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Südafrika: Wo Babys auf Zeitungspapier zur Welt kommen

Meldung vom 15.05.2013

Nirgendwo ist die Kindersterblichkeitsrate direkt nach der Geburt so hoch wie in Afrika. Mavis Mohutsioa aus Soweto arbeitete 37 Jahre lang als Krankenschwester und hat den Geburtprozess von hunderten Babys begleitet. Sie weiß, wovon sie redet, wenn sie sagt: Viele Babys, die sterben, könnten mit einfachsten Mitteln gerettet werden.

Manchmal hat sie die Babys auf Zeitungspapier gelegt, weil es keine sauberen Matratzenüberzüge gab. Manchmal hat sie in Plastikschüsseln Regenwasser geholt, um die Hände zu waschen, weil das Haus keinen Wasseranschluss hatte. Manchmal konnte sie ihre Tasche nicht auf den Boden mit Essensresten und Dreck stellen, sondern nur auf einen Stuhl.

37 Jahre lang verdingte sich Mavis Mohutsioa als Krankenschwester in Südafrika. Sie war in Krankenhäusern angestellt und hat schwangeren Frauen Krankenbesuche abgestattet. Fünfhundert Kindern hat sie in diesen Jahren zur Geburt verholfen. „Und keines davon, ich schwöre, keines ist gestorben.“

Dass das etwas Besonderes ist, zeigen die Statistiken: Jedes Jahr sterben eine Million Babys am ersten Tag ihres Lebens. 98 Prozent davon in Entwicklungsländern, die meisten im südlichen Afrika. Kinder überleben nicht, weil sie im Dreck geboren und krank werden, weil keine Hebamme vorhanden ist oder ein Beatmungsgerät fehlt. Mit einfachsten Mitteln hätten die Neugeborenen gerettet werden können.

Mavis aus Soweto, Afrikas größtem Township im Südwesten von Johannesburg, stellt fest, dass das Leben in Afrika oft ein Kampf ist. „Aber wir haben alles, was möglich ist, getan.“ Sie hat Frauen während der Schwangerschaft informiert: dass sie einen Nachbarn um Hilfe bitten sollen, der ein Auto besitzt und sie ins Krankenhaus fahren könnte. Dass sie eine Hebamme einschalten. Dass sie ihre Babys auf eine saubere Unterlage betten sollen. In ihrer Tasche führte sie immer Antibiotika mit sich. Ihre Hände waren desinfiziert.

Seit anderthalb Jahren ist Mavis in Rente. Sie träumt von einer eigenen Klinik, in der sie manches anders organisieren würde. Es solle höchstens für hundert Patienten gesorgt werden, zehn Schwestern sollen tagsüber, fünf nachts Dienst haben. In vielen öffentlichen Krankenhäusern, auch in Südafrika, seien Hebammen auf sich selbst gestellt. Kinder würden auf die Welt gebracht und irgendwo hingelegt. „Niemand kümmert sich, erst später merkt man, dass sie tot sind.“

Dabei seien die Rettungsmaßnahmen so einfach: Einfache Handpumpen zur Beatmung der Babys, die Desinfektion des Nabels mit Chlorhexidin zur Vermeidung von Infektionen, Aufklärung der Mütter über Hygiene und einfache Medikamente zur schnellen Behandlung von Infektionen könnten drei von vier Todesfällen ungeschehen machen. Außerdem müssten Länder in die Ausbildung von Krankenschwestern investieren und ihre Einstellung gewährleisten.

Die Kindersterblichkeit geht zwar, global betrachtet, zurück, doch die Unterschiede zwischen den Staaten und innerhalb der Gesellschaften klaffen immer mehr auseinander. In Industrieländern verringerte sich die Sterblichkeitsrate um 2,7 Prozent, im südlichen Afrika nur um 1,3 Prozent. Die Gefahr, am ersten Tag nach der Geburt zu sterben, ist für Babys in Somalia 40 Mal höher als in Luxemburg. In Deutschland sterben zwei von tausend Kindern innerhalb des ersten Monats, in Mali 49.

Auch innerhalb der Länder gibt es große Unterschiede zwischen Reich und Arm: Michelle Makhubo aus dem Süden Johannesburgs zählt zu Südafrikas wachsender Mittelschicht. Sie verfügt über eine Krankenversicherung und wurde ins Krankenhaus gebracht, als sie die Wehen während des Gottesdienstes am Ostersonntag bekam. „Würden wir in einem Township wohnen, könnte man zwar auch einen Krankenwagen rufen – aber es würde keiner kommen,“ erklärt Michelle.

Ihr Kind wurde zwei Tage später um 13.05 Uhr geboren. Und überlebte nur bis 22.10 Uhr wegen einer Fehlbildung der Lunge. „Sie hat kurz hallo gesagt und ist wieder gegangen“, meint die Mutter. Michelle und ihr Mann Mpho trauern, sie statten dem Grab des Kindes jede Woche einen Besuch ab. „Für viele afrikanische Gesellschaften ist das nicht üblich“, gibt Michelle zu. „Man geht eher darüber hinweg.“ Ihre Erfahrung aber besagt, dass für jede Mutter mit einem Kind auch ein Teil ihrer selbst stirbt. Kindersterblichkeit ist für Michele eine Schande. Als sie vor vier Tagen wieder zum Friedhof kam, wurde sie mit neuen Kindergräbern konfrontiert. Seit ihr Mädchen vor zwei Monaten beerdigt wurde, sind drei neue Reihen entstanden.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Südafrika, Geburt, Babys, Kindersterblichkeit, Hebamme, Krankenschwester, Hygiene, Krankenhaus, Gesundheit, Johannesburg, Township, Infektion, schwanger