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Afghanistan: Einheimische Helfer der Bundeswehr bedroht

Meldung vom 17.04.2013

Über Jahre hinweg haben sie in Afghanistan für die Bundeswehr und andere deutsche Einrichtungen gearbeitet. Nun sind die einheimischen Helfer in Sorge über den Abzug der NATO und haben den Terror der Taliban vor Augen. Viele von ihnen spielen mit dem Gedanken, nach Deutschland zu emigrieren – sie dürfen aber nicht.

In diesen Tagen geht eine Geschichte in Kabul rund. Im Entwicklungsministerium (BMZ) in Berlin kamen Vertreter von Organisationen, die in Afghanistan arbeiten, mit Ministerialbeamten zusammen und beschrieben ihr Leid. Afghanische Mitarbeiter würden bedroht, die Sicherheitslage sei angespannt und die Furcht nehme zu, dass die Warlords bald wieder aufeinander losgehen.

Einem BMZ-Referenten platzte der Kragen: Man solle „jetzt mal aufhören mit dem Rumgeheule“, er habe schließlich Afghanistan gerade erst einen Besuch abgestattet. „Alles war sehr sicher dort“, belehrte er die verdutzten Zuhörer. Diskussion beendet. Das BMZ negiert diese Geschichte zwar, solche Worte seien nicht geäußert worden, aber Teilnehmer der Runde bestätigen das Gegenteil.

Emad (Name geändert) lacht. Er habe „selten so einen Unsinn gehört“, meint er. „Aber leider ist diese Ansicht unter Deutschen, die hier in Afghanistan arbeiten, weit verbreitet.“ Emad ist seit ein paar Jahren als Übersetzer für die Bundeswehr in Kabul tätig. Er spricht nahezu akzentfrei Deutsch, seine Muttersprache ist Dari, er beherrscht aber auch ein bisschen Paschtu.

Kontakt mit Journalisten ist verboten. „Nur ausgewählte afghanische Mitarbeiter dürfen mit der Presse reden“, erklärt er. „Die, die auf Linie sind.“ Er verabredet sich deshalb in einem unscheinbaren Teehaus zum Gespräch, am Stadtrand von Kabul, wo kaum Ausländer hinfinden, weit weg von seinem Arbeitsplatz.

„Der NATO-Einsatz ist gescheitert“, sagt er, und man ahnt, dass er seinen Job verlieren würde, wenn seine Vorgesetzten wüssten, was er da sagt. „Deshalb will man so schnell wie möglich raus aus Afghanistan und den Einsatz zugleich als Erfolg verkaufen.“ Von den ursprünglichen Zielen, nämlich die Taliban zu schlagen, Demokratie in Afghanistan aufzurichten und die Frauenrechte zu etablieren, sei „so gut wie nichts“ erreicht worden.

Seit ein paar Monaten erhält Emad Drohanrufe. Es ist immer eine andere Männerstimme, die ihn beschimpft, er sei ein „Sklave des Westens“, ein „dreckiger Verräter“. „Die sagen Sachen wie: 'Wir wissen, wo deine Eltern leben'. Anfangs habe ich das ignoriert, aber inzwischen habe ich Angst“, gibt er zu. Außer seine Eltern und seine Geschwister hat er niemanden wissen lassen, dass er für die Bundeswehr arbeitet. „Ein paar Mal habe ich aber deutsche Offiziere bei Terminen begleitet, und da haben mich natürlich Leute gesehen.“

Emad würde am liebsten nach Deutschland gehen – und Eltern und Geschwister mitnehmen. Von einem Offizier, den er um Hilfe bat, hat er seit Wochen keine Reaktion erhalten. Am Osterwochenende protestierten etwa 35 ehemalige Übersetzer der Deutschen vor dem Feldlager in Kunduz und verlangten Schutz für sich und ihre Familien – aus Angst vor den Taliban. Emad betont: „Wir haben den Deutschen jahrelang geholfen. Aber jetzt sind wir plötzlich die unerwünschten Helfer.“

Das Auswärtige Amt, das Verteidigungs- und das Entwicklungsministerium reichen das Thema weiter an das „für das Thema Einwanderung zuständige“ Innenministerium. Dort sagt man, die Bundesregierung sei sich der „besonderen Verantwortung für die afghanischen Ortskräfte bewusst“. Sie stünden unter der „Fürsorge ihrer Dienststelle“, und könnten sich „jederzeit“ an sie wenden, „wenn sie sich um ihre berufliche und persönliche Zukunft sorgen oder gar durch politisch-extremistische Kräfte im eigenen Land bedroht fühlen“.

Doch um die „nachhaltige Entwicklung“ und den „wirtschaftlichen Wiederaufbau Afghanistans“ zu gewährleisten, wolle man die Ortskräfte vor allem dabei unterstützen, „alternative Beschäftigungen in Afghanistan zu finden“. Schließlich verfügten sie über eine „besondere Qualifikation“. Zudem hätten die afghanische Regierung und das Parlament „deutlich gegen eine Aufnahme von Ortskräften in Deutschland“ Stellung bezogen, das müsse man „ernst nehmen“.

Man müsse also „von Einzelfall zu Einzelfall“ nachforschen, ob jemand „nachweislich“ bedroht werde. Wie das in der Praxis aussehe, dazu wolle man sich nicht äußern. Zu den konkreten Fällen werde man „aus Gründen der Sicherheit und des Persönlichkeitsschutzes“ schweigen.

Rund 1.600 Afghanen dienen derzeit in deutschen Einrichtungen, davon etwa 1.350 für die Bundeswehr. Länder wie die USA und Kanada haben umfangreiche Aufnahmeprogramme für ihre Mitarbeiter ins Leben gerufen; Afghanen, die für das US-Militär tätig sind, bekommen vertraglich versprochen, dass sie nach ein paar Jahren in den USA leben dürfen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Afghanistan, Einheimische Helfer, Bundeswehr, ISAF, NATO, Taliban, Drohanrufe, Emigration, afghanische Ortskräfte, Übersetzer, Bundesregierung, Verantwortung, bedroht, Terror, Abzug