert.

Mülltrennung und Recycling gibt es noch nicht. Noch werden alle Abfälle gesammelt und gemeinsam verbrannt, es wird kein Unterschied gemacht, ob sie biologisch abbaubar sind oder Sondermüll. Ein solcher Umgang mit Müll ist eine tickende Zeitbombe.

Die Straße, die von Livingstone in die Hauptstadt Lusaka führt, ist übersät mit Müll, Plastiktüten hängen in den niedrigen Büschen, Bäume sieht man selten. Der Grund dafür ist offenkundig: Männer schleppen säckeweise Holzkohle auf Ochsenkarren und Fahrrädern, Frauen veräußern sie alle paar Kilometer am Straßenrand. So wie Ruth Munachikweti. Die magere 54-Jährige verkauft schon seit Jahren Holzkohle.

„Es hat Tradition, dass die Männer in den Wald gehen, die Bäume fällen, die Holzkohle herstellen und wir Frauen sie dann verkaufen. Von dem Gewinn kann sich meine Familie gerade so über Wasser halten. Aber es ist die einzige Möglichkeit, in dieser ländlichen Gegend überhaupt etwas Geld zu verdienen. Das Geschäft ist in den letzten Jahren schwieriger geworden. Die Männer müssen immer weitere Entfernungen zurücklegen, um überhaupt geeignete Bäume zu finden. Hier gibt es keine mehr“, klagt Ruth.

Eine der ärmsten Regionen Sambias stellt der rohstoffreiche Kupfergürtel ganz im Norden des Landes dar. Auch hier stapelt sich meterhoch der Müll an den Straßenrändern, auch hier bieten Frauen säckeweise Holzkohle an. Doch hinzu kommt die Umweltverschmutzung durch den Bergbau.

Steels Mwaba wohnt mit seiner Familie in Mufulira, nur wenige Meter von der Mopani-Kupferhütte entfernt, die zu fast drei Vierteln Eigentum des schweizerischen Glencore-Konzerns ist. In der Luft macht sich ein beißender Geruch bemerkbar. Von riesigen Erzhalden führt der Wind schwefelsäurehaltigen Dunst in die Nachbarschaft, die Schwefeldioxid-Emissionen der Kupferschmelze liegen weit über den vorgeschriebenen Grenzwerten.

„Die Luft kommt überall hin, wir leben ja nicht in einem Vakuum. Besonders schlimm ist es, wenn es regnet. Dann flüchten sich alle in ihre Häuser. Denn es ist saurer Regen. Früher haben wir in unseren Gärten Gemüse angebaut, heute wächst hier nichts mehr. Auch unser Trinkwasser ist verseucht. Viele sind krank: Meine Frau leidet unter chronischem Husten, meine jüngste Tochter wacht fast jede Nacht mit Nasenbluten auf. Die anderen leiden unter Kopfschmerzen, ihre Augen brennen und die Haut juckt ständig. In den letzten Jahren sind viele hier in der Nachbarschaft an Krebs erkrankt. Meine Schwester ist daran gestorben“, sagt Mwaba.

Die Menschen in Sambia sind überzeugt, dass für die Regierung der Umweltschutz keine Priorität hat. Das spiegelt auch der Staatshaushalt wider. In diesem Jahr sind für Umweltschutz nur 0,2 Prozent des Budgets vorgesehen. Die entsprechenden staatlichen Behörden haben einen sehr eng gesteckten Rahmen von Geld und Personal. Die massive Umweltverschmutzung ist daher keine Überraschung. Die 2011 neu gewählte Regierung unter Präsident Sata hat mitgeteilt, die Konzerne mehr in die Pflicht nehmen zu wollen und bessere Umweltstandards einzufordern. Doch diesen Worten müssen nun Taten folgen. Um wirklich eine Wende zu bringen, muss der Staat vor allem ausreichende finanzielle Mittel investieren.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandradio“, dradio.de

Schlagwörter: Sambia, Umwelt, Umweltschutz, Natur, Wasser, Müll, Abfall, Abfallentsorgung, Abholzung, Rodung, Wälder, Bäume, Deponie, Müllhalde, Cholera, Wasserverschmutzung, Abwasser, Mülltrennung, Recycling, Müllverbrennung, Kupfergürtel, Kupfermine, Schwefeldioxid, Emissionen, Kupferschmelze, Krebs, Luft, Luftverschmutzung, Husten, saurer Regen, Umweltbehörde