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Äthiopien: Streit um den Nil

 
Meldung vom 06.06.2013

Äthiopien will einen riesigen Staudamm errichten und deshalb den Fluss umleiten – Ägypten gerät in Panik und stößt militärische Drohungen aus.

Ägypten verdankt seine Existenz dem Nil, das wusste bereits im 5. Jahrhundert vor Christus der griechische Historiker Herodot. Das ist bis heute so geblieben. Im Land der Pharaonen gibt es so gut wie keinen Niederschlag. Leben und Wohlstand der heute 85 Millionen Einwohner lassen sich auf das Wasser zurückführen, das der längste Strom der Welt auf dem letzten Viertel seiner 6.800 Kilometer langen Strecke mitführt. 95 Prozent der Bevölkerung leben im Niltal und im Delta, auch wenn beide Regionen nur fünf Prozent der Staatsfläche ausmachen. Der Rest ist staubtrocken und unbewohnbar. Seit vergangener Woche allerdings bangt Ägypten um seine über Jahrtausende funktionierende Wasserversorgung.

Überrascht musste Kairo zuschauen, wie Äthiopien in einer Nacht-und-Nebel-Aktion anfing, den blauen Nil am Oberlauf umzuleiten – Stunden, nachdem Präsident Mohammed Mursi von seinem Staatsbesuch aus Addis Abeba abgereist war. Zwar behindert dieser Schritt noch nicht den Fluss, bahnt aber den Weg für den Weiterbau des gigantischen „Renaissance“-Staudamms, mit dem Äthiopien Sudan und Ägypten in Zukunft einen großen Teil ihres Nil-Wassers abzweigen könnte.

In Kairo reagiert man seitdem mit Empörung, Drohungen und Panik. Eilends berufen Staatschef Mursi Verteidigungsminister, Innenminister und Geheimdienstchef zu einer Krisensitzung ein. Man werde „niemandem erlauben, Ägyptens Nilwasser-Versorgung zu gefährden“, ließ er anschließend seinen Sprecher melden. Ein militärisches Vorgehen gegen Äthiopien sei verhandelt, aber „definitiv verworfen worden“, berichtete ein hoher Offizier.

Wenige Tage später versammelte der Präsident die verfeindeten Regierungsparteien und Oppositionspolitiker zum Runden Tisch, um das Nilwasser-Problem anzugehen. Nicht wissend, dass das Treffen live im Fernsehen übertragen wurde, überboten sich die Erschienenen mit größenwahnsinniger Rhetorik. Man solle Gerüchte in Umlauf bringen, Ägypten wolle zusätzliche Kampfflugzeuge und Raketen erwerben, empfahl Ayman Nour, Chef der liberalen Ghad-Partei. Der Regierung empfahl er, Kommandos aus Geheimdienst und Soldaten nach Äthiopien einzuschleusen, um Rebellen gegen Addis Abeba den Rücken zu stärken und sie zu Anschlägen auf die Baustelle zu bewegen. „Wer ist schon Äthiopien, was haben die überhaupt zu melden? Wir müssen uns bei denen einmischen“, ereiferte sich Nour.

„Äthiopien nutzt unsere Zerstrittenheit aus“, ergänzte Younes Makhyoun, Chef der salafistischen Nour-Partei, und bezeichnete den Damm als eine „strategische Gefahr für Ägypten“, der zerstört werden muss. Zuvor hatte bereits der populäre Linkspolitiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat Hamdeen Sabbahi in einem Interview aufgetrumpft, man werde den Suezkanal für Schiffe aller Länder blockieren, die Äthiopien bei dem Bau des Nil-Megadamms unterstützen – damit meint er China und Italien.

So ist die heutige Krise vor allem ein Streit zwischen Äthiopien und Ägypten. Denn ausgerechnet während der Revolution am Nil, als in Kairo alles still stand, wurde Addis Abeba hyperaktiv. Bereits im März 2011, vier Wochen nach dem Sturz von Hosni Mubarak, wurde der Grundstein für den neuen Megadamm nahe der sudanesischen Grenze gelegt, der Auftrag ging ohne Ausschreibung an ein italienisches Konsortium. Die 16 Turbinen zur Stromerzeugung sponsert China.

Den Rest der 3,6 Milliarden Euro Bausumme will Äthiopien aus eigenen Mitteln und einem national verordneten Gehaltsverzicht für alle Staatsangestellten erbringen, um mögliche Auflagen internationaler Geldgeber wie der Weltbank für Umwelt und Kooperation mit den übrigen Nilanrainern zu verhindern. In vier Jahren bereits soll der Megadamm dann ersten Strom generieren.

Für ägyptische Wasserexperten bedrohen die Pläne „Ägyptens Existenz“. Denn um das gigantische Becken voll laufen zu lassen, muss Äthiopien den kräftigen Blauen Nil für fünf Jahre erheblich reglementieren. Jährlich mindestens 15 Milliarden Kubikmeter weniger würden Sudan und Ägypten nach Schätzungen von Nil-Experten wie Alaa el-Zawahri von der Universität Kairo in diesem Zeitraum zur Verfügung stehen. Für Kairo bedeutet das ein knappes Drittel seiner heutigen Nilwassermenge – mit unausweichlichen Folgen. Denn bereits jetzt wird Ägypten nach internationalen Standards als wasserarm eingestuft. Und bis 2050 benötigt das Land, so hat kürzlich sein staatliches Planungsamt angekündigt, zu den bisherigen 55 zusätzlich weitere 21 Milliarden Kubikmeter pro Jahr für seine dann 150 Millionen Menschen.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 Äthiopien gräbt Ägypten das Wasser ab




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Tagesspiegel“, tagesspiegel.de

Schlagwörter: Äthiopien, Staudamm, Nil, Ägypten, Nildelta, Wasser, Oberlauf, Mohammed Mursi, Geheimdienst, Rebellen, Kairo, Nour-Partei, Salafisten, Arabische Revolution, Turbinen, Strom, Addis Abeba, Suez-Kanal